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Überwachungsinstrument oder Werkzeug?

Wo verwischt Privatheit und Öffentlichkeit? Wie können grundlegende Rechte und Freiheiten bewahrt werden? Eine Ausstellung im Fotoforum in Bozen sucht nach Antworten.
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Foto: foto forum

Nach „Chapter 2 - The Hierarchy of Images“ und „Chapter 2 - The Conflict of Images“, schließt das Fotoforum diese Trilogie mit „Chapter 3 - The Control of Images“. Mit dieser Serie hat man sich zum Ziel gesetzt, sich mit aktuellen Formen dokumentarischer Fotografie auseinanderzusetzen. Präsentiert wurden und werden Positionen, welche sich auf kritische und reflektierende Weise mit wichtigen Themen der zeitgenössischen, globalisierten Gesellschaft beschäftigen. Bei jeder Ausgabe wurden sowohl junge Vertreter dokumentarischer fotografischer Arbeit eingeladen und vorgestellt.

Bei der dritten Ausgabe steht das Thema der Kontrolle und Überwachung im Zentrum, mit der kritischen Beobachtung problematischer gesellschaftlicher Prozesse. Es wird kritisch hinterfragt, wie sehr in unseren tagtäglichen Verrichtungen kontrolliert werden, durch Überwachungskameras, über Internet, Google, etc.
Anhand von gesellschaftlich engagierter Fotografie werden aber auch Prozesse sichtbar gemacht, welche maßgeblich auf das soziale, wirtschaftliche und ökologische Handeln einwirken, indem Ungerechtigkeiten, Misswirtschaft und geheime Machenschaften aufgedeckt werden. Die Ausstellung macht deutlich, wie Fotografie sowohl Überwachungsinstrument als auch Werkzeug sein kann, um dessen negatives Wirkungspotential offenzulegen und herauszufordern. 

Die in New York, Amsterdam und Mexico City lebende niederländische Künstlerin Anouk Kruithof dekonstruiert in ihren Arbeiten digitale Instagram Bilder der TSA (Transportation Security Agency). Die Arbeiten des Projektes „Concealed Matters“ zeigen nicht nur beschlagnahmte Waffen, sondern auch Passbilder jener Personen, denen diese Waffen abgenommen wurden. Die Portraits wurden anhand einer bestimmten Software verwischt und unkenntlich gemacht, sodass sich die Gesichter in gepixelte Farbfelder auflösen. Diese vergrößert die Künstlerin und druckt sie auf dünne Latextücher, welche in einer installativen Präsentation über Überwachungskameras gehängt werden. 

Der in Berlin lebende deutsche Fotokünstler Julian Röder richtet seinen Blick auf eine Wachtruppe der vieldiskutierten Frontex, die anhand von Satellitentechnologie, hochauflösenden Kameras und Drohnen die europäischen Grenzen vor Schlepperbanden und illegalen Einwanderern bewacht. Die Arbeiten aus der Fotoserie „Mission and Task“ können buchstäblich als Gegenbilder verstanden werden, indem der Künstler seinen Blick nicht auf die im fotografischen Bild immer wieder zu Objekten degradierten Flüchtlinge richtet, sondern eben auf jene, die diese Flüchtlingsbewegungen bewachen.

Der Schweizer Fotokünstler Jules Spinatsch hingegen verwendet für seine Arbeit eine computer-kontrollierte Fotokamera. Diese installierte er in zwei Gebäuden, deren architektonische Strukturen frappierende Ähnlichkeiten aufweisen: Das Firmengebäude von SAP Walldorf, welches Software für Überwachungsprozesse herstellt, und die Justizvollzugsanstalt Mannheim. So macht der Künstler Analogien zwischen diesen beiden Orten der Kontrolle auf erschreckende Weise sichtbar.

Eine Katalogreihe, welche im Rorhof Verlag erscheint, begleitet die Ausstellungen, wobei von Projekt zu Projekt je ein neuer Band erstellt wird. Nach Abschluss des Projektes werden alle Einzelhefte in einem gemeinsamen Buch veröffentlicht. Dazu werden jeweils bekannte Autoren eingeladen, Texte zu den einzelnen Fotograf/innen zu verfassen.