Wirtschaft | Charta der Rechte

Gesetzlicher Mindestlohn

Der Vorschlag der neuen Regierung, per Gesetz einen Mindestlohn einzuführen, wird in den nächsten Monaten sicherlich zu unterschiedlichen Reaktionen führen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Fabio Petrini

Die CGIL hat diesbezüglich einige Bedenken, während die Position der Arbeitgeberverbände noch unklar ist. Dieser Vorschlag ist sicherlich auf einer Linie mit der möglichen Einführung eines Grundeinkommens zu sehen. Gesetzliche Mindestlöhne gibt es in vielen europäischen Ländern. So hat deren Einführung beispielsweise in Deutschland vom deutschen Gewerkschaftsbund DGB die Zustimmung erhalten, während sie von der Arbeitgeberseite stark kritisiert wurde. Ob eine solche Maßnahme notwendig und im Interesse der arbeitenden Bevölkerung ist, hängt natürlich vom vorherrschenden Vertragsystem in den einzelnen Staaten ab.

In Italien gibt es nationale Kollektivverträge „erga omnes“. Die Gehaltstabellen geben den  vertraglichen Mindestlohn vor. Bei Nichtanwendung kann sich der Bedienstete an die Gerichtsbarkeit wenden, was in anderen Ländern nicht so ohne weiteres möglich ist.

Aus diesen Gründen hält sich die Freude der Gewerkschaft in Hinblick auf den nun geplanten Mindestlohn in Grenzen, auch weil sich die Vertragsverhandlungen dadurch noch schwieriger gestalten könnten. Der Arbeitgeber wäre bei der Einhaltung des vorgesehenen Mindestlohnes, der fast sicherlich unter dem heute vorgesehen Gehalt liegen dürfte, rechtlich abgedeckt.

Auf der anderen Seite gibt es auch bei uns viele Bereiche, die vertraglich nicht abgedeckt sind. Man denke nur an die Scheinselbstständigen, die nur eine sehr geringe Absicherung haben. Hier könnte ein gesetzlicher Mindestlohn kurzfristig sicherlich eine Besserstellung bewirken. Kurzfristig deshalb, weil der Lohn für den Beschäftigten sicherlich eine sehr wichtiges Element darstellt. Es gibt aber auch andere Rechte die für den Einzelnen ebenso wichtig sind. Man denke dabei an das Recht auf Urlaub, Mutterschaft, Krankenstand, Leistungen bei Arbeitsunterbrechung oder Arbeitslosigkeit usw. Der Mindestlohn per Gesetz dürfte diesbezüglich wenig bringen, wenn er nicht mit anderen Maßnahmen integriert wird.

Die CGIL hat im Jahre 2016 im Parlament einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der die Grenzen zwischen abhängiger und selbstständiger Beschäftigung bei der Zugestehung einiger verfassungsrechtlich vorgesehnen Grundrechte überwindet und sie auf die gesamte arbeitende Bevölkerung ausweitet. Die unklare Unterscheidung zwischen autonomer und abhängiger Arbeit, mit den großen Unterschieden bei den rechtlichen und finanziellen Leistungen, hat das Problem der prekären Arbeit erst geschaffen und für deren Ausbreitung gesorgt. Um stabilerer Arbeitsplätze zu schaffen, wie von der Politik immer wieder gepredigt wird, braucht es eine Angleichung der unterschiedlichen Bedingungen. Das Rezept kann aber nicht eine Angleichung nach unten sein, indem man den Bediensteten Rechte nimmt. Wir stehen seit eh und je dafür ein, dass man Jenen die schlechter dastehen, mehr Rechte  zugestehen muss. Der Wähler hat Renzi nicht zuletzt wegen seiner Sturheit beim sogenannten Jobs Act einen Denkzettel verpasst. Unser Ziel bleibt es, die Verabschiedung unseres Gesetzentwurfes zu erreichen. Auch danach werden wir die Arbeit der neuen Regierung und des Parlaments beurteilen.