Gesellschaft | Soziales

„Das ist gelinde gesagt eine Frechheit!“

Gewerkschaftsvertreter Tony Tschenett übt harsche Kritik an der Entscheidung der Landesregierung, Änderungen bei den Leistungen der finanziellen Sozialhilfe vorzunehmen.
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Foto: SGB Cisl
Gestern (13. Dezember) hat die Südtiroler Landesregierung einige Änderungen zu den Maßnahmen der finanziellen Sozialhilfe genehmigt. Wie die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg erklärte, seien diese Anpassungen nötig, um einerseits Klarheit für die zuständigen Mitarbeitenden zu schaffen, andererseits aber würde durch die Änderungen bei der Einkommensberechnung der Kreis derjenigen, die Anrecht auf die Leistungen haben, erweitert. Konkret geht es bei den angesprochenen Änderungen um die Einkommensgrenzen beim Beitrag für Miete und Wohnungsnebenspesen: Künftig werden Einnahmen von bis zu 5.000 Euro für alle Familienmitglieder unter 26 Jahren nicht mehr berücksichtigt. Auch gelegentlich von Verwandten ersten Grades erhaltene Beträge bis zu 1.000 Euro pro Gesuch werden nicht mehr als Einkommen gezählt.
 
 
 
Dieser Beschluss der Landesregierung habe mehr Tiefen als Höhen, kritisiert Tony Tschenett, Vorsitzender des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB), und zeigt sich besonders erbost über die 1.000-Euro-Grenze bei Geldgeschenken von Verwandten ersten Grades. „Es ist gelinde gesagt eine Frechheit, wenn einer Oma, die in Abwesenheit der Eltern auf das Enkelkind schaut, für dieses kocht und dafür einen finanziellen Beitrag der Eltern erhält, die Summe über 1.000 Euro als Einkommen berechnet wird. Dieses Prozedere, welches einige Sozialsprengel gemäß diversen Gerichtsurteilen bereits nicht konform mit geltendem Recht angewandt haben, hat dazu geführt, dass vielen Antragstellern das Gesuch abgelehnt wurde. Nun soll diese Untugend mittels Gesetz legitimiert werden“, so Tschenett, der darauf verweist, dass bereits jeder Antragsteller dazu verpflichtet ist, dem Gesuch eine EEVE-Erklärung beizulegen. Die eventuelle Zuwendung beeinflusse bereits den Durchschnittssaldo des betreffenden Jahres.
 
Warum soll diese Zuwendung als Einkommen zählen?
 
„Warum soll diese Zuwendung als Einkommen zählen?“, fragt Tschenett und gibt zu bedenken, dass es sich dabei um eine simple Unkostenpauschale handeln könnte. Der ASGB-Chef hegt Zweifel daran, dass dieses Vorgehen rechtskonform ist und kündigt eine rechtliche Prüfung dieses Beschlusses an. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Vorhaben, finanzielle Zuwendungen von Verwandten ersten Grades als Einkommen zu deklarieren, rechtlich bestand hat. Auf alle Fälle ist dieses Vorgehen nicht sozial und benachteiligt viele Betroffene, die den Beitrag dringend benötigen, um über die Runden zu kommen.“ Dass künftig für den Beitrag für Miete und Wohnungsnebenspesen Einnahmen von bis zu 5.000 Euro für alle Familienmitglieder unter 26 Jahren nicht mehr berücksichtigt werden, sei ebenfalls ein Punkt, der abzulehnen sei, so Tschenett, der zumindest einen unterstützenswerten Ansatz in diesem Maßnahmenpaket findet: Nach über zehn Jahren würden die Beiträge des Sozialen Mindesteinkommens endlich angepasst. Allerdings missfällt dem ASGB-Chef die Tatsache, dass die Sozialpartner hinsichtlich der Überarbeitung der finanziellen Sozialhilfe nicht angehört wurden, „ansonsten wäre diese in der Form niemals durchgegangen.“