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Doppelter Ladiner

Der SVP-Bezirk Bozen unterstützt erstmals gleich zwei Ladiner-Kandidaten. Der Hintergrund einer überraschenden Entscheidung, die einigen Sprengstoff in sich hat.
SVP-KandidatInnen Landtagswahlen
Foto: Oliver Oppitz
Ich verstehe nicht, warum man etwas, was 25 Jahre lang funktioniert hat, jetzt plötzlich in Frage stellt und ändert“, sagt Daniel Alfreider. Recht viel mehr will der Landtagskandidat der SVP Ladina nicht sagen. Dann fügt der ehemalige Gadertaler SVP-Kammerabgeordnete doch noch sarkastisch einen kleinen verbalen Nadelstich hinzu: „Dass ein Bezirkskandidat aus dem Pustertal auf einer SVP-Wahlversammlung in Eppan auftritt, dürfte wirklich eine Neuheit sein“.
Andere innerhalb der SVP sehen die Angelegenheit weniger gelassen. „Das Ganze war von langer Hand vorbereitet“, sagt ein Mitglied des SVP-Parteiausschusses, „und der Christoph hat hier perfekt die Fäden gezogen“. Gemeint ist Christoph Perathoner - Obmann des SVP-Bezirks Bozen Stadt und Land. „Das ist ein bewusster Affront nicht nur gegen Alfreider, sondern auch gegen den Landeshauptmann“, heißt es innerhalb der SVP.
 
Der direkt Angesprochene will das so nicht gelten lassen. „Ich habe mich bei dieser Entscheidung absolut zurückgehalten“, sagt Christoph Perathoner zu salto.bz, „deshalb sind diese Unterstellungen einfach eine Gemeinheit“. Perathoner verweist darauf, dass auf der entscheidenden Sitzung am vergangenen Donnerstag andere das Wort ergriffen haben: der Kalterer Koordinierungsobmann Raimund Fill, sein Eppaner Kollege Christoph Granaudo, die Bozner Seniorenchefin Annamaria Nagler Marchetti, der Leiferer Hans Joachim Dalsass und vor allem die stellvertretende Bozner Bezirksobfrau Angelika Wiedmer.
Es ist eine salomonische Lösung“, rechtfertigt  Christoph Perathoner die Entscheidung.
 

Die Nominierung

 
Ausgangspunkt für die Polemik ist eine durch das SVP-Statut abgesicherte Tradition, die seit 1993 bei jeder Landtagswahl problemlos umgesetzt wurde.
Demnach nominiert der ladinische Verbindungsausschuss, in dem Gröden und das Gadertal gleichberechtigt vertreten sind, den offiziellen Landtagskandidaten der SVP-Ladina. Dieser Kandidat wird prominent auf die SVP-Landtagsliste gesetzt.
Zudem aber erhält dieser Kandidat wichtige Unterstützung innerhalb der SVP-Bezirke. Weil das Gadertal zum SVP-Bezirk Pustertal gehört und Gröden zum SVP-Bezirk Bozen Stadt und Land, haben diese beiden Bezirke bisher immer auch den ladinischen Kandidaten bei den Landtagswahlen mitgetragen. Das heißt: Der SVP-Bezirk Pustertal hat mehrmals Grödner Kandidaten - wie Werner Stuflesser oder Florian Mussner - unterstützt. Ohne Murren und Protest.
 
Eigentlich sollte es auch diesmal so sein, nur unter umgekehrten Vorzeichen. Ende Mai nominierte der ladinische Verbindungsausschuss Daniel Alfreider zum Kandidaten der SVP Ladina. Demnach hätte Bozen diesmal den Gadertaler Alfreider unterstützen müssen.
Vom SVP-Bezirk Pustertal wurde später aber ein zweiter Ladiner als bindender Kandidat aufgestellt: Manfred Vallazza, Wengener Bauer und Angestellter des Bauernbundes, schaffte es mehr als deutlich auf die SVP-Landtagsliste.
Während die Bezirksleitung der SVP-Pustertal neben Vallazza - wie bisher immer praktiziert - Daniel Alfreider als bindenden Ladinerkandidaten nominierte, passierte in Bozen lange Zeit nichts.
 

Das Bozner Dutzend

 
Der SVP-Bezirk Bozen Stadt und Land hatte bereits als erster SVP-Bezirk am 19. Mai auf einer Bezirksversammlung die sieben bindenden Bezirkskandidaten und - kandidatinnen gewählt: Reinhard Zublasing, Thomas Widmann, Andreas Colli, Franz Locher, Angelika Wiedmer, Richard Kienzl und Barbara Wild.
Zu diesen sieben Kandidaten kommen noch weitere vier Kandidaten dazu. Es sind jene Kandidaten, die direkt über die Listenplätze nominiert wurden, die von Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer besetzt wurden. Das sind neben dem Landeshauptmann Arno Kompatscher, der als Listenführer gesetzt ist,  Judith Bertagnolli, Bernd Gänsbacher und SVP-Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler.
Bereits Anfang Juli wird aber klar, dass es noch einen zwölften Bezirkskandidaten geben wird. Denn auf der Vorstellung der Bozner Bezirkskandidaten waren auch die Funktionärinnen und Funktionäre des SVP-Bezirks Unterland geladen. Bezirksobmann Christoph Perathoner und sein Unterlandler Pendant Oswald Schiefer erklärten dabei: „Die bisherige fruchtbringende Zusammenarbeit soll auch im anstehenden Wahlkampf fortgesetzt werden“.
Konkret heißt das: Der Bezirk Bozen-Stadt Land unterstützt auch den Unterlandler Kandidaten Oswald Schiefer offiziell. Im Gegenzug soll die Unterlandler SVP die Bozner Bezirkskandidaten unterstützen. „Mit insgesamt zwölf Kandidaten stellen die Bezirke Bozen und Unterland allein mehr als ein Drittel der gesamten Liste“, sagte Christoph Perathoner damals stolz.
 

Perathoners SMS

 
Weil im Bezirk Bozen eine Unterstützung für Daniel Alfreider nie offiziell angesprochen wurde, wandte sich die SVP-Ladina vor einige Wochen an das SVP-Präsidium. Dieses hohe Parteiorgan - in dem auch die stellvertretende Obfrau des Bezirkes Bozen Stadt und Land, Angelika Wiedmer, sitzt - stellte eine klare Forderung auf: Der Bezirk soll Alfreider wie alle Ladinerkandidaten der letzten 25 Jahre unterstützen.
 
Doch plötzlich tauchte eine SMS auf, die Christoph Perathoner an seine Ortsobleute geschickt hatte. Der Bezirksobmann schreibt:
 
Liebe Freunde, ich hatte Euch bislang nicht über den Umstand in Kenntnis gesetzt, dass Herr Manfred Vallazza sehr höflich und zugegeben auch gewohnt zurückhaltend bei mir vor einigen Wochen schon angesucht hatte, auch offiziell als Kandidat des Bezirkes Bozen mitgetragen zu werden, zumal in der Vergangenheit das Pustertal und Bozen immer die ladinischen Kandidaten unterstützt hätten.“
 
Danach wägt Perathoner in der SMS  Für und Wider der verschiedenen Optionen ab. Bevor jener Satz kommt, der am Ende auch umgesetzt wurde:
 
„wenn schon dann müssten wir beide ladinischen Kandidaten unterstützen, weil es nicht einen mehr und einen weniger ladinischen Kandidaten gibt...“
 
Als Daniel Alfreider diese Botschaft vernahm, war der offizielle Ladinerkandidat alles andere als amused. Nach Informationen von salto.bz verlangte er in einem Schreiben an Bezirksobmann Christoph Perathoner vor der entscheidenden Sitzung der Bozner Bezirksleitung eine Klärung.
Perathoner ließ seine Stellvertreterin Angelika Wiedmer antworten, da „er als Bezirksobmann und selbst Ladiner hier in einem Interessenkonflikt stehe“. Wiedmer, ihres Zeichens selbst Bozner Kandidatin auf der SVP-Landtagsliste, verteidigte die Linie ihres Bezirksobmannes auch mit dem Wahlgesetz, das einem SVP-Ladiner ein Direktmandat garantiere.
Auch Wiedmer kommt aber zu einem eindeutigen Schluss:
 
„Es steht ja außer Frage, dass wenn schon, dann beide Ladiner mitgenommen werden müssen und nicht nur einer, wir können und wollen nicht diskriminieren.“
 
Konkret: Ab sofort gelten anscheinend andere Spielregeln.
 

Der Affront

 
Als sich am vergangenen Donnerstag dann die Leitung des SVP-Bezirkes Bozen Stadt und Land zur entscheidenden Sitzung traf, waren die Würfel längst gefallen. Eine breite Mehrheit sprach sich dafür aus, sowohl Daniel Alfreider als auch Manfred Vallazza zu unterstützen.
Dass sich ausgerechnet die beiden ladinischen Mitglieder in der Bezirksleitung, Lara Moroder und Patrick Bergmeister - immerhin Vorsitzender des SVP-Gebietsausschusses Gröden - bei dieser Abstimmung als Einzige der Stimme enthielten, spricht eigentlich Bände.
Für die Alfreider-Unterstützer ist dieses Ergebnis alles andere als ein Zufall.
Denn zwischen Christoph Perathoner und Daniel Afreider knistert es seit langem. Der Grund dafür: Alfreider hat politisch all das erreicht, was Perathoner lange erträumt hat. So hatte Alfreider Perathoner vor Jahren jenes Amt weggeschnappt, das der Wolkensteiner Rechtsanwalt bereits als sicher glaubte: Das Mandat als ladinischer Abgeordneter in Rom.
Daniel Alfreider hat 2018 auf Drängen seines mächtigsten Unterstützers und Freundes Arno Kompatscher einem Wechsel in die Landespolitik zugestimmt. Er soll der neue ladinische Landesrat und Nachfolger von Florian Mussner in der Landesregierung werden.
Aber auch das Verhältnis zwischen Kompatscher und Perathoner ist seit langem arg getrübt. Vor allem Perathoners Rolle als Präsident der SAD AG und seine Aktivitäten im Dauerstreit mit dem Land haben aus Parteifreunden längst erbitterte Gegner werden lassen. „Ich bin als SAD-Präsident zurückgetreten und hab auf allen Sitzung immer dafür geworben, dem Landeshauptmann die erste Vorzugsstimme zu geben“, widerspricht Christoph Perathoner energisch dieser Lesart. Der Bezirk habe autonom entschieden.
Zehn Wochen vor der Landtagswahl ist die Idylle unterm Edelweiß vorbei.
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rotaderga Di., 14.08.2018 - 08:06

Nun hab ichs verstanden, Wahlarithmetik ist wichtiger Teil einer ehrlichen Demokratie.
Ach ja wie soll eine demokratisch ausgerichtete Familie, Vater- Mutter- 5 nicht wahlberechtigte Kinder, wählen?
Zwei Kinder und Mutter sind für Partei A . Vater für B und drei Kinder für Partei C.
Wen soll also Vater und wen Mutter wählen damit das demokratische Gleichgewicht in der Familie erhalten bleibt?

Di., 14.08.2018 - 08:06 Permalink