Gesellschaft | stop violence

Laufend gegen Teufelskreis

Am 25. November findet in Bozen der 7. Stadtlauf gegen Gewalt an Frauen statt – “ein dramatisches Problem, das leider noch zu sehr im Verborgenen bleibt”.
Stadtlauf gegen Gewalt an Frauen
Foto: Stadtgemeinde Bozen

“Auch wenn es auf dem Eis manchmal hart zur Sache geht – wir sind gegen Gewalt an Frauen.” Anton Bernard ist Kapitän der HCB Foxes. Die Hockeyspieler der Füchse unterstützen heuer den Lauf gegen Gewalt an Frauen, der heuer zum siebten Mal am 25. November in Bozen stattfindet. Der 25. November ist Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen – und heuer ein Tag, der ganz besonders nachdenklich stimmen sollte.

 

“Die Daten sind erschreckend und erschreckend sind die Schicksale, die hinter diesen Zahlen stehen”, sagt die Bozner Stadträtin für Chancengleichheit Marialaura Lorenzini bei der Präsentation des Stadtlaufes am Donnerstag Vormittag. “Im Jahr 2018 wurden in Südtirol vier Frauen umgebracht. Auf Staatsebene wird alle drei Tage eine Frau ermordet. In den vergangenen zehn Jahren – zwischen 2007 und 2016 – wurden in Italien 1.209 Frauen ermordet. Drei Viertel der Morde fanden innerhalb der eigenen vier Wände statt. 71 Prozent der Täter waren italienische Staatsbürger und in 77 Prozent der Fälle waren die Täter Ehepartner, ehemalige Ehepartner oder Angehörige der eigenen Familie.”
In diesem Sinne ist der Bozen Stadtlauf gegen Gewalt an Frauen jenen Frauen und ihren Kindern gewidmet, die vor allem häusliche Gewalt erleben oder erlebt haben. “Die Veranstaltung ist außerdem ein Aufruf an die Gesellschaft die Gewalt an Frauen wahrzunehmen und Frauen, die in gewalttätigen Beziehungen zu helfen und sie unterstützen von der Gewalt loszukommen”, erklärt Lorenzini.

Eine erste Anlaufstelle ist der Verein GEA, der in Bozen seit dem Jahr 2000 die Kontaktstelle für Gewalt gegen Frauen und das Frauenhaus führt. “2018 haben bereits 139 Frauen Hilfe im Netzwerk gesucht, 82 Frauen nehmen kontinuierlich Beratungen in Anspruch”, berichtet GEA-Präsidentin Gabriella Kustatscher. 20 Frauen mit 17 Minderjährigen wurden heuer in geschützten Wohnungen aufgenommen. 12 Frauen mit 10 Minderjährigen wurden vorübergehend in Beherbergungsbetrieben untergebracht, weil südtirolweit sämtliche geschützte Wohnungen besetzt waren. In den 18 Jahren seit Bestehen der Dienststelle und der Frauenhäuser wurden 307 Frauen mit 313 Kindern untergebracht. “Die Kinder der Frauen in Gewaltsituation sind Opfer miterlebter Gewalt, die sie in direkter oder indirekter Form erleben und somit konstant der Angst und der Unsicherheit ausgesetzt sind”, so Kustatscher.
Eine Notruflinie ist unter der Nummer 800 27 64 33 täglich 24 Stunden zu erreichen.

“Gewalt an Frauen ist ein dramatisches Problem, das leider noch zu sehr im Verborgenen bleibt”, heißt es bei der Pressekonferenz am Donnerstag Vormittag von denen, die tagtäglich mit dem Thema und den Betroffenen zu tun haben. “Ihren Ursprung hat die Gewalt im ungleichen Machtverhältnis zwischen Mann und Frau und dem Verlangen nach Kontrolle und Macht des Mannes über die Frau – dieses Phänomen ist weit verbreitet und betrifft alle sozialen Schichten und alle Kulturen.”

Aus den Statistiken der letzten Jahre gehe hervor, dass die Zahl der Frauen, die Hilfe suchen und sich an die verschiedenen Dienste wenden, steigt. Und weil die Entscheidung einer Frau, aus dem Teufelskreis der Gewalt auszubrechen stark von den Antworten des Umfelds abhänge, sei es “von äußerster Wichtigkeit, mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit fortzufahren”, sind sich die Vertreter der Gemeinde und des Netzwerks der Dienststellen gegen Gewalt an Frauen einig. Unterstützung in diesem Anliegen erfährt die Initiative hinter dem Stadtlauf gegen Gewalt an Frauen vom Hockey-Club-Bozen Foxes die Inititative und der Liedermacherin Greta Marcolongo. Sie greift in ihren Liedertexten das Thema “Gewalt an Frauen” und wird am Sonntag, 25. November, auf der Bühne vor dem Museion auftreten.

 

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Profil für Benutzer Klaus Hartmann
Klaus Hartmann Do., 15.11.2018 - 16:17

Was läuft schief in einer Gesellschaft die zur Durchsetzung von Interessen und zur Machterhaltung auf Herrschaft und Gewalt setzt?
Was läuft schief in einer Gesellschaft die das “Patriarchat” als einzig mögliches Beziehungsmodell, so fest in unseren Köpfen verankert hat, dass wir glauben es sei Ausdruck der Natur des Menschen?
Es gibt sie noch, die “Herrschaft des Mannes/Vaters”. Mehr denn je. Darüber können die paar kinderwagenschiebenden und vaterschaftsbeanspruchenden Männer nicht hinwegtäuschen.
Diese Herrschaft bestimmt unsere Politik, unsere Ressourcen- und Machtverteilung, unser Wirtschaftssystem, unsere gesellschaftlichen Strukturen, unsere Sprache, unsere geschlechtlichen Beziehungen, unsere Erziehung, unser Bildungssystem.
Die “HERRSCHAFT des Mannes/Vaters” (Patriarchat) impliziert dass es einen Herrschenden und einen Beherrschten gibt. Das Patriarchat hat systemischen Charakter. Unterwerfung, Unterdrückung und Ausbeutung kennzeichnen dieses System. (z.B. Mann-Frau-Beziehung / Mensch– Natur-Beziehung / Industrieländer–Entwicklungsländer / Kapital-Erwerbstätigkeit).
Eine Ausbeutung und Unterdrückung die auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens passiert und von der natürlich auch wir Männer betroffen sind.
Diese patriarchalen Herrschaftsverhältnisse und unser Glauben an eine „quasi“ biologische Legitimation desselben, sind (auch) die Ursache für die im Artikel angesprochene physische Gewalt von Männern gegen Frauen, und zwar weltweit. Diese Form der Gewalt muss mit aller Deutlichkeit und Schärfe, aufgezeigt, angezeigt und entschlossen verurteilt werden. Gerade von uns Männern.
Denn:
Es ist eine Schande dass Frauen und Mädchen sich aus Angst vor Übergriffen nicht genauso frei bewegen können wie Männer und Jungen.
Es ist eine Schande dass Frauen und Mädchen ständigen sexistischen Übergriffen durch Männer (als Witz getarnt oder auch nicht) ausgesetzt sind.
Es ist eine Schande dass Frauen und Mädchen physische Gewalt (in jeder Form) seitens von Männern erfahren.

Do., 15.11.2018 - 16:17 Permalink