Wirtschaft | EuGH-Urteil

Ein Schaden für Europa?

Der EuGH verpflichtet Arbeitgeber, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten penibel zu erfassen. Warum Gert Lanz das für “eine Absurdität” und “einen Rückschritt” hält.
Uhren
Foto: Pixabay

Gewerkschafter in ganz Europa sind erfreut. Arbeitgeberverbände hingegen schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) befunden: Arbeitgeber in der Europäischen Union müssen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch und vollständig erfassen und dokumentieren. So sollen Arbeitnehmer vor unbezahlter Mehrarbeit geschützt werden.

“Das ist eine Absurdität”, schreit nun Gert Lanz auf. Wie viele Wirtschaftsvertreter befürchtet der SVP-Fraktionssprecher (und ehemalige lvh-Präsident), dass auf die Betriebe und insbesondere Kleinbetriebe nun eine enorme bürokratische Belastung zukommen wird. Außerdem widerspreche die penible Erfassung der Arbeitszeit “den realen Bedürfnissen von Betrieben und Arbeitnehmern”, ist Lanz überzeugt.

“Es wäre der reine Wahnsinn. Dieses Urteil schadet Europa!”, lässt sich der SVP-Fraktionssprecher in einer Aussendung aus. “Sicher müssen die Rechte der Arbeitnehmer geschützt werden, doch weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber hätten wirklich Vorteile bei einer vollständigen Arbeitszeiterfassung wie sie der Europäische Gerichtshof nun vorsieht. Im Gegenteil: Flexibilität und Vertrauen würden verlorengehen. Arbeitgeber müssten ihre Mitarbeiter kontrollieren und Mitarbeiter würden ihrer Selbständigkeit und Kreativität im Arbeitsalltag beraubt.”

 

 

Während sich viele Arbeitnehmer nun mit einer weiteren Frage auseinandersetzen müssen – wann und wo beginnt Arbeit in Zeiten von Homeworking, in denen die Grenzen zwischen Job und Freizeit zunehmend verschwimmen eigentlich? –, ist das EuGH-Urteil für Gert Lanz “ein großer Schritt zurück”: “Wir sind im 21. Jahrhundert, wir bieten flexible Arbeitszeiten, um den modernen Arbeitsanforderungen zu entsprechen und nicht zuletzt dem Fachkräftemangel in allen Branchen entgegenzuwirken – und nun sollen wir die Stechuhren einführen? Das ist absolut widersprüchlich und unzeitgemäß!”

Das Gerichtsurteils verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten, “ein objektives und verlässliches Instrument zur kompletten Zeiterfassung einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann”. Über die Umsetzung und die Art des Systems können die einzelnen Länder selbst bestimmen. “Ich werde mich auf jeden Fall vehement dafür einsetzen, dass Südtirol eine maßgeschneiderte Lösung erhält”, kündigt Lanz an.

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Karel Hyperion Do., 16.05.2019 - 10:59

Da fürchtet sich wohl jemand davor dass 1. ein Arbeitnehmer auf die Idee kommen könnte für seine Arbeit auch angemessen bezahlt werden zu wollen und 2. vor einer realistischen Kostenrechnung seiner eigenen Produkte (welche Art von Unternehmern interessiert das eigentlich nicht?).

Do., 16.05.2019 - 10:59 Permalink