Wirtschaft | Lebensmittel

„Wir wollen die Welt verändern“

Bio-Lebensmittel haben den Ruf, wegen hoher Preise nicht als Massenware zu taugen. Die Meraner Gemeinschaftsgenossenschaft GINKO will das Gegenteil beweisen.
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Foto: GINKO

Kürzlich gründeten 13 Meraner Bürger:innen die Gemeinschaftsgenossenschaft GINKO. Ihr Ziel ist die Eröffnung eines Ladens mit gesunden und nachhaltigen Produkten zu einem fairen Preis. Verwirklicht werden soll der Plan in einem ehemaligen Supermarkt im Stadtteil der Kirche Maria Himmelfahrt. Erlöse werden in das Projekt investiert.

„Entstanden ist die Idee in unserer GAS-Gruppe GASlein, die als erste GAS-Gruppe von Südtirol vor mittlerweile 18 Jahren gegründet wurde“, erklärt GINKO-Präsidentin Elda Dalla Bona. GAS steht für Gruppo die Acquisto Solidale, in Deutschland und Österreich werden sie SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) genannt.

 

Eine GAS-Gruppe hat nämlich den Zweck, eine gerechte Lieferkette zu schaffen, vom Produkthersteller bis hin zum verantwortlichen Bürger - Elda Dalla Bona

 

Der Anfang der Initiative

 

GASlein wollte über die kleine Gruppe, die wir sind, hinausgehen und so vielen Menschen wie möglich gesundes und fair gehandeltes Essen anbieten. Eine GAS-Gruppe hat nämlich den Zweck, eine gerechte Lieferkette zu schaffen, vom Produkthersteller bis hin zum verantwortlichen Bürger“, so Dalla Bona. GAS-Gruppen sind bisher noch mehr Ausnahme als Regel: „Aus verschiedenen Gründen haben nicht alle Menschen die Möglichkeit, sich in einer GAS-Gruppe zu organisieren.“

 

 

GINKO geht es aber nicht nur um den Einkauf alleine, sondern auch um Weiterbildung zu Themen der Nachhaltigkeit, wie etwa Wiederverwertung oder Wasserverbrauch. „Es reicht nicht, mit dem Einkaufswagen zu kommen und die Sachen abzuholen. Es ist auch wichtig zu verstehen, was gesundes Essen ist und wieso ein Produkt in unserem Laden etwas mehr kostet als im Supermarkt“, sagt Dalla Bona. „Dass es funktioniert, zeigen andere Beispiele in Italien, wo aus einer GAS-Gruppe ein Laden und Ort des Austausches entstanden ist.“

 

Wir wollen nicht noch einen Supermarkt aufmachen, sondern wir wollen die Welt verändern - Elda Dalla Bona

 

Die Menschen hinter GINKO bauen dabei auf die Erfahrungen aus verschiedenen GAS-Gruppen und dem daraus entstandenen Verantwortungsgefühl: „Wir sind es gewohnt, uns die Arbeit aufzuteilen. Wenn zum Beispiel die Orangen kommen, helfen wir die Orangen abzuladen. Außerdem kümmern sich verschiedene Personen jeweils für Grundnahrungsmitteln wie Reis oder Nudeln“, so Dalla Bona. „Auch die Personen, die noch keine Erfahrungen in GAS-Gruppen gesammelt haben, bringen viel Enthusiasmus für unser Projekt mit“, erklärt Donatella Möseneder von GINKO.

 

Kein Bio-Supermarkt

 

„Im Gegensatz zu einem biologischen Supermarkt soll der Laden von GINKO nicht nur bestimmte Personen, die sich es leisten können und auf gesunde Ernährung und die Umwelt achten, ansprechen. Sondern es geht darum, einen gerechten Preis an den Produzenten zu bezahlen und Produkte anzubieten, die sich die meisten leisten können“, erklärt Dalla Bona. Dabei grenzt sie sich klar von biologischen Supermärkten ab: „Wir wollen nicht noch einen Supermarkt aufmachen, sondern wir wollen die Welt verändern.“

 

Das liegt daran, dass sehr kleine Produzenten die Kosten für die Zertifizierung nicht bezahlen können, obwohl sie trotzdem biologische Landwirtschaft betreiben - Elda Dalla Bona

 

Ein weiterer Unterschied zwischen dem GINKO-Projekt und einem herkömmlichen Supermarkt betrifft die Zertifizierung: „Laut der Wertecharta unserer Genossenschaft wollen wir überwiegend biologisch zertifizierte Produkte verkaufen, aber nicht alle werden biologisch zertifiziert sein. Das liegt daran, dass sehr kleine Produzenten die Kosten für die Zertifizierung nicht bezahlen können, obwohl sie trotzdem biologische Landwirtschaft betreiben“, sagt Dalla Bona. Denn wenn ein Betrieb seine Produkte mit dem Bio-Kennzeichen verkaufen will, muss er der Zertifizierungsstelle die Kosten für die Kontrollen bezahlen. Deshalb setzt GINKO in diesen Fällen auf das Vertrauen in die Produzenten: „Wir kennen sie persönlich und wissen, wie sie produzieren“, erklärt Möseneder.

 

Nächste Schritte

 

Mittlerweile hat GINKO knapp 150 Genossenschaftsmitglieder und es sollen noch mehr werden. Die Mitglieder finanzieren mit ihren Beiträgen das Projekt und engagieren sich ehrenamtlich dafür. Das Geschäft führen, soll aber eine Person mit fixem Gehalt.

 

 

Das Projekt will sich über Mitgliedsbeiträge und Förderungen finanzieren, beratend zur Seite steht ihnen dabei Coopbund. Der Mitgliedsbeitrag ist einmalig zu bezahlen und beträgt mindestens 25 Euro. „Wir suchen nach Menschen und Unternehmen, die uns auch mit größeren Beträgen unterstützen, um mit ihrem Geld etwas Gutes anzustoßen.“ Da das Kernteam von GINKO beinahe nur weiblich ist, wurde ihnen zudem finanzielle Hilfe vom Land zugesagt.

 

Das Angebot

 

Der Laden von GINKO soll Grundnahrungsmittel anbieten, wie etwa Reis, Nudeln, Olivenöl, Wein oder Reinigungsmittel. Um die Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, wollen sie anfangs auf frisches Obst und Gemüse verzichten. Das könne aber dann in der Nähe des Geschäfts beim Bio-Hofladen des Valentinhofs in Meran gekauft werden. Außerdem überlegt GINKO leicht verderbliche Nahrungsmittel, zu denen auch Brot zählt, vor allem auf Vorbestellung zu verkaufen.

In den Räumen des ehemaligen Supermarkts in der Nähe des Bahnhofs Meran ist auch ein Café und ein Raum zum Austausch geplant. „Dort haben wir vor, verschiedene Bildungsformate anzubieten, wie etwa die Vorstellung einzelner Lebensmittel“, so Dalla Bona.

 

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Sepp.Bacher Do., 14.04.2022 - 11:19

"Da das Kernteam von GINKO beinahe nur weiblich ist, wurde ihnen zudem finanzielle Hilfe vom Land zugesagt." Diesen Satz verstehe ich nicht! Heißt das, dass man dem Weiblichen nicht die gleichen Fähigkeiten und Fertigkeiten zutraut (Frauen mit besonderen Bedürfnissen??) als Männern, die nach dieser Logik, keine Unterstützung bräuchten?

Do., 14.04.2022 - 11:19 Permalink