Kultur | Salto Weekend

Trust Him

Sara Pepe alias Nina Pernstich Pedron veröffentlichte am Freitag ihr Erstlingswerk "Fünf Mal Vielleicht" unter dem Namen "Trust him" als eBook. Eine Leseprobe:
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Foto: Privat

Sam?

Vorbildlich. Schon als kleines Mädchen hatte ich mich mit dieser Charaktereigenschaft immer hervorgetan. Während meine Schwestern sich an den Haaren zogen, heulten, rumbrüllten und sich um Puppen stritten, lag ich in einer Ecke, malte auf einem Blatt Papier und ignorierte den Trubel um mich herum.
Bei meiner Einschulung verblüffte ich meine Eltern, als ich mit Leichtigkeit Klassenbeste wurde und dafür im Verhältnis relativ wenig tat. Es fiel mir leicht, mir neue Inhalte anzueignen. Mein Leben verlief in ruhigen Bahnen, höchstens mit kleinen Schwankungen, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Es drehte sich im Grunde alles nur um die Schule, meine Freunde, Eltern und Schwestern. Die vielleicht größte Überraschung war, als mein Jetzt-Ex-Freund mit mir Schluss machte, aber das hatte ich nach einer Woche abgehakt. Es hatte einfach nicht sein sollen und die große Liebe war es auch nicht gewesen mit ihm.

Ich war im Clinch mit mir selbst, wusste nicht, wer ich war und wer ich sein wollte. 

Das ersehnte letzte Schuljahr nahte und ich hatte weder die wahre Liebe gefunden noch ein verrücktes Abenteuer hinter mir. Ich war im Clinch mit mir selbst, wusste nicht, wer ich war und wer ich sein wollte. Ich verbarg meine widersprüchlichen Gefühle tief in mir und verdrängte ihre Existenz. Gegen wen sollte ich mit meinen 18 Jahren rebellieren? Die Schule, die mir Verantwortung übertragen hatte? Meine Eltern? Nein, sie ließen mir meine Freiheiten. Meine Freunde? Selbst der Gedanke daran war lachhaft. Nicht einmal meine blonde Mähne, die soeben vom Schwimmen getrocknet war, rebellierte. Lang und glatt fielen mir die Haare auf die Schultern.
Aber ein Gedanke kam in all den zwiespältigen Emotionen immer wieder an die Oberfläche: Ich hatte langsam genug davon, die vorbildliche und zuverlässige Melinda zu sein.
Das Klingeln meines Handys riss mich aus den Tagträumen. Unerbittlich bimmelte es. Entnervt tastete ich danach, während die Sonne mein Gesicht kitzelte.
Meine beste Freundin Mara schlief auf dem Handtuch neben mir. Um die Hitze des Sommers auszuhalten, hatten wir uns entschieden, an den nahegelegenen Badesee zu fahren und dort die letzten Sommertage zu genießen, bevor die Schule wieder begann. Doch so sehr ich mich bemühte, ich konnte nicht abschalten. Denn ich hatte die Aufgabe, das alljährliche Sommerfest zu organisieren.
Ich warf einen neidischen Blick auf Mara, die selig schlummerte, bevor ich aufs Handy schaute.


Warum hatte ich blöde Nuss nur das Amt der Schulsprecherin übernommen? Ich hatte mich auf die Organisation gefreut. Doch leider war es komplizierter als erwartet. Seufzend ging ich ran. Enttäuscht ließ ich das Telefon wenig später wieder sinken. Es hagelte Absagen von allen Seiten.
Solch einen Stress hatte ich vor Schulbeginn nie gehabt. Während andere sich von der Sonne bräunen ließen ­- wieder warf ich Mara einen Blick zu -, in den Tag lebten oder entspannten, oblag mir gemeinsam mit meinem Stellvertreter Joe die Verantwortung für das Abschlussfest, damit es kein totaler Reinfall wurde. Das Fest wurde immer von einem Schüler für die ganze Stufe geplant. Vom Getränkelieferanten bis zur Cateringfirma, musste alles organisiert werden.
Schon am ersten Tag nach den Ferien war ich gestresst gewesen. Die Lokation stand nicht und im letzten Moment sagte zudem noch der DJ ab. Ich war das reinste Nervenbündel. Warum hatte ich mir das freiwillig angetan?

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