Politik | Eiertreter*in

Die Heiligen Drei Könige

Im Stahlgewitter der Wocheninzidenz werden Männer zu Helden geschmiedet - oder Luschen zu Kanonenfutter.
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Krone
Foto: Pixabay

Landhaus 1, Etage 2

Scheiß Sars-CoV-2, Scheiß Covid, Scheiß Pandemie - auf den ersten Blick. Auf den Zweiten siehst du wie durch ein Brennglas, was alles schief läuft im heiligen Land Süd-Tirol (für diese Schreibweise gib's sicher ein Fleißbildl vom Sven). So eine Pandemie ist aber auch die größte Gemeinheit wo gibt. Da bestand jahrzehntelang die einzige Aufgabe der Partei, sprich Landesregierung darin, das Füllhorn der Verlustbeiträge, Subventionen und Gefälligkeiten über ihren Günstlingen auszuschütten und plötzlich muss sie abwägen, welcher Interessenverband die wenigsten Wählerstimmen für eine Wiederwahl aufbringt - wer also als erstes vor den Konkursrichter geht. Vor dem Chinesenvirus musste sie entscheiden wo zuerst die Bagger auffahren: Untertunnelung der Jörgina, Verlängerung der Nordumfahrung bis zur Straße nach Pfalzen oder doch die Ausfahrt nach Reischa an der Südumfahrung? Okay, so tragisch es ist, dass irgendeine Rauschkugel vor der GKN zwei Schulmadler umgrattlt und halb Stegen nur Aussicht auf eine Lärmschutzwand hat, muss man doch zugeben, wie wichtig es ist, dass an Spitzentagen bis zu 25.000 Skifahrer flott auf den Kronplatz kommen. Deshalb stand nie wirklich die Frage im Raum, welches Einweichungsband als erstes durchschnitten wird. Ich meine, 25.000 Pistensäue, die sich nicht mehr durch Stefansdorf plagen müssen, sind das Stimmenpotenzial für zwei Landesräte.
Heute wie heute (gepriesen seist du, Heiliger Silvius, für die schönste Eindeutschung aller Zeiten) ist der Ermessensspielraum darauf beschränkt, dass sie die Industriellen der Tourismusbranche für ihre Antigen-Tests zahlen lässt, aber die PCRs der Klauber übernimm. Klar, der beste Ackergaul im Stall ist selbst Bergapfelbauer - da kann man sowas schon mal machen.

Was wir in dieser Krise brauchen ist mit alten Gewohnheiten brechen - die Einsicht, dass nach 72 Jahren #Zomholten-Einheitsbrei, sorry -partei, es auch mal ein kollektiver Rücktritt sein darf. Ist schwer. Ist wie mit dem Tschiggn aufhören. Kann ein Lied davon singen. Aber, lieber Fluss der durch Florenz fließt, du hast ja schon geübt: Salamitaktik. Jetzt zusätzlich zur täglichen landeshäuptlichen Verordnung eine Jeden-Tag-eine-gute-Tat-Pfadfinderentscheidung - dann ergibt sich das Loslassen von der Macht von ganz alleine. Unpopuläre aber überfällige Entscheidungen: Flurbereinigung beispielsweise. Das Herzogtum Lajen mit dem Stadtstaat Waidbruck fusionieren. Das Fürstentum Kuens im Königreich Riffian aufgehen lassen. Oder die an Makler und Bauunternehmen durchgereichte Wohnbauförderung auf Null setzen. Heißt es nicht immer der freie Markt reguliert sich selbst? Kein Steueraufkommen, keine Subvention - für dringende Fälle haben die Bauern ja ihren Notstandsfond. Apropos. Man sollte aufhören gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen. Wenn die Medienkrake ohne die jährlichen sechs Millionen Steuergeld nicht über die Runden kommt, muss sie eben dicht machen. Presseförderung für Zeitungen sprachlicher Minderheiten - morgen betteln dann die Frisöre, weil sie einer sprachlichen Minderheit zwar nicht das Gehirn, aber zumindest den Kopf waschen oder die Fitnessstudios, die den minderheitlichen (mens sana in corpore sano) Adoniskörper stählen. Ich schweife ab.
Was garantiert hilft dieser Partei den Garaus zu machen, ist keinerlei Paradigmenwechsel in der Coronapolitik: Weiter mit Appellen an den gesunden Menschenverstand (Südtiroler und Menschenverstand beißen sich a priori) und gleichzeitig 280 Euro für einen Pims und 400 für einen Tschigg in der Öffentlichkeit strafen. Weiter den Leuten erzählen, dass sie ihre Kredite stunden können und dabei nicht auf die Beobachtungsliste gesetzt werden; sozusagen als „Notleidend“ eingestuft werden. Weiter euren Expertenrat aus Pinzger, Moser und Konsorten konsultieren. Weiter Kompetenz heucheln, anstatt sich mal hinzustellen und zu sagen: „Alles Scheiße, Deine Elli“.

Da aber diese Partei ihre Sprösslinge nie zu einer Fehlerkultur erzogen hat, sondern nur zu Maurern, wird das alles nicht passieren. Irgendwie hatte ich schon 2013 ein komisches Gefühl. Zuerst hat der LH immer getönt, er mache den ganzen Zinnober allenfalls zwei Legislaturen mit - dann ist Schluss. Eineinhalb, vielleicht zwei Jahre nach der Amtseinführung, saß er plötzlich mit meiner Klasse zusammen - so eine Art Town-Hall-Meeting wie man heute auf Neudeutsch sagt - und einer meiner Pimpfe war sich nicht zu blöde ihn zu fragen, wie ihm denn der neue Job so gefallen. „Immer besser“, hat er mit einem Schmunzeln gemeint. Apriti cielo! Im Hintergrund hallte noch der Rentenskandal nach, deine Schwammlpartei ist der selbe zerstrittene Haufen wie eh und je und im Jagdblatt rutschst du langsam von Seite drei auf Seite 19 durch. Errata corrige: Nach Wolf und Bär hat der Oberheger & Pfleger vom Weinbergweg (der sich 2015 von Delegierten aus 30 europäischen Ländern zum Präsidenten von FACE - European Federation for Hunting and Conservation wählen ließ - ein Dachverband der Wildmörder und Wilderer) auch dich zum Abschuss frei gegeben. „Immer besser“.
Immer noch? Ich hoffe für uns und die dritte Welle, dass du mittlerweile kapiert hast, dass du dich, mit den Appellen „sich jetzt aber wirklich an die AHA-Regeln zu halten“, zum Horst machst. Glaubst du tatsächlich, die Pudelheber in Rain kümmern die Mutanten im Vinschgau? Die Schwierigkeiten des Tirolers mit Obrigkeit sind genetisch programmiert. Als einzige Mutation lässt sich ein Hang zum Kriechertum ausmachen, wenn er einen Beitrag braucht.

Ich verstehe dein Dilemma; die Verantwortung an der du schwer trägst; warum du dich nicht einem politischen Harakiri hingeben kannst: Land und Feld nach 2023 den Bubis von The Bros überlassen, ist irgendwie keine Option. Obwohl, du könntest es darauf ankommen lassen! Die Gelben, Blauen oder Grünen können den Karren mindesten genauso gut an die Wand fahren wie deine Partei: Kontrolle braucht Macht! Noch besser: Pöder for President. Auf Zwitscher ist es so langweilig seit das Trumpeltier nicht mehr posten darf. Der Andrè wäre der beste Fake-Newser ever.

Landhaus 3a, Etage 5

Scheiß Corona. Da kommen die Sünden der Vergangenheit an die Oberfläche, wie ein Stronzo in der Klosettschüssel. Bei der Sanität hat er sogar einen Namen: Informatik. Moment! War der Flori nicht ursprünglich Programmierer? Der wird doch nicht selbst das Excel Spreadsheet verbrochen haben, das, oh Wunder, die ganzen Positiven in Lana verschwinden ließ? Die ganze Sparkassenstraße 4 in der Weltlandeshauptstadt keine Ahnung von Mathe. Jeden Tag das selbe Geplärre im Boazner: „Die Zahl der Intensivpatienten ist weiterhin besorgniserregend hoch“. Hallo?! Vierzig-etwas ist nicht einmal die Hälfte, der zur Verfügung stehenden 100 Intensivbetten im Hoamatl.
Halt! Die pandemische Datenpanne passiert auf einer viel höheren Ebene. Beim Auslesen der Zahlen in der fünften Etage von Landhaus 3a, um genauer zu sein. Genau, da hockt der, dessen Name ich niemals nenne. Der FFP2-Masken verkehrt rum aufsetzt, weil er keine Erfahrungswerte hat - musste das ganze Jahr demonstrativ die Schlauchhudern des Cousins tragen. Der sich so genau an die eigenen Hygieneregeln gehalten hat, dass es ihn schon in der ersten Welle erwischt hat ...
Der wird noch eine ganze Weile weiterwurschteln. Sie haben geglaubt der LH schickt ihn in die Wüste? Die Ertrinkenden sitzen doch alle im selben Boot. Eine Zweckgemeinschaft. Außerdem, wenn man mich abservieren würde, würde ich dem Lockdown-Volksport fröhnen: Entrümpeln des Kellers - von den Leichen der Parteifreunde. Was glauben Sie, was in dreißig Jahren so zusammen kommt? Ich - rachsüchtig und ohne Moral und Anstand wie ich bin - würde einen Racheporno initiieren: Dem erstbesten Schreiberling dieses Portals unter der Wahrnehmungsgrenze stecken, wer wen bei der letzten Parteileitungssitzung gefickt hat. Was? Passiert ohnehin? Okay.
Sie müssen das Osagln selbst in die Hand nehmen. Laut Wahlgesetz Nr. 14 vom 19 September 2017 wird „an einem Sonntag innerhalb dem vierten Sonntag vor und dem zweiten Sonntag nach Ablauf der Fünfjahresperiode“ gewählt: Ich sage jetzt mal frech am 5. November 2023 - Wahlen sind für die Mutterpartei ja eine Zitterpartie geworden: je später der Wahltag, desto länger können sie noch die Opposition tratzn - bevor sie selbst zu selbiger werden. Ab heute gerechnet, haben Sie also in genau 965 Tagen Gelegenheit den Landesrat für Selbstmarketing loszuwerden - und den Rest gleich mit. Habe ich übrigens mit einem dieser Tagerechner im Internetz ausgerechnet. Hab's nicht so mit Algebra. Wenn ich Landtagssitzungen im Livestream verfolge und 15 SVP-Handaufheber mit den Dödeln der Lega zusammenrechne, kommt als Ergebnis immer eine Null heraus. Nicht, dass ich bei den Gegenstimmen der Opposition unterm Strich etwas anderes errechnen würde.

Landhaus 7, Etage 3

Weil wir schon bei Zahlen sind. Summa summarum habe ich in einem Jahr Covid etwa 5.000 Euronen gespart: Kein Cron4, kein Stadttheater. Ganz zu schweigen von den ganzen Veranstaltungen Land auf, Land ab: Antholz, Oswald von Wolkenstein Ritt, Ranggln in Pseier, Ritterspiele in Schluderns … die Fashionshows auf dem Dorfplatz in Zusammenarbeit mit Mode Hudern feat. Brautmoden Honeymoon - mit dieser unsäglichen Moderationstante, bei der du unschlüssig bist, ob das nur peinlich oder schon zum Fremdschämen ist. Überall wo blauer Rauch aufging, war meine Leber mit dabei. Jetzt ist über allen Gipfeln Ruh. Keine Kunst und Kultur - also die Saufgelage, die man hierzulande für Kulturveranstaltungen hält. Gut so. Unser Kulturlandesrat braucht seine ganze Energie für sein Wirtschaftsressort … die Schule … Moooment … die Obmannschaft.
Ich bewundere ja die Kapazunder unterm Edelweis, wie den Herrn Anwalt, der nebenbei noch Bankpräsident ist, in so-und-sovielen Aufsichtsräten sitzt und irgendwann auch noch Wirtschaftssprecher war und beim Bahnhofsareal in Bozen mitmischte … na, na, bei letzterem hockt jetzt der Tausendsasser aus St. Lorenzen, der BBT-STA-Borgomastro.
Wo nehmen die Leute die Zeit her? Ich bin mit der Vize-Präsidentschaft unseres Vereins „Freunde der Briefmarke“ schon überfordert. Gott sei Dank, habe ich sofort ausgeschlagen unseren Auftritt in den asozialen Medien zu pflegen. Anstatt Häme auf Gesichtsbuch.com oder Instantgramm zu kassieren, widme ich die Zeit lieber der Pflege meiner drei Roten Mauritius. Nach allem was man bei uns im Pustertal so hört, ist man von der verbalen Steigerungsstufe: Achammer-Lachhammer-Lachnummer zu Handfesterem übergegangen, was vom Brunecker Krankenhaus auf's heftigste dementiert wird. Blöd gelaufen. Da startest du 2018 als Superlandesrat und landest 2021 als Landeskasper für Überforderderung, un comune mortale - come noi.
Gibt es ein schöneres Beispiel für das Peter-Prinzip? Laut der These von Laurence J. Peter wird jeder solange in einem Job befördert, bis er das Maximum an Unfähigkeit erreicht hat - weil seine Qualifikation schlicht nicht mehr ausreicht. Das Ergebnis wird uns in der Andreas-Hofer-Straße in Bozen eindrücklich vor Augen geführt: „Mittelmäßige Menschen treffen mittelmäßige Entscheidungen“, sagt der Immunologe aus Sarnthein immer. (Nebenbei, die Antwort auf die Sonntagsfrage wäre heute eine andere als 2018. Heute würden mehr als 4.234 Wähler für Nr. 13 - Gänsbacher Bernhard Franz Georg (Bernd) stimmen. Tja, dumm gelaufen - wäre das depperte Virus zwei, drei Jahre früher aufgetaucht, wäre der Gänsi heute Gesundheitslandesrat.)
Wo war ich? Ah ja: Mittelmäßigkeit. Ist wie ein Virus, das sich durch die Gesellschaft frisst, mit dem Unterschied, dass Süd-Tirol schon seit Jahrhunderten Herdenimmunität hat. Mittelmäßige Menschen wählen mittelmäßige Entscheider. Wir haben genau die Regierung, die wir verdienen - auch ohne Scheiß Sars-CoV-2, Scheiß Covid …