Wirtschaft | Immobilienmarkt

Wie viel darf’s kosten?

Schloss, Ansitz oder doch eine Almhütte um 1,5 Millionen Euro? Mit der Agentur Engel & Völkers hat Südtirols Immobilienmarkt einen neuen Player für große Brieftaschen.
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Foto: Engel & Völkers

Almhütte mit einmaligem Schlern-Blick auf der Seiser Alm, 20 Quadratmeter groß mit einer Scheune von 44 Quadratmetern und einem halben Hektar Grund. Verkaufspreis: 1,5 Millionen Euro. Oder doch lieber? Wunderbarer Ansitz in den Weinbergen, 1200 Quadratmeter Gesamtfläche und 2500 Quadratmeter Grund; Preis auf Anfrage. Das sind nur zwei der Schmankerln, die sich im rund 100-seitigen Hochglanzprospekt „Private Residences - Südtirol/Alto Adige – Cortina d’Ampezzo“ von Engel & Völkers finden. Seit gut einem Jahr hat eines der weltweit führenden Immobilienunternehmen mit Fokus auf das Hochpreissegment auch in Südtirol Fuß gefasst.

Mit 700 Standorten in 32 Ländern, insgesamt 8720 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro kann sich das deutsche Unternehmen mit Zentrale in Hamburg getrost als Multinationale bezeichnen. Die allerdings auf lokalen Unternehmergeist setzt. Denn das weltweite Netzwerk beruht auf einem Franchisesystem, also selbständigen Unternehmern, die eine Lizenz zur Vermittlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien sowie Yachten und Flugzeugen unter der Marke erwerben. Ob in Dubai, Johannesburg, Hongkong, New York oder seit kurzem auch Bozen und Meran – sämtliche Shops und Büros von „Engel & Völkers“ sind nicht nur im einheitlichen Corporate Design eingerichtet. Sie bieten auch standardisierte Dienstleistungen und Produkte – von der Art wie Immobilien präsentiert werden, Verkaufsgespräche protokolliert und Kunden bedient werden bis hin zum vier Mal jährlich erscheinenden Lifestyle-Magazin GG, in dem Kunden im hintersten Heftteil auch die aktuellen Gustostückerln der „Engel & Völkers“-Büros in aller Welt präsentiert werden. Für den einheitlichen Qualitätsstandard sorgt neben einer hausinternen Akademie, die Schulungen für die Makler in aller Welt veranstaltet, auch ein gemeinsames IT-Zentrum in Hamburg mit mehr als 100 Mitarbeitern.

Kurzum, ein Backoffice, von dem man auf dem lokalen Markt sonst nur träumen kann. Auch deshalb sorgt der New Entry in der heimischen Immobilienbranche keineswegs nur für Freude. Mehr als ein Jahr ist es her, dass der Architekt und Unternehmer Walter Pichler und Geschäftsführerin Elfi Untergassmair im Oktober 2015 zur Eröffnung des Südtiroler Verwaltungssitzes einluden. Fünf Lizenzen, eine davon für Gewerbeimmobilien, der Rest für Wohnimmobilien, haben die Pichler I&S, eine Gesellschaft des  bekannten Unternehmers, sowie seine Geschäftspartnerin für den Südtiroler Markt und Cortina erworben. Bereits vor einem Jahr wurde ein Büro in Cortina eröffnet, vor kurzem folgten Filialen in Meran und Bozen und im Laufe des Jahres soll noch eine weitere Niederlassung in Brixen dazukommen. Konkurrenz an gleich mehreren Fronten also für die lokalen Platzhirsche. „Manche sagen aber auch, wir sind ein Segen, weil ihre Kunden nun sehen, dass sie vergleichsweise günstig sind“, lacht Sandro Hofer, Leiter der frisch eröffneten Filiale am Bozner Waltherplatz. Denn mit vier Prozent Provision liegt Engl & Völkers bei der Vermittlungsgebühr ebenso über dem durchschnittlichen Marktpreis wie bei den Durchschnittspreisen der vermittelten Immobilien. Objekte um 200.000 Euro sucht man hier vergeblich. In Südtirol beginnen die Schnäppchen bei Engel & Völkers bei 400.000 bis 500.000 Euro; das Hauptgeschäft spielt sich laut Sandro Hofer in der Preiskategorie zwischen einer und drei Millionen Euro ab. Rund 60 bis 80 Suchkunden habe man im ersten Jahr in diesem Segment durchschnittlich gehabt, sagt der Makler. Während einheimische Kunden mit dem nötigen Kleingeld vor allem an Stadtimmobilien interessiert seien und sich sonst insbesondere in Richtung Gardasee oder Sardinien orientieren, überwiege außerhalb der Städte die ausländische Klientel.

 

Ganz ähnlich wie in den Tourismusbilanzen dominiert auch in den Verkaufsstatistiken der Immobilienagentur Kundschaft aus dem deutschsprachigen Raum sowie aus dem restlichen Italien. „Im Pustertal kaufen beispielsweise eher Italiener, am Ritten oder in Überetsch und Unterland eher deutschsprachiges Publikum“, sagt Sandro Hofer. Dank des internationalen Netzwerks der Agentur kommen aber auch immer wieder Interessenten aus neuen Märkten hinzu. Schließlich wird jedes Verkaufsdossier bei Engel & Völkers in Südtirol nicht nur auf Deutsch und Italienisch, sondern auch auf Englisch verfasst. Auf der Unternehmenshomepage, die international 150 Millionen Seitenaufrufe im Jahr generiert, haben daher Kunden aus aller Welt die Möglichkeit, sich für Südtiroler Immobilien zu begeistern. Und so trudeln im Bozner Büro genauso Anfragen aus fernen und nahen Ländern wie Iran und USA, England, Frankreich und oder den Niederlanden ein, erzählt Hofer.

„Vor allem über die Homepage machen wir sicher auch Werbung für Südtirol“, sagt der Makler. Zu jedem Objekt wird eine ausführliche Lagebeschreibung mitgeliefert, die auch aus der Feder der IDM stammen könnte. Besonders gesucht werden laut Hofer Immobilien in südtiroltypischer oder auch moderner Bauweise, Alleinlagen und Immobilien mit viel Grund. Da letztere hierzulande Mangelware sind, könnten mit solchen Objekten besonders gute Preise erzielt werden. Auch Schlösser und Ansitze stehen bei einer bestimmten Käuferschicht hoch im Kurs. Am Angebot mangelt es dabei prinzipiell nicht, meint der Makler. „Hier haben wir viel mehr das Problem, dass die Preisvorstellungen der Eigentümer weit über dem Marktwert liegen“. Wenn das der Fall sei, würden die Immobilien nicht in das eigene Angebot aufgenommen. „Denn wir wollen unseren Kunden auch einen fairen Preis garantieren.“

Ausgenommen von dieser Regel sind laut Sandro Hofer Liebhaberobjekte, wie etwa die Almhütte auf der Seiser Alm, für die wegen ihrer Einzigartigkeit Preise gezahlt werden, die weit über dem eigentlichen Wert liegen. An Kunden, die dafür bereit sind, scheint es nicht zu mangeln. Die Hütte ist jedenfalls bereits verkauft. Am Schlernblick erfreuen sich nun die neuen Eigentümer aus dem deutschsprachigen Ausland.