Politik | Wohnraum

Wahlkampf um Studenten?

Die Landesregierung kündigt mehr Wohnraum für Studierende an. Die Freiheitlichen werfen der SVP billigen Wahlkampf vor. Für die Grünen geht es in die falsche Richtung.
Freie Universität Bozen
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser
Mit einer Reihe von Maßnahmen will die Landesregierung den Bedarf an Heimplätzen für Studierende, Arbeiter und Sanitätspersonal längerfristig decken. Vor allem in der Landeshauptstadt Bozen, aber auch in anderen Städten ist es sowohl für Studierende, als auch für Arbeiter und für das Sanitätspersonal schwierig, Wohnraum zu finden.
Laut einer Pressemitteilung des Landes vom Montag dieser Woche will sich die Landesregierung jetzt dieses Problems annehmen und als ersten Schritt eine Bestandaufnahme und eine Bedarfsanalyse durchführen.
Was die Schüler- und Lehrlingsheime angeht, so stehen mit insgesamt 3665 Plätzen landesweit ausreichend Heimplätze zur Verfügung“, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher. Diese Heimplätze seien bedarfsgerecht verteilt, und zwar 701 im Raum Bozen, 882 Bezirk Meran, 484 im Vinschgau, 818 im Eisack- und Wipptal, 413 im Überetsch und Unterland, 54 in Gröden und 313 im Raum Bruneck.
 

Private Initiative

 
Anders sieht es im Bereich der Studentenheime aus, wo es insgesamt 656 Plätze - davon 520 in Bozen, 124 in Brixen und 12 in Bruneck - gibt. In Bozen werden allerdings derzeit 100 Plätze benötigt, ab dem kommenden Jahr sollen es 200 sein und ab 2022 dürfte der Bedarf auf 300 steigen. In Brixen wird mit einem Bedarfszuwachs von derzeit 30 auf 100 gerechnet, in Bruneck liegt er bei 10 bis 20 Plätzen.   
Um der Nachfrage nach Wohnplätzen für Studierende an den drei Standorten der Freien Universität Bozen nachzukommen, hat sich die Landesregierung auf drei Maßnahmen verständigt", erklärte Kompatscher.
In Bozen soll das Elisabethinum in der Runkelsteinstraße ab dem akademischen Jahr 2019/20 84 Plätze zur Verfügung stellen. Zudem will die Landesregierung auf Privatinitiativen setzen. Private Träger sollen ohne öffentlichen Beitrag mit einem geeigneten Konzept, an einem geeigneten Standort und auf der Grundlage eines tragfähigen Businessplanes Studentenheime mit mindestens 150 Heimplätzen errichten und führen. Schließlich sollen für Studierenden, die aufgrund ihres Familieneinkommens Zugang zur Studienförderung haben, 60 begünstige Plätze angeboten werden. Dabei bezahlt der Studierende eine feste Miete, das Land kommt für den Differenzbetrag auf.
 
 
Auf eine Partnerschaft zwischen privatem Träger und öffentlicher Verwaltung, will das Land auch setzen, um die fehlenden Plätze zur Unterbringung von Arbeitern zu schaffen. Derzeit stellt das Wohnbauinstitut in Bozen 413 und in Meran 114 solcher Wohnräume bereit, während weitere 100 Plätze in der „Casa del giovane lavoratore" zur Verfügung stehen. Benötigt werden aber 200 im Raum Bozen, 70 im Raum Meran und 50 im Pustertal. „Um Wohnraum für Arbeiter zu schaffen, haben wir bereits Vorarbeit geleistet und rechnen damit, dass wir noch in diesem Jahr Errichtung und Führung des Heimes mit 130 Plätzen über eine Public-Private-Partnership ausschreiben können“ informiert der Landeshauptmann.  
Auch für Sanitätspersonal will die Landesregierung Wohnraum schaffen. Derzeit bietet ein Gebäude nahe dem Krankenhaus Bozen 150 Unterkünfte. Benötigt werden weiter 100 in Bozen sowie je 50 in Meran und Brixen. „Das Land wird nahe dem Krankenhaus Bozen eine landeseigene Fläche für einen Neubau zur Verfügung stellen, wo ab 2021 rund hundert Ärzte und Krankenpfleger unterkommen können“, kündigte der Arno Kompatscher an.
 

Blaue Kritik

 
Die SVP entdeckt vor den Wahlen die Wohnungsnot der Studenten“, reagiert der freiheitliche Landtagsabgeordnete Hannes Zingerle auf diese von der Landesregierung angekündigten Maßnahmen. Inhaltlich begrüßt der Oppositionsabgeordnete die Maßnahmen. “ Für Studierende an universitären Einrichtungen in Südtirol bietet das Land 656 Wohnmöglichkeiten in Heimen oder Apartments an. Die Auslastung – speziell in Bozen – ist jedoch bereits erreicht und auf dem freien Markt gibt es zu wenige leistbare Unterkünfte“, so Hannes Zingerle.
Gleichzeitig kritisiert der Freiheitliche aber die Ankündigungspolitik der Landesregierung und demaskiert sie als billige Wahlpropaganda der SVP. „Der Landtag lehnte erst im März mehrheitlich einen Beschlussantrag von mir zur Erhöhung der Anzahl von Studentenwohnungen ab“, erinnert Zingerle.
 
Der Antrag sah vor, sämtliche verwaltungstechnischen Schritte in die Wege zu leiten, um die Anzahl an Wohnmöglichkeiten für Studenten an universitären Einrichtungen in Südtirol an das Verhältnis zur Entwicklung der Studienplätze zu koppeln. „Einige Monate vor den Wahlen entdeckt nun plötzlich die SVP die Problematik der Wohnungsnot der Studenten und macht großspurige Ankündigungen, die aller Wahrscheinlichkeit am 22. Oktober 2018 vergessen sein werden“, meint der Freiheitliche.
Hannes Zingerle durchaus sarkastisch: "Anscheinend ist nun auch bei der SVP die Einsicht gereift, dass jede weitere geplante Expansion der Universität von Bozen nur dann Sinn macht, wenn die Studenten untergebracht werden können. Ein weiteres Wachstum ohne entsprechende Infrastrukturen ist nicht durchführbar“.
 

Grünes Co-housing

 

Die Bozner Grünen fordern hingegen eine nachhaltige Wohnungspolitik für die Landeshauptstadt. "Statt großer Neubauten und Wohngeld für StudentInnen müssen die Tausenden, frei stehenden Wohnungen nutzbar gemacht, die Grünflächen der Stadt konsequent geschont und alternative Wohnprojekte steuerrechtlich gefördert werden", fordern Corinna Lorenzi und Erica Fassa, Co-SprecherInnen der GrüneBz
Die Grünen fordern deshalb eine nachhaltige Wohnungspolitik mit Anreizen zum Vermieten und einer höherer Besteuerung leer stehender Wohnungen und Häuser. Auch die jahrelang als Rohbau stillstehenden Wohnblöcke (z.B. im Viertel Firmian) oder leer stehenden Bürohäuser (wie der ehem. Sitz des Alto Adige) könnten durch ähnliche Maßnahmen wieder auf den Markt kommen und genutzt werden.
Die Schaffung eines Garantiefonds für VermieterInnen (diese erhalten eine Garantie der Mietzinsbegleichung und reduzieren im Gegenzug die Mietpreise) könnte der Wohnungsnot ebenfalls Abhilfe schaffen. 
Außerdem sollten alternative Wohnprojekte wir Co-housing-Projekte, Wohnsyndikate und Wohngemeinschaften systematisch steuerrechtlich gefördert werden. 
"So kann ausreichend Wohnraum für StudentInnen, Sanitätspersonal, für ArbeiterInnen, Familien, Alleinerziehende, Geschiedene/Getrennte und ältere Menschen gefunden werden, ohne weiteren Boden zu verbrauchen und die Wohndichte in bestimmten Teilen der Landeshautstadt weiter zu erhöhen", meinen Fassa und Lorenzi. Und weiter: "Das wäre nachhaltige Wohnungspolitik."