Umwelt | Klimawandel

Vom Ozean verschluckt

Die Wassermassen dieses Planeten speichern gigantische Mengen an Wärme. Verstärkt durch die Gletscherschmelze hat dieses Phänomen fatale Folgen.
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Foto: Unsplash
Letzte Woche sorgten gleich zwei wissenschaftliche Publikationen für Ernüchterung: Ein internationales Forscherteam veröffentlichte im Fachmagazin „Advances in Atmospheric Sciences“, dass im vergangenen Jahr nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren neue Temperaturrekorde gemessen wurden. Außerdem stellte das österreichische Forschungszentrum Geosphere Austria fest, dass es in den heurigen Weihnachtsferien so wenig Schnee wie noch nie seit 1961 gegeben hat: Nur 35 Prozent der Fläche Österreichs waren mit Schnee bedeckt.
Die von den Meeren aufgenommene Energie ist gigantisch, sie entspricht etwa fünf Hiroshima-Atombomben pro Sekunde.
Klimaforscher Fabien Maussion von der Universität Innsbruck ordnet die Entwicklungen im Gespräch mit salto.bz ein: „Durch den Ausstoß von Treibhausgasen haben sich Klima und Ökosysteme bereits stark verändert, das zeigt sich insbesondere im Alpenraum, aber auch in den Ozeanen.“ Wie sich der Klimawandel bis zum Ende dieses Jahrhunderts weiterentwickeln wird, hängt von der Begrenzung der Emissionen ab.
 

Erwärmung der Ozeane

 
Maussion arbeitet an der Uni Innsbruck im Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften (ACINN) und erklärt die Hintergründe: „Die Ozeane nehmen rund 90 Prozent der überschüssigen Wärme auf, weil Wasser eine hohe Wärmekapazität hat und seine Masse auf der Erde deutlich größer ist als die Masse der Luft. Wasser kann also mehr Wärme aufnehmen als Luft. Wenn sich das Erdsystem erwärmt, übernehmen die Ozeane den Großteil der überschüssigen Energie, weil die Luft die Wärme an das Wasser abgibt.“
 
 
Die meiste Wärme wird in den ersten 2.000 Metern der Meeresoberfläche gespeichert. „Jetzt geht die Wärme sogar tiefer in die Ozeane“, so Maussion. „Die von den Meeren aufgenommene Energie ist gigantisch, sie entspricht etwa fünf Hiroshima-Atombomben pro Sekunde.“ Das hängt mit dem Treibhauseffekt zusammen: „Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen erzeugt Treibhausgase, die verhindern, dass die Wärme von der Erdoberfläche zurück ins All strahlt. Sie bleibt damit vermehrt im Erdsystem. Erneuerbare Energien hingegen produzieren deutlich weniger Treibhausgase.“
 

Folgen der Meereserwärmung

 
„Wärmere Ozeane gefährden die Ökosysteme und Lebewesen, die darin leben wie Fische, Algen oder Korallen, mit Konsequenzen für Tiere und Mensch, zum Beispiel in der Fischindustrie. Zudem führt die Erwärmung zu vermehrten Stürmen, vor allem Hurrikans, und trägt zum Anstieg des Meeresspiegels bei, da sich Wasser durch die Wärmespeicherung ausdehnt“, erklärt Maussion.
 

Rückgang von Eis und Schnee

 
Die zweite Ursache für den Meeresspiegelanstieg ist das Schmelzen von Eis und Schnee: „Wenn Eiskappen, Eisschilde und Gletscher schmelzen, gelangt dieses Wasser am Ende in die Ozeane.“ Der Gletscherschwund hat außerdem Folgen für die Biodiversität und die Wasserverfügbarkeit.
„Gletscher sind vor allem als Wasserspeicher nützlich. In Dürre- und Sommermonaten gelangt das Wasser in die Täler. Fehlt dieses Wasser haben vor allem trockene Regionen in Hochasien oder Südamerika mit Wasserknappheit zu kämpfen“, so Maussion. In Europa betreffe die Wasserknappheit nur einzelne Täler, weil es in unseren Regionen wie den Alpen oft genug Schnee und Regen gibt. Trotzdem werden Wasserspeicherbecken auch in Europa durch den Klimawandel eine größere Rolle spielen, um beispielsweise die Landwirtschaft mit Wasser zu versorgen.
 
 

Schneearmer Winter

 
Die Meldung über die schneeärmsten Weihnachtsferien seit 1961 in Österreich sei differenziert zu betrachten. Wie Geosphere Austria und Klimaforscher Maussion betonen, hängt der Schneemangel mit natürlichen Wetterschwankungen und der globalen Erderwärmung zusammen: „Es ist eine Kombination aus Klimawandel und ungünstigen Wetterlagen. Dabei ist es schwierig, einzelne Jahre wissenschaftlich mit dem Klimawandel im Zusammenhang zu sehen. Es ist aber klar, dass Rekorde wie diese neben der Variabilität der Wetterlage auf einen deutlichen Erwärmungstrend zurückzuführen sind“, so Maussion. Ähnliche Ereignisse werden sich in Zukunft häufen. Vor allem für Skigebiete in unteren Tallagen werde so die Schneeverfügbarkeit immer schwieriger.
 

Ausblick

 
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich beim Pariser Klimaabkommen 2015 darauf verständigt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und einen Anstieg von weniger als 1,5 Grad Celsius anzustreben. Werden die aktuellen Übereinkünfte zur Emissionsreduktion eingehalten, sind die Pariser Klimaziele allerdings noch in weiter Ferne, da dann von einem Anstieg von 2,7 Grad Celsius ausgegangen werden muss.
 
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Josef Fulterer Mo., 16.01.2023 - 16:29

W Ä R M E R E S Wasser erwärmt die Luft darüber,
W Ä R M E R E Luft nimmt mehr WASSERDAMPF auf,
W A S S E R D A M P F verursacht mit 2/3 im Klima-Schirm die zu hohe Rückstrahlung der W Ä R M E auf die Erde!

Mo., 16.01.2023 - 16:29 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mo., 16.01.2023 - 19:37

Da sind die Kleber das kleinere Problem. Hätte die Politik seit 1970 reagieren "dürfen"(!), wären wir heute nicht in dieser besch.... Situation

Mo., 16.01.2023 - 19:37 Permalink
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Stefan S Mi., 18.01.2023 - 17:19

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

"Hätte die Politik seit 1970 reagieren "dürfen"
Absolut richtig, der Club of Rome hatte die Entwicklung damals schon sehr eindeutig vorher gesagt. Aber wir betrügen uns ja lieber selbst und rechnen uns alles schön
https://www.zeit.de/2023/04/co2-zertifikate-betrug-emissionshandel-klim…
Leider hinter der Bezahlschranke aber leider noch schlimmer wie geahnt...
"Ein weltweites Forschungsteam hat 29 der 87 Waldschutzprojekte untersucht, die aktuell von Verra zertifiziert sind. Die Auswertung legt nahe, dass über 90 Prozent aller Zertifikate daraus wertlos sind.

Ein Haufen Schrott."

und
"89 Millionen Tonnen CO₂ sind demnach als Geister-Zertifikate auf dem Kompensationsmarkt gelandet, das entspricht dem jährlichen Ausstoß von Griechenland und der Schweiz zusammen. Unternehmen weltweit sind betroffen, darunter Shell, Gucci, Disney und Boeing, auch mehrere Dax-Konzerne wie SAP und Bayer. Und die 89 Millionen Tonnen beziehen sich nur auf das untersuchte Drittel der von Verra zertifizierten Projekte. Das wahre Ausmaß der ungedeckten Zertifikate dürfte also noch höher sein."
" Zu den Gründern zählten das Weltwirtschaftsforum in Davos und die Climate Group, ein globaler Zusammenschluss von Politikern und Unternehmen wie BP, Starbucks und Allianz. Außerdem war der internationale Wirtschaftsrat WBCSD dabei, dessen Co-Vorsitz zu der Zeit der CEO von Shell innehatte. Und schließlich noch die IETA, die größte Lobby-Gruppe für den Emissionshandel, zu deren Mitgliedern die Deutsche Bank und RWE zählten.

Sie alle also schufen Verra."

Verra handelt weltweit 75% der CO2 Zertifikate
Greenwashing der extremen Art, das sind die wahren Klimaterroristen

Mi., 18.01.2023 - 17:19 Permalink