Politik | SVP

„Es braucht einen personellen Neubeginn“

Arno Kompatscher redet in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung Klartext über Meloni, den Flügelkampf in der SVP und die Bedingungen für seine Wiederkandidatur.
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Foto: Othmar Seehauser
Ich verfolge eine klare Vision für Südtirol, dafür benötigt es eine breite Basis und eine Geschlossenheit. Ich würde andersrum auch mit allen Konsequenzen zur Kenntnis nehmen, wenn es für diesen Weg keine Mehrheit in der SVP gibt“, sagt Arno Kompatscher.
Auf seine Wiederkandidatur angesprochen meint der Landeshauptmann: „Diese Fragen sind im Herbst zu klären, damit ich rechtzeitig meine Entscheidung bekannt geben kann. Wir dürfen nicht nur in der Theorie diskutieren. Ich verlange Klarheit mit aller Konsequenz. In der Vergangenheit war das nicht immer so gegeben.
Seit Wochen hält sich Arno Kompatscher zurück. Interview-Anfragen lehnt der Landeshauptmann höflich, aber bestimmt ab. Kompatscher will im laufenden Flügelkampf in der SVP rund um die Parlamentswahlen nicht weiteres Öl ist Feuer gießen.
Jetzt hat der Landeshauptmann aber eine Ausnahme gemacht und dem Chefreporter der Tiroler Tageszeitung, Peter Nindler, ein Interview gegeben. Die Wahl dürfte kein Zufall sein. Nindler gilt als einer der versiertesten Kenner der Südtiroler Politik in Österreich.
Unter dem Titel „Meloni wäre eine Katastrophe für Südtirol, aber auch Italien“ redet Kompatscher in der TT Klartext.
Ich verlange Klarheit mit aller Konsequenz. In der Vergangenheit war das nicht immer so gegeben.
Der Südtiroler Landeshauptmann erklärt, dass ein Wahlsieg von Mitte-Rechts bei den anstehenden Parlamentswahlen massive, negative Auswirkungen auf Südtirol haben würde. Kompatschers schlimmste Befürchtung ist es, dass es zu einer autonomiefeindliche Regierung kommt, die eine breite Mehrheit hat oder sogar über eine Verfassungsmehrheit verfügt.
Zudem würde Italien in Europa weiter isoliert. Arno Kompatscher im TT-Interview:
 
Europafeindliche Töne sind in der Lega immer wieder zu hören, aber nicht durchgängig. Bei Meloni ist die Frage allerdings klar beantwortet. Sie vertritt eine ähnliche Ideologie wie Marine Le Pen in Frankreich und zählt Viktor Orbán zu ihren politischen Verwandten. Das wäre für Südtirol, aber auch für Italien eine Katastrophe. Für uns in Südtirol ist die Europäische Union der einzige zukunftsfähige Weg, der auch die Grenze Schritt für Schritt überwinden lässt.“
 
Peter Nindler spricht im Interview den Südtiroler Landeshauptmann aber auch auf den aktuellen Flügelkampf in der SVP rund um die Kandidaten zu den Parlamentswahlen an. „Natürlich ist eine Vorwahl auch eine Wahl darüber, was der jeweilige Bewerber repräsentiert. Wir sind eine Sammelpartei, da gibt es mehrere Strömungen, einen konservativen und einen liberaleren Flügel. Doch das ist nichts Neues in der SVP“, nimmt sich auch hier Kompatscher kein Blatt vor den Mund.
 
 
Auf die Affäre „Freunde im Edelweiß“ angesprochen, meint Kompatscher:
 
„Das Ganze hat der Südtiroler Volkspartei und insgesamt der Glaubwürdigkeit der Politik massiv geschadet. Es gab Versuche von einzelnen SVP-Mandataren zusammen mit Unternehmern, Entscheidungen der Regierung zu beeinflussen. Das wurde von meiner Regierung und von mir abgewehrt. Jetzt gilt es, verlorenes Vertrauen auf allen Ebenen wiederherzustellen. Deshalb benötigt es klare Botschaften an die Bevölkerung und unsere Wähler. Gleichzeitig geht es darum, diesen Neubeginn auch personell für die Landtagswahl 2023 sichtbar zu machen. Das muss uns gelingen.“
 
Die bisherige Aufarbeitung der Affäre ist dabei für Kompatscher noch nicht abgeschlossen. „Aus meiner Sicht ist in der SVP aber noch zu wenig Bewusstsein dafür vorhanden, dass wir uns mit klaren internen Spielregeln neu aufstellen müssen. Trotz aller Diskussionen benötigt es letztlich in der Partei und in der Landtagsfraktion Geschlossenheit. Das habe ich eingefordert, zugleich harre ich noch der Umsetzung“.
„Aus meiner Sicht ist in der SVP aber noch zu wenig Bewusstsein dafür vorhanden, dass wir uns mit klaren internen Spielregeln neu aufstellen müssen:
Dann spielt Arno Kompatscher den Ball an den SVP-Obmann weiter: „Diese Aufgaben muss Parteiobmann Philipp Achammer in die Hand nehmen.“ Gleichzeitig erwartet sich Kompatscher, dass SVP-Obmann bei seiner Wiederwahl auf der SVP-Landesversammlung am 3. September „klare Perspektiven aufzeigt und eine richtungsweisende Positionierung, wohin er die Partei führen möchte.
 
 
 
Kompatscher bestätigt auch im TT-Interview, dass es nach Schwierigkeiten in der Vergangenheit und einer Aussprache inzwischen eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm und Philipp Achammer gebe.
Die Wahlen finden erst in eineinhalb Jahren statt, so gesehen gibt es noch Zeit“, antwortet Kompatscher ausweichend auf Nindlers Frage nach seiner Entscheidung in Sachen Wiederkandidatur. Kompatscher im TT-Interview:
Ich bin sicher nicht jemand, der sich betteln lassen möchte oder persönliche Bedingungen stellt. Für mich geht es um mehr. Im Vordergrund steht die Frage, wie wir das Land gestalten und weiterentwickeln wollen.
 
Ich fordere neue Instrumente wie Fraktionsdisziplin für die politischen Entscheidungen.
 
Dazu so Kompatscher bedarf es aber auch eines Paradigmenwechseln in seiner Partei. „An diesen ehrgeizigen Zielen müssen wir uns als SVP inhaltlich und personell ausrichten“, so der Landeshauptmann. „Um das zu bewältigen und umzusetzen, fordere ich neue Instrumente wie Fraktionsdisziplin für die politischen Entscheidungen.
Spätesten jetzt wird mancher unterm Edelweiss ordentlich schlucken müssen.
 
 
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Johannes A. So., 14.08.2022 - 11:11

Ordentlich schlucken müssen vor allem demokratische und liberale Bürger angesichts der bisher latenten, nun offen auftretenden autoritären Tendenzen von Kompatscher bezüglich des "Fraktionszwangs" (auch als Fraktionsdisziplin getarnt)

"Der Fraktionszwang ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern verfassungswidrig,[1] da er gegen das Prinzip des freien Mandats verstößt"

Wir benötigen auch weiterhin kritische Abgeordnete, auch innerhalb der SVP, die die Exekutive in die Schranken weisen.

Ansonsten ist ihm bezüglich seiner Äußerungen zur Frau Meloni zuzustimmen.

So., 14.08.2022 - 11:11 Permalink
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Sebastian Felderer So., 14.08.2022 - 11:53

..... und ich weigere mich, auch bezüglich der Äußerungen zu Meloni zuzustimmen. Dass sich Kompatscher 2018 eine LEGA als Koalitionspartner unterjubeln ließ, bestätigt seine Schwäche schon damals und er wird 2023 nicht viel stärker sein. Dass ein Flügel seiner Partei stark mit Meloni liebäugelt, ist eine Tatsache. Na also. Wenn er seine SVP noch als Sammelpartei definiert, mit konservativem und liberalem Flügel, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Er wird wohl inzwischen verstanden haben, dass in der Partei zwar zwei Flügel herrschen, aber eben einer für ihn und einer gegen ihn. So gesehen, müsste man annehmen, das er dem sozialen Flügel angehört. Doch das ist bei Kompatscher weit gefehlt. Nein, ich würde eher zwischen Systemtreuen und "Wadlbeißern" unterscheiden. Das kommt der Situation schon näher. Der personelle Neubeginn kann im Frühjahr 2023 nur kommen, wenn alles weggeräumt wird, was schon lange liquidationsreif ist. Nachdem dies bei beiden Flügeln geschehen muss, wird der Landeshauptmann um ein "mea culpa" wohl nicht umhin kommen. Zehn Jahre Rückschritt und Abbau sind genug für Südtirol. Auch die Belastung der "blockfreien" Bevölkerung hat ihre Grenzen. Neubeginn ja, aber dann an den Wurzeln, sonst wachsen immer dieselben Wasserschösse nach.

So., 14.08.2022 - 11:53 Permalink
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Georg Markart So., 14.08.2022 - 14:36

Antwort auf von Sebastian Felderer

Vorweg,ich bin nicht unbedingt ein SVPler. Die SVP zu kritisieren ist einfach,wenn man dafür keine Alternative angibt,oder hätten sie Herr Felderer eine Partei und Namen parat, welche das Zeug hätten Südtirol besser zu vertreten? Ihr Argumet,daß es die letzten Zehn Jahre nur Rückschritt und Abbau in Südtirol gegeben ist weit hergeholt, aber dafür LH Kompatscher verantwortlich zu machen und er weggeräumt gehörte, finde ich äusserst beschämend.

So., 14.08.2022 - 14:36 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 15.08.2022 - 09:56

Antwort auf von Georg Markart

Zum Ersten, Herr Markart: Ich muss leider eingestehen, dass es im Moment sehr traurig aussieht mit Alternativen. Dies entschuldigt die Mehrheitspartei aber nicht, Raubbau mit Südtirol zu betreiben. Eine Koalition zwischen drei oder vier Oppositionsparteien, ohne F und SF, könnte eine entscheidende Quote erreichen, die eine SVP in Schwierigkeiten bringen kann. Das wäre schon ein Anfang.
Zum Zweiten, Herr Markart: Ich bin politikerfahren und nüchtern genug, um zu wissen, was ich schreibe. Beschämend ist ein Verhalten der Mehrheitspartei und der Politik im allgemeinen. Der Abbau speziell politisch und verwaltungsmäßig gesehen, ist "mit Latten zu greifen" und für jeden sichtbar, der sehen will. Dass Kompatscher mit seinem Zaudern und Taktieren einen sehr großen Anteil an Schuld daran trägt, ist offensichtlich. Nicht gelöste Probleme stauen sich und werden nur größer. Ein Bruderzwist an höchster Stelle über Jahrzehnte ist einfach nicht tragbar. Wenn Kompatscher von personeller Erneuerung spricht, dann kann er ruhig den ersten Schritt machen. Ich schäme mich bestimmt nicht dafür.

Mo., 15.08.2022 - 09:56 Permalink
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Sebastian Felderer Mo., 15.08.2022 - 10:05

Antwort auf von Am Pere

AM PERE, zwar unter Decknamen, aber ein aufmerksamer salto-Leser! Ich habe dies tatsächlich versprochen und auch eingehalten. Ich habe keinen Beitrag mehr auf salto.bz veröffentlicht. Die Genossenschaft im Hintergrund verdient es sich nämlich nicht mehr, dass die community einer Plattform weiterhin dient. Geburtshilfe war schon mehr als genug. Dass ich Beiträge kommentiere, das werden Sie mir wohl eingestehen müssen. Dazu werde ich bestimmt nicht um Ihre Erlaubnis bitten. Ich mach das immerhin unter meinem vollen Namen, weil ich selbstbewusst genug dafür bin. Also werfe ich den ersten Stein. Und Kompatscher soll keinen Stein werfen, sondern das Handtuch.

Mo., 15.08.2022 - 10:05 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 14.08.2022 - 17:20

Der CSU-Mann Manfred Weber, derzeit Präsident der Europäischen Volkspartei und großer Spezi unseres Herbert Dorfmann, wird demnächst wohl wieder nach Rom reisen, um für Berlusconi und damit für die Meloni Werbung zu machen. Das sind die "Freunde" der Volkspartei. Dagegen klingen die Worte Kompatschers recht hilflos.

So., 14.08.2022 - 17:20 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 15.08.2022 - 07:31

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Berlusconi und Meloni sind "Freunde" eines Teils der Volkspartei. Jenes Teils, der veruscht eine Palastrevolution anzuzetteln, damit die Dynastie mit dem klingenden Namen sich ihr Kaiserreich wieder aneignen kann. Es liegt an den fortschrittlich denkenden Südtirolern, keinen Absolutismus im Land mehr zuzulassen.

Mo., 15.08.2022 - 07:31 Permalink
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Robert Hölzl Mo., 15.08.2022 - 11:13

Der typische Kompatscher. Jeder andere in der Partei muss etwas tun, nur er nicht. Aber dass Kompatscher lieber redet und mit Politgrößen auf Veranstaltungen und in der Zeitung präsent ist, ist bekannt. Und ich gehe mit der Meinung konform, dass Kompatscher von allen Landeshauptleuten in Südtirol (soweit ich sie selbst erlebt habe und das sind insgesamt 4) der schlechteste ist. Aber alle, die derzeit als mögliche Nachfolger im Gespräch sind oder sich in Position bringen, werden leider noch schlechter sein. Und das sagt viel über die SVP aus.

Mo., 15.08.2022 - 11:13 Permalink
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rotaderga Mo., 15.08.2022 - 11:31

Ich erwehre mich des Eindruckes nicht, dass die gesamte Opposition in Südtirol nur ein Hofnarren-Dasein haben will/darf; von der Regierungspartei und ihren "Granden" selbst immer wieder in Szene gesetzt um selbst "besseres Bild" zu geben.

Mo., 15.08.2022 - 11:31 Permalink