Politik | Landtagswahl 2018

Panik im hohen Haus

Die salto-Enthüllung zur ungültigen Wahl von Stefan Beikircher hat dazu geführt, dass der Landtag umgehend reagiert. Für Freitag wurde eine neue Sitzung einberufen.
Landtagssaal
Foto: Hannes Prousch
Roberto Bizzo konnte oder wollte auf die Frage nicht antworten.
Der Landtagspräsident hat die Fraktionssprecher am Donnerstag um 12.30 Uhr zu einer Dringlichkeitssitzung einberufen. „Es war eine mehr als skurrile Veranstaltung“, meint ein Teilnehmer.
Bizzo eröffnete den Fraktionssprechern, dass es „Zweifel an der Gültigkeit der Abstimmung der deutschen Abgeordneten bei der Ernennung des Verwaltungsrichters und damit bei der Wahl von Stefan Beikircher im Landtag gebe.
Mehrere Sitzungsteilnehmer fragten nach, woher die Zweifel urplötzlich kommen. Der Landtagspräsident meinte, dass wisse er nicht. Er sei nur über die neue Situation am Donnerstagmorgen informiert worden.
In Wirklichkeit hatten die meisten Abgeordneten am Morgen den salto-Artikel gelesen, der gewissermaßen die Chronik einer missglückten Kür war. Eine Panne, die anscheinend bis dahin niemandem aufgefallen war.
 
 

Der Unfall

 
Am 27. Juli 2018 stand die Ernennung eines deutschsprachigen Verwaltungsrichters auf der Tagesordnung des Landtages. Dabei kam zum ersten Mal ein neuer Ernennungsmodus zum Tragen. Nachdem eine Fachkommission nach Anhörung alle Interessierten eine Liste von geeigneten Kandidaten erstellt hatte, mussten die Abgeordneten der deutschen Sprachgruppe sich auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen.
Die Mehrheit hatte sich für den stellvertretenden Direktor des Rechtsamtes des Landes, Stefan Beikircher, entschieden. Beikircher wurde dann auf der Sitzung der deutschsprachigen Abgeordneten mit 13 von 25 Stimmen gewählt. Wenig später wurde seine Wahl in der Aula des Landtages durch eine satte Mehrheit bestätigt.
 
 
Das Problem dabei: In der Durchführungsbestimmung zur Ernennung der Verwaltungsrichter heißt es wörtlich:
 
„Der Landtag wählt aus dem von der Kommission abgefassten Verzeichnis die zu ernennenden Bewerber aus und ernennt sie auf gleichlautenden Vorschlag der Mehrheit der Landtagsabgeordneten der entsprechenden Sprachgruppen zum Richter.“
 
Konkret heißt das: Es zählen nicht die anwesenden, sondern die im Amt befindlichen deutschsprachigen Abgeordneten im Landtag. Derzeit sitzen im Landtag 29 Landtagsabgeordnete der deutschen Sprachgruppe. Von diesen 29 muss ein Kandidat in der Vorschlagsrunde die Mehrheit bekommen. Das wären mindestens 15 Stimmen.
Stefan Beikircher erhielt aber nur 13 Stimmen. Damit ist die Wahl des Anwaltes zum Verwaltungsrichter ungültig.
 

Das SVP-Malheur

 
Inzwischen ist auch klar, wer den peinlichen Unfall verschuldet hat. Denn auf der Sondersitzung am 27. Juli waren 15 SVP-Abgeordnete anwesend. Florian Mussner konnte als Ladiner an der Abstimmung nicht teilnehmen. Albert Wurzer war entschuldigt. Stefan Beikircher hätte also die nötige Mehrheit bekommen, wenn die Volkspartei geschlossen hinter ihm gestanden hätte. Das war aber nicht der Fall. Es wurden zwar 25 Stimmen abgegeben, Beikircher erhielt aber nur 13 davon. Demnach wurde er von mindestens zwei SVP-Mandataren nicht gewählt. Weil Beikircher aber mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Abstimmung auch die eine oder andere Stimme aus den oppositionellen Reihen bekommen hat, könnten es sogar mehr sein, die aus der SVP-Fraktion ausgeschert sind. Das heißt: Es war am Ende die Volkspartei selbst, die sich und dem Landtag dieses Ei gelegt hat.
 

Die Einberufung

 
Roberto Bizzo sprach am Donnerstag vor den Fraktionssprechern noch von "Zweifeln“. Riccardo Dello Sbarba und Andreas Pöder widersprachen auf der Sitzung dieser Interpretation energisch. „Hier gibt es keine Zweifel, die Wahl ist ungültig“, meinten beide unisono.
Tatsache ist, dass man derzeit im Landtagspräsidium nicht so recht weiß, was man tun soll. Nach Informationen von salto.bz werden derzeit verschiedene Optionen abgewogen. So denkt man daran, nur die Abstimmung unter den deutschsprachigen Abgeordneten am Freitag zu wiederholen. Oder eben auch auch die Wahl im Landtag.
 
Weil nach der Geschäftsordnung des Landtags auch bei dringlichen Einberufungen 24 Stunden bis zur Sitzung vergehen müssen, hat Roberto Bizzo heute die deutschen Abgeordneten für eine Sondersitzung am Freitag um 12.30 Uhr einberufen.
Das Präsidium prüft zur Stunde mit dem Rechtsamt des Landtages, wie man diesen Fauxpas so schnell wie möglich beheben kann.
Wobei über jedem Versuch einer Regelung ex post ein Damoklesschwert hängt. Denn wie in jedem Parlament gilt auch im Landtag der Grundsatz, dass man über einen Gegenstand nicht zweimal abstimmen kann. Theoretisch haben die Abgeordneten bereits über den Vorschlag Stefan Beikircher abgestimmt. Und er hat nicht die erforderliche Mehrheit erhalten.
Kann man die Abstimmung deshalb überhaupt wiederholen? Oder muss ein neuer Namensvorschlag her?
Das etwa forderten am Donnerstag Andreas Pöder und Riccardo Dello Sbarba.
Ganz gleich, was man am Ende tun wird, sicher ist, dass man mit jeder Entscheidung Tür und Tor für Rekurse der Mitbewerber öffnet.
Passt deshalb gut auf, was ihr tut“, warnte der grüne Fraktionssprecher den Landtagspräsidenten am Ende der Sitzung.