Gesellschaft | väter aktiv

Der Club der Väter

Seit 2013 setzt sich „väter aktiv“ für die Anliegen von Vätern ein und sensibilisiert für ein neues Rollenverständnis. Geschäftsführer Michael Bockhorni im Gespräch.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Väter Aktiv

Herr Bockhorni, Sie sind nicht nur Geschäftsführer von „väter aktiv“, sondern haben den Verein 2013 auch gemeinsam mit anderen Vätern gegründet. Was hatte damals den Anlass zur Gründung gegeben und wie hat sich der Verein seither entwickelt?

Im Sommer 2013 lebten die fünf Gründungsväter des Vereins in Trennung. Bis dorthin hatte jeder von uns eine aktive Vaterschaft gelebt und musste dann im Zuge der Trennungsverfahren feststellen, dass das nicht mehr so einfach möglich war. Mit der Gründung des Vereins wollten wir Väter in ähnlichen Situationen dabei unterstützen, weiterhin aktive Väter sein zu können und dürfen. Seit 2016 ist der Verein eine Sozialgenossenschaft und bietet Beratung für Männer in Trennungssituationen, Coachings, eine Selbsthilfegruppe und in Zusammenarbeit mit drei Rechtsanwaltskanzleien auch eine Rechtsberatung. Daneben betreiben wir Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit, um die Rolle des Vaters und die Situation von Vätern stärker ins Bewusstsein zu bringen. Wir veranstalten Vorträge und Info-Abende, bereiten Väter auf die verschiedenen Lebensphasen „Vater werden - sein – bleiben“ vor und organisieren eigene Vater-Kind Veranstaltungen.

Im Sinne der Sensibilisierungsarbeit tourt „väter aktiv“ in diesem Sommer mit einer Foto-Wanderausstellung durchs Land. Was hat es mit diesem Projekt auf sich?

Bei der Gründung von „väter aktiv“ 2013 lag unser Fokus klar auf dem Thema „Vater bleiben nach der Trennung“. Heute richtet sich unser Angebot an alle Väter. Wir propagieren eine gelebte und aktive Vaterschaft. Als Sozialgenossenschaft wollen wir die Bedeutung des Vaterseins hervorheben und Männer in ihrer Vaterrolle unterstützen. Vor drei Jahren konnten wir den Fotografen Alfred Tschager, selbst auch ein engagierter Vater, für dieses Projekt gewinnen. Er hat Väter im ganzen Land in verschiedensten Situationen mit der Kamera eingefangen: Männer, die tradierte Rollenbilder aufbrechen und für ihre Kindern sorgen, sie begleiten, mit ihnen die Welt entdecken. Ursprünglich für einen Kalender und unsere Homepage geplant, ist daraus die Ausstellung „Väter im Bild“ geworden, die dank der Unterstützung des Sanitätsbetrieb in allen Krankenhäusern gezeigt wird. Die Ausstellung will mit Fotos das Bild im Kopf verändern. Rollenstereotype sollen aufgebrochen werden und wir wollen zeigen, wie vielfältig die Rollen von Südtiroler Vätern sind.

Wie ist es um das Bild der Rolle des Vaters derzeit bestellt?

Dazu muss man kurz ausholen. Abgesehen von den skandinavischen Ländern war die Rolle des Vaters im Zuge der Entwicklung der Kinder sicher lange Zeit unterbelichtet. Das fing schon bei der Geburt an, wo Väter ja nicht anwesend waren und zog sich auch später durch. Im deutschsprachigen Raum hat sich erst in den letzten 20 Jahren eine Männer-, bzw. eine Väterbewegung entwickelt, die das Thema aktive Vaterschaft in den Mittelpunkt gerückt hat. Inzwischen ist dies ein weltweites Phänomen, wie die internationale Kampagne „MenCare“ zeigt, deren Mitglied wir sind.

Mit welchen Aktivitäten wird „väter aktiv“ in Zukunft die Rolle der Väter in Südtirol stärken?

Wir fahren derzeit auf mehreren Gleisen. Da gibt es einerseits das Projekt Vätergeschichten, das wir gerne fortführen möchten und auf einer eigenen Homepage präsentieren wollen. Menschen erzählen darin ein Erlebnis oder eine Episode mit ihrem Vater. Das Projekt zeigt, wie vielfältig die Vaterrolle gelebt wird. In der ganzen Debatte ist mir nämlich eines sehr wichtig: Den Idealvater oder Supervater gibt es nicht. Die Geschichten sollen zeigen, dass es für eine aktiv gelebte Vaterschaft oft nur wenige kleine Schritte braucht. Es gibt ja auch Berufe und familiäre Konstruktionen, wo der Vater tatsächlich physisch oft nicht anwesend sein kann. In diesen Fällen ist es wichtig, dass Kinder das Gefühl haben, der Vater nimmt an ihrem Leben teil. Als Vater musst du wissen, wer sind die Freundinnen und Freunde in der Schule, welche Themen stehen gerade an. Dann musst du nachfragen und gratulieren, und teilhaben. Das ist für Kinder, auch wenn du als Vater nicht zu Hause sein kannst, wichtig.

Weiterführen werden wir auch in Zukunft unser sehr erfolgreiches Projekt „Väter als Chance für Kindergärten bzw. Kitas“. In Zusammenarbeit mit den Teams in den Kindergärten oder Kitas analysieren wir die aktuelle Situation, wir organisieren Väterabende und im Rahmen des Projektes kommen die Väter auch in den Kindergarten oder die Kita und stellen etwas aus ihrer Berufs- und Hobby-Welt vor bzw. machen wir gemeinsam einen Ausflug oder ein Sportfest. Das kommt sehr gut an und die Kinder sind ganz stolz auf ihre Papas. Das Projekt zielt darauf ab, Väter für ein Engagement in der Elternarbeit zu begeistern, Väter auch als aktiven Part in der pädagogischen Arbeit zu gewinnen, den Kindern auch männliche Bezugspersonen zu bieten und schließlich auch männliches Kindergartenpersonal zu gewinnen oder zumindest einmal Hemmschwellen abzubauen.

In diesem Zusammenhang arbeiten wir zurzeit auch an der Entwicklung eines neuen Projektes. Wir wollen Oberschüler und Jugendliche   im Rahmen eines Projektes ganz praktisch an das Thema Vaterschaft heranführen. Familie gründen steht ja noch immer ganz oben auf der Wunschliste vieler Jugendlicher. Geplant ist etwa der Besuch in einer Kita. Die Burschen sollen auch mal eine Babypuppe wickeln, usw. Dafür suchen wir gerade noch Partner. Es geht darum, Jungs an diese Themen heranzuführen und sie auch zu ermutigen, soziale, erzieherische und pflegerische Berufen zu ergreifen. Auf der eine Seite hört man ja viel von MINT (also Mädchen in Natur und Technik) und genauso müssen wir umgekehrt Boys in Care stärken.

Außerdem haben wir bei „väter aktiv“ seit diesem Jahr auch einen festangestellten Mitarbeiter, der uns bei einer weiteren wichtigen Säule unterstützen wird. In Zukunft möchten wir nämlich auch die italienische Sprachgruppe mit ins Boot holen und unsere Angebote noch stärker für sie öffnen. Es gibt also jede Menge zu tun.