Gesellschaft | Interview

“Den musikalischen Weg verstärken”

Schuldirektorin Martina Adami erklärt, welches Potenzial in der Umwandlung des Landesschwerpunktes Musik in Bozen in ein Musikgymnasium liegt.
Musizieren
Foto: (c)Pixabay

Martina Adami ist Direktorin des Gymnasiums Walther von der Vogelweide und hat vor Kurzem eine Petition gestartet, in der sie um Unterstützung in der Umwandlung des Landesschwerpunktes Musik in ein Musikgymnasium bittet. Somit gäbe es an ihrem Gymnasium dann Musik als vierte Fachrichtung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Konservatorium und den Musikschulen stünde. „Wir wollen die Möglichkeiten nutzen, die es schon gibt, und diese erweitern.“, sagt Martina Adami. Wie das Musikgymnasium im Zusammenhang mit der gesamten musikalischen Schulbildung stehen könnte und warum die Umwandlung sinnvoll wäre, berichtet sie im Interview. 

 

Salto.bz: Was wäre vorteilhaft daran, wenn es das Musikgymnasium in Bozen gäbe?

Martina Adami: Es ist nicht so, dass das ein Musikgymnasium per se besser ist als ein Landesschwerpunkt Musik. Es geht uns darum, eine Möglichkeit anzubieten, um den musikalischen Weg für Interessierte zu verstärken. Dies passiert im Sinne von anderen Schultypen, die ebenfalls die Ausbildung stärker auf ganz bestimmte Teilbereiche konzentrieren. So etwas sollte es auch für die Musik geben. So könnte man denjenigen entgegenkommen, die sich schon sicher sind: Die Musik ist mein Weg, dort möchte ich meinen Schwerpunkt finden. Die Möglichkeiten, die wir mit einem Musikgymnasium hätten, wären für alle ein Vorteil. Es sollte niemand Angst haben, dass er das, was bisher aufgebaut worden ist, verliert.

Welche Ängste gibt es denn?

Es gab im Vorfeld, als wir den Antrag gestellt haben, die Angst der Landesschwerpunkte Musik, dass sie nicht mehr bestehen könnten, weil dieses Musikgymnasium eventuell zu viel Geld verschlingen könnte. Das stimmt so auf keinen Fall. Wir stehen zu den Landesschwerpunkten Musik, wir möchten sie nicht ersetzen, wir möchten einfach nur noch eine Ergänzung schaffen. Die Landesschwerpunkte sollen weiterhin bestehen bleiben, sie haben ja auch Hochinteressantes und Wichtiges geschaffen. Für unseren Standort in Bozen gilt: Wir haben uns mit Schüler*innen, Eltern und Kolleg*innen zusammengetan, sowie auch mit Musikschulen und dem Konservatorium, und wir glauben, dass es für Bozen und seine Umgebung gut ist, diesen Landesschwerpunkt in ein Musikgymnasium zu verwandeln, ohne, dass von jemand anderem etwas abgezogen oder gestohlen wird.

Es wäre eine Riesenchance.

Von welcher Seite kam die Anregung für den Vorschlag?

Die Anregung hat viel mit dem Aufbau des italienischen Schulsystems zu tun: Es gibt verschiedenste Schwerpunkte in der schulischen Ausbildung, zum Beispiel technische Oberschulenmit jeder Menge weiterer fachlicher Unterteilungen, z. B. das Kunstgymnasium mit 3 weiteren Unterteilungen usw.– nur für den sehr, sehr großen Bereich der Musik ist man furchtbar zögerlich. Für die Musik gibt es den Landesschwerpunkt, aber die Vertiefung, falls die Schüler*innen sie möchten, sollte durch ein Musikgymnasium möglich sein. Wir haben vor allem mit unseren Schüler*innen, unseren Eltern, unserem Umfeld – dem Bezirk Bozen und Umgebung – gesprochen, und da besteht ein großer Wunsch nach dieser Vertiefung. Somit schaffen wir eine Möglichkeit, die für bestimmte Schüler*innen, die daran Interesse haben, sinnvoll wäre. Und: Ein Großteil unserer Schüler*innen macht im Bereich Musik weiter, das ist schon seit vielen Jahren so.Von Tontechnikern bis zu Orchestermusikern, von Instrumentallehrer*innen bis hin zu erfolgreichen Solisten reichen die Interessensbereiche, denen wir noch stärker entgegenkommen möchten, wenn uns die Möglichkeit dafür gegeben wird. Es wäre eine Riesenchance.

 

Seit wann steht der Vorschlag schon im Raum?

Schon seit Langem. Mit dem neuen Schulverteilungsplan ist die Idee wieder aktuell geworden, vor allem, weil auch für die italienischsprachige Schule mit dem nächsten Schuljahr ein neues Musikgymnasium aufgebaut wird. Wir glauben, dass es gut und wichtig ist, wenn auch die deutschsprachige Schule diese Fachrichtung anbietet.

Bei der Petition haben wir bisher viel Zuspruch erfahren.

Wie war die Resonanz bisher?

Die notwendigen innerschulischen Abstimmungen für den Antrag waren sehr klar. Innerhalb der Schule sind sich die verschiedenen Gremien mehr als einig gewesen. Wir haben uns mit den Musikschulen und auch mit dem Konservatorium, zu dem wir eine ganz enge Verbindung haben, verständigt, auch von dieser Seite gibt es große Unterstützung. Bei der Petition haben wir bisher ebenfalls viel Zuspruch erfahren. Wir werden weitermachen, weiter fragen, wir ersuchen weiterhin um Unterstützung.

In der großen Vielfalt ist das Musikgymnasium erst wirklich gut und zielführend.

Würde ein Musikgymnasium auch eine spätere akademische Laufbahn der Schüler*innen im musikalischen Bereich begünstigen?

Was wir nicht möchten, ist dass sich eine Einbahnstraße bildet, dass also nur das Musikgymnasium besteht und die Schüler*innen aus anderen Institutionen keine Chancen haben. Wir glauben an Möglichkeiten. Bisher war es ein Südtirol ein großer Vorteil, dass gerade im Bereich Musik so viele unterschiedliche Möglichkeiten angeboten wurden, dass es also nicht nur eine einzige Institution gibt, die zielführend und glücklich-machend ist. Wir sehen es als ein Angebot, das natürlich in eine bestimmte Richtung führt. Die musikalische Bildung im Musikgymnasium ist sehr intensiv. Das Kunstgymnasium hat beispielsweise ein Drittel der Schulstunden im engen künstlerischen Bereich. Diese Schwerpunktsetzung würde dann auch für das Musikgymnasium gelten. Wichtig ist deshalb, dass andere Institutionen weiterhin bestehen bleiben, denn wieso sollten wir einen Schüler ins Musikgymnasium zwingen, wenn ihn ein anderer Schultyp interessiert, z.B. TFO, und er die musikalische Bildung in anderer Form anstrebt? Ich denke, wir sollten uns mit den Landesschwerpunkten nicht als Konkurrenten sehen. Wir sehen uns eher als Steinchen in einem Puzzle, das in der großen Vielfalt erst wirklich gut und zielführend ist.

Wie nehmen Sie die musikalische Schulbildung in Südtirol insgesamt wahr?

Mit dem Musikgymnasium soll etwas ergänzt werden, das aus unserer Sicht fehlt. Die musikalische Ausbildung in Südtirol ist mit den verschiedenen Verbänden und Vereinen von den Musikkapellen bis hin zu Musikschulen und dem Chorverband sehr vielfältig – und natürlich leisten auch die Landesschwerpunkte viel Arbeit. Die musikalische Ausbildung, die wir hier vor Ort anbieten können, ist sehr breit aufgestellt. Wir wollen mit der Umwandlung einfach ganz bestimmten Bedürfnissen noch mehr entgegenkommen. Wir haben Respekt vor dem Gewachsenen, vor dem, was hier in Südtirol aufgebaut wurde. Wir haben in den letzten Jahren durch zahlreiche Projekte mit verschiedenen Partnern die inspirierenden Möglichkeiten der Zusammenarbeit genutzt und möchten sie auch weiterhin nutzen.

Wir wollen auf politischer Ebene die Angst nehmen.

Sie schreiben in Ihrer Petition, dass durch die Reform der Abschlussprüfung die Musik in der Bildung in den Hintergrund geraten sei. Warum ist das so?

In den letzten Jahren ist die Abschlussprüfung verändert worden, ohne dass man die Landesschwerpunkte – eine Besonderheit Südtirols – besonders mitberücksichtigen hätte können. Das heißt also, dass im Landesschwerpunkt Musik weniger bedeutsam für den Abschluss wurde, obwohl wir dem musikalischen Anteil immer einen hohen Stellwert gegeben haben. Das tut uns für die Schüler*innen leid. Wenn sich Schüler*innen von vornherein für den verstärkteren bzw. noch deutlicher umrissenen Bildungsweg in der Musik entscheiden könnten, würde es für sie natürlich anders sein.

Was sind die nächsten Schritte, die nun anstehen? 

Wir hoffen auf weitere Unterstützung und viele Unterschriften. Wir sind im Gespräch mit unseren Partnern und wollen auf politischer Ebene die Angst nehmen, da wir eben nicht den anderen Institutionen etwas wegnehmen, sondern etwas hinzufügen wollen. Die Umwandlung schafft auch keine besonderen weiteren Kosten, weil wir vorhandene Ressourcen nutzen können. Wir werden versuchen, mit dieser zusätzlichen Unterstützung unser Ziel zu erreichen. Am Ende geht es darum, Akzeptanz für diesen Antrag zu schaffen, der wirklich eine große zusätzliche Chance bieten könnte.