Politik | Sozialer Wohnbau

Ein längst überfälliges Gesetz

Das derzeitige Wobi-Gesetz ist nur für Experten lesbar und verständlich. Ein einheitlicher Gesetzestext soll Antworten auf die künftigen Heraudforderungen bieten.
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Foto: Salto.bz
Über den Gesetzesentwurf „Öffentlicher und sozialer Wohnbau“,  den die Landesregierung Anfang Dezember gutgeheißen hat, wird derzeit viel diskutiert. „Ich habe in dieser Legislatur selten solche Schwierigkeiten beim Weiterbringen von Gesetzen erlebt“, merkte dann auch Landesrätin Waltraud Deeg an, die gemeinsam mit dem Direktor der Landesabteilung Wohnungsbau, Stefan Walder, und Wobi-Vizepräsident Heiner Schweigkofler den Inhalt und die geplanten Schritte am Freitag vorgestellt hat.
 
Ich habe in dieser Legislatur selten solche Schwierigkeiten beim Weiterbringen von Gesetzen erlebt.
 
„Das Thema Wohnen ist eine der zentralen Fragen in unserer Gesellschaft. Die Preise steigen seit Langem, die Nachfrage ist hoch und das Angebot überschaubar“, fasste Deeg die Problematik zusammen. Einleitend umriss die Landesrätin die Entwicklung am Wohnungsmarkt in Südtirol. Während 1951 der Anteil der Eigentumswohnungen bei 51 Prozent lag, waren es 2016 bereits 70 Prozent. Beim Anteil der Mietwohnungen war im selben Zeitraum ein Rückgang feststellbar: 1951 waren 49 Prozent der Wohnungen vermietet, im Jahr 2016 waren es 25 Prozent. „In Deutschland ist das Verhältnis genau umgekehrt“, erläuterte die Soziallandesrätin und nannte auch gleich den Hauptgrund: Der Großteil der Mieter kann sich eine Eigentumswohnung schlichtweg nicht leisten. Die vorherigen Landesregierungen hätten auf den Wohnraumbedarf reagiert, dies belege auch die Statistik: Zwischen 1951 und 2016 wurden 47.538 Wohnungen – sowohl durch Neubau wie auch durch Sanierungsmaßnahmen – fertiggestellt. Bezüglich der Leerstände erklärte Deeg, dass rund 29.000 Wohnungen ungenutzt seien, was in etwa dem Wert von 12,4 Prozent entspricht. Im Vergleich dazu: In anderen Alpenprovinzen liegt der Anteil der Leerstände zwischen 40 und 50 Prozent. „Nichtsdestotrotz ist dieser Wert in Südtirol zu hoch und wir brauchen ein gutes Management, wie wir dieses Problem lösen können“, so Deeg.
 
 

12 Punkte für leistbares Wohnen

 
Um das Problem des fehlenden Wohnraums in den Griff zu bekommen, müsse an vielen Schrauben gedreht werden, betonte die Landesrätin. Im 12-Punkte-Programm des Landes für leistbares Wohnen sind die Eckpfeiler der Wohnbaupolitik zusammengefasst. Neben der Vorgabe von klaren Regeln für Wohnraum für Einheimische sind darin unter anderem die Themen touristische Vermietung, Anreize für Vermietung, gute Eigentumsförderung, Ausbau des sozialen Wohnbaus und für Arbeiter, gerechte Löhne sowie die Überprüfung der Baustandards aufgelistet.
 
Südtirol braucht mehr Wohnraum, um die Lebensqualität für die Bevölkerung, besonders für die Familien, absichern zu können.
 
„Südtirol braucht mehr Wohnraum, um die Lebensqualität für die Bevölkerung, besonders für die Familien, absichern zu können. Auch für künftige Herausforderungen wie der Anwerbung von Fachkräften für unsere Wirtschaft ist es entscheidend, nun aktiv zu werden und mehr Wohnraum zu schaffen", zeigte sich die Landesrätin überzeugt.
 

Ein harmonischer Gesetzesentwurf

 

Der Direktor der Landesabteilung Wohnungsbau, Stefan Walder, wies in seinen Ausführung auf einige statistische Daten hin. So befinden sich 30 Prozent des Südtiroler Mietmarktes in der öffentlichen Hand und werden vor allem vom Institut für den sozialen Wohnbau geführt. Von den insgesamt rund 51.000 Mietwohnungen in Südtirol befinden sich 13.349 im Besitz des Wobi, 2.000 im Besitz der Gemeinden und 10.200 unterliegen als konventionierte Wohnungen dem Landesmietzins. Mit 7 Euro pro m2 sei der Mietzins während der vergangenen Jahre recht stabil geblieben, aufgrund der Preissteigerungen im vergangenen Jahr sei er jedoch auf 7,50 pro m2 gestiegen, so Walder. Rund 14.000 Personen beziehen Mietbeihilfen in der Höhe von insgesamt 40 Millionen Euro. „Nicht gerade wenig“, wie der Direktor der Landesabteilung Wohnungsbau anmerkte.
 
40 Millionen Euro an Mietbeihilfen sind nicht gerade wenig.
 
Derzeit wird der öffentliche und soziale Wohnbau im Wohnbauförderungsgesetz Nr. 13/1998 geregelt, der insgesamt 150 Artikel umfasst. Durch aktuelle Herausforderungen ist es notwendig geworden, im Bereich des sozialen Wohnbaus nachzubessern. „Das neue Gesetz wertet diesen Bereich auf und bietet die nötige Flexibilität, die es vor allem im digitalen Zeitalter braucht“, zeigte sich Walder überzeugt, der weiters die Bedeutung eines einheitlichen und harmonischen Gesetzes hervorhob; das derzeitig gültige sei nämlich nur für Experten wirklich lesbar und verständlich.
Die neue Gesetzesvorlage ist in vier Abschnitte unterteilt, in denen die Zielsetzungen, die Regelung und Finanzierung des Wohnbauinstituts, die Voraussetzungen für die Wohnungs-Zuweisungen und die Übergangsregelungen enthalten sind. Die Ziele des Gesetzes seien klar umrissen, über mehrere bereits in Ausarbeitung befindliche Durchführungsbestimmungen sollen dann die Details dazu geregelt werden. 
 
 

Das Wobi-Programm

 
Heiner Schweigkofler, Vize-Präsident des Wohnbauinstituts, präsentierte einige interessante Zahlen. So verfügt das Wobi insgesamt über 13.426 Wohnungen, davon sind 12.450 an Familien vermietet, 95 an Vereine. Im Programm für die kommenden Jahre sind umfangreiche Maßnahmen vorgesehen. Über Finanzierungen durch Eigenmittel, Landes- und EFRE-Gelder sowie über Kredite werden 80 Millionen Euro in Neubauwohnungen investiert und 113 Millionen Euro in außerordentliche Instandhaltungsarbeiten von Wohnungen und Gebäuden. Mit weiteren Finanzmitteln in Höhe von 18 Millionen Euro, die aus dem staatlichen Wiederaufbauplan PNRR stammen und sowohl an das Wobi wie auch die Gemeinden ausgeschüttet werden, sind zusätzliche Sanierungen von öffentlichen Wohnungen geplant.
 
Soziale Durchmischung und leistbare Mietwohnungen sind notwendig, um ein gutes Miteinander zu garantieren.
 
„Mit der Verabschiedung des neuen Gestzes beweisen wir historischen Mut, ein neues Modell – nämlich jenes der leistbaren Miete – einzuführen. Dies ist ein wichtiges Instrument sowohl für die Zentren, aber auch für die ländlichen Gegenden, kann damit doch auch der Abwanderung aus entlegenen Gebieten Einhalt geboten werden“, so Schweigkofler, der weiters auf die Bedeutung der sozialen Durchmischung und der leistbaren Miete im sozialen Wohnbau hinwies, um eine Ghetto-Bildung zu vermeiden. „In Bozen haben wir Quartiere mit 400 bis 500 Wohnungen – das ist beinahe eine eigene Fraktion“, so Schweigkofler, der betonte, dass es langfristig zu Problemen führen wird, wenn diese Wohnungen nur als Sozialwohnungen vergeben werden. Als Verantwortliche habe man die Pflicht, eine soziale Durchmischung zu garantieren. „Das ist notwendig, um ein gutes Miteinander zu garantieren.“ 
Am kommenden Montag (16. Mai) wird sich der zuständige Gesetzgebungsausschuss im Landtag mit dem Landesgesetzentwurf befassen.
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Salto User
Günther Alois … So., 15.05.2022 - 08:28

40 Millionen Euro in DREI JAHREN FRAU DEEG sind ??? 13,333333 raffiniert interpretiert!Typische SVP Verwässerungsaussagen! Dieses Gesetz ist neu zu bewerten und zu überarbeiten,zuviel Chaos.

So., 15.05.2022 - 08:28 Permalink
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Stefan S So., 15.05.2022 - 09:40

Die genannten Vergleichzahlen von Frau Deeg sind wenig bis gar nicht aussagekräftig. Zum einen ein viel zu großer Zeitraum wo signifikante Ereignisse (EU, Fall des Eisernen Vorhang, Währungsunion, Zinspolitik, Finanzkrise...) für den Wohnungsbaumarkt in keinster Weise dargestellt werden und der Vergleich mit D macht überhaupt keinen Sinn da D nach 1945 stark von Flucht und Vertreibung geprägt war. Vergleichzahlen machen nur Sinn wenn die oben gen. Gründe bei Erhebung berücksichtigt werden. Auch die aktuelle Inflationsentwicklung wird sich erheblich auf diesen Bereich auswirken.

So., 15.05.2022 - 09:40 Permalink
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Josef Fulterer Mo., 16.05.2022 - 06:57

Antwort auf von Stefan S

Private Vermieter reparieren nach dem Auszug der Mieter das Notwendige, um möglichst sofort die Wohnung wieder vermieten zu können.
Das WOBI leistet sich beim Auszug der Mieter eine umfangreiche Generalsanierung, die mit umständlichen Ausschreibungen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und den unverantwortlichen Leerstand von 880 der 13.426 WOBI-Wohnungen verursacht.

Mo., 16.05.2022 - 06:57 Permalink