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Von der Schublade auf den Stimmzettel

Kein Quorum, kein bindendes Ergebnis; in extra eingerichteten Wahlsitzen und möglichst nicht zeitnah zu den Wahlen: So soll die Befragung zum Benko Bis stattfinden.

Seit seinem Antritt als kommissarischer Verwalter der Stadt Bozen Anfang November vergangenen Jahres hat sich Michele Penta eingehend mit einem der heißesten Eisen in der Landeshauptstadt beschäftigt. Wollte er anfänglich keine Hand an das “Benko Bis” legen, ist er kürzlich doch zum Schluss gekommen, dass es wohl an ihm ist, eine Entscheidung zu treffen. Würde er untätig bleiben, könnte ihm der Vorwurf der unterlassenen Amtshandlung drohen. Seit gestern, 14. Jänner, können die Unterlagen der von der Dienststellenkonferenz überarbeiteten “Programmatischen Vereinbarung zur städtebaulichen Umstrukturierung des Areals zwischen der Garibaldistraße, Südtiroler Straße und Perathonerstraße” auf der Webseite der Gemeinde konsultiert werden.

30 Tage lang werden sie auch in der Gemeinde sowie in den Bürgerzentren zur Einsicht aufliegen. Doch wie geht es dann weiter? Die anfänglichen Gerüchte um eine Miteinbeziehung der gesamten Stadtbevölkerung konkretisieren sich von Tag zu Tag. Beteiligen sollen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht in Form einer “informellen Umfrage”, wie SVP-Stadtobmann Dieter Steger vermutete, sondern auf Basis einer jener direktdemokratischen Instrumente, die in der Bozner Gemeindeordnung vorgesehen sind.


Die Grundlage

Ein “richtiges” Referendum – eine Volksabstimmung mit beschließendem oder abschaffendem Charakter und bindendem Ergebnis – wäre in diesem Fall aber nicht möglich. “Maßnahmen, die sich auf die Bauleitpläne, auf die entsprechenden Durchführungspläne und deren Änderungen auswirken” sind laut Art. 59 des Statuts der Gemeinde Bozen von einer verbindlichen Abstimmung ausgenommen. Aus diesem Grund prüft Kommissär Penta derzeit, wie ein anderes Instrument der Bürgerbeteiligung angewandt werden könnte: die Volksbefragung. Deren Inhalt kann nämlich von den Bestimmungen zur Volksabstimmung abweichen; das Ergebnis ist ebensowenig bindend wie ein Quorum vorgesehen ist.

Die Befragung kann im Rahmen von Versammlungen, auf informatischem und telematischen Weg, in Form von Fragebögen, Meinungsumfragen und in “anderer angemessener und zweckdienlicher Form” erfolgen, so die Regelung im Gemeindestatut. “Auf jeden Fall muss [jedoch] eine geeignete öffentliche Bekanntgabe gewährleistet sein, die eine möglichst umfangreiche Teilnahme an der jeweiligen Befragung gewährleisten.” So steht es in Art. 36, Absatz 2, der Ordnung zur Bürgerbeteiligung, in dem die genaue Vorgangsweise bei Abhaltung einer Volksbefragung festgehalten ist.

Geht es nach Michele Penta, wird die Befragung im klasssichen Stil stattfinden: “Mit einem Stimmzettel, auf dem eine kurze und klare Frage, die ich formulieren werde, mit Ja oder Nein beantwortet werden kann”, verrät der Kommissär im Gespräch mit der Tageszeitung Dolomiten. Dazu will er über die gesamte Stadt verteilt mehrere Stimmabgabe-Zentren einrichten. “Um Missverständnisse zu vermeiden” allerdings nicht in den traditionellen Wahlsitzen wie etwa den Schulen, präzisiert Penta im Corriere dell’Alto Adige.


Die weiteren Schritte

Bleibt noch die Frage nach dem Datum. Ein möglicher Termin wäre Sonntag, der 21. Februar 2016. Dann nämlich werden die fünf Bürgerversammlungen, die Penta für die Woche vom 15. bis 20. Februar in den einzelnen Stadtvierteln anberaumt hat, beendet sein. Auf jeden Fall soll die Volksbefragung mit einem gewissen Abstand zu den Gemeinderatswahlen stattfinden, ist der Kommissär überzeugt. Nach der Befragung liegt es wieder an ihm, die überarbeitete Programmatische Vereinbarung zu unterzeichnen – oder nicht. Setzt er seine Unterschrift, ist das Projekt allerdings noch nicht durch. Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher wird als Vertreter der Provinz ebenfalls unterschreiben müssen.

Erst dann wird es dann eine weitere Frist von 30 Tagen geben, innerhalb derer eigentlich der Bozner Gemeinderat über das Projekt befinden müsste – wie an jenem denkwürdigen 23. Juli 2015. Aktuell verkörpert allerdings der Kommissär selbst den Gemeinderat – und wird es bis zu den Neuwahlen im Mai auch weiterhin. So wie es derzeit aussieht, liegt also die Zukunft des “Benko Bis” in den Händen eines einzigen Mannes: Michele Penta. Der sich die Hände gebunden sieht: Seit die neue Vereinbarung auf dem Tisch liege, “musste ich die weiteren Schritte ergreifen”, gesteht er den Dolomiten: “Ich kann das Projekt nicht in der Schublade liegen lassen.”