Giuseppe Conte
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Politik | Scheidender Premier

Conte kehrt an die Universität zurück

Giuseppe Conte verlässt die politische Bühne so lautlos wie er sie betreten hat. Fast 1000 Tage regierte er Italien - als wohltuende Erscheinung.

Giuseppe Conte geht – so geräuschlos, wie er die politische Bühne betreten hat: "È finita la mia aspettativa. Torno a fare il professore. Il rettore Luigi Dei ha già firmato il decreto del mio reintegro." Über seine weitere berufliche Zukunft will sich der Ex-Premier nicht äussern, dessen Laufbahn beinahe zufällig begonnen hatte.

Vor fast genau drei Jahren lud die Fünf-Sterne-Bewegung im grossräumigen Salone delle fontane in Rom zur Vorstellung ihrer Wunschliste für ein zukünftiges Kabinett. "Non è un governo ombra, ma fatto alla luce del sole", präzisierte Luigi Di Maio. Etliche Namen waren bereits als prominente M5S-Mitglieder bekannt. Die meisten  waren unbekannte Neulinge. Ein in der ersten Reihe sitzender Kandidat fiel durch besondere Eleganz auf: Es war der für das Ressort öffentliche Verwaltung prädestinierte Universitätsprofessor Giuseppe Conte, der sich über seine Wahl erstaunt zeigte: "Non vi ho votato, non ero nemmeno vostro simpatizzante. Ma mi avete detto: Non fa niente. Vogliamo un indipendente."

 

Damit begann eine der ungewöhnlichsten und erstaunlichsten politischen Karrieren der jüngeren italienischen Geschichte. Nach Jahrzehnten notorischer Parteibuch-Wirtschaft stieg plötzlich ein unbekannter Neuling zum Regierungschef auf.

In den römischen Chigi-Palast  übersiedelte ein den Italienern unbekannter Hochschullehrer – ein Mann der leisen Töne ohne Parteibuch und persönliche Anhängerschaft, ein unbekannter Professor für Zivilrecht an der Universität Florenz, den seine Gegner schon bald als Mann ohne Eigenschaften verspotteten.

Der aus dem apulischen Ort Volturara Appula unweit der Padre-Pio-Geburtsstätte stammende Conte war in den 80er-Jahren Student des katholischen Elite-Kollegs Villa Nazareth und pflegt seither gute Kontakte zur katholischen Kirche. Im unorthodoxen Bündnis zwischen Fünf-Sterne-Bewegung und Lega wurde der 55-Jährige immer mehr zum Gegenspieler seines Innenministers Matteo Salvini, dessen law and order-Kurs Di Maios Fünf-Sterne-Bewegung immer weniger teilte. Höhepunkt des Duells war das denkwürdige, von Salvini verlorene Vertrauensvotum im Senat. Im Gegenzug vollbrachte Conte sein politisches Meisterwerk: Er überredete den bis dahin oppositionellen PD-Parteichef Nicola Zingaretti zu einem fliegenden Frontwechsel und verbannte Salvinis Lega auf die Oppositionsbänke.

 

Aussenpolitisch konnte der freundliche Professor mit dem blütenweissen Einstecktuch in der Brusttasche schon bald punkten – bei Bundeskanzlerin Merkel, dem russischen Präsidenten Putin und auch bei US-Präsident Trump. Conte: "Er hat mich gefragt, wo ich meine Anzüge kaufe. Ich empfahl ihm meinen neapolitanischen Schneider Paolo di Fabio. Von da an pflegten wir gute Beziehungen."

In der Coronavirus-Epidemie konnte Giuseppe Conte seine Popularität weiter steigern. Rund um die Uhr schwor er die Italiener auf die Verhaltensregeln ein – die Übermüdung war ihm häufig anzusehen. In der Liste der beliebtesten Politiker des Landes liegt der Premier nach dem uneinholbaren Staatschef Sergio Mattarella an zweiter Stelle. Der minutenlange Beifall beim Verlassen des Chigi-Palastes bestätigte seine Beliebtheit. Sein letztes Post auf der Facebook-Seite des Regierungschefs schlug mit 1,3 Millionen Likes und 320.000 Kommentaren alle Rekorde und wurde über 150.000 mal geteilt. Das wird ihm so schnell niemand nachmachen.

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Blaas Walter Di., 16.02.2021 - 16:29

Möglich, dass man(n) und Frau in naher Zukunft den ex-Premier Giuseppe Conte vermissen wird. Ich persönlich empfand ihn als angenehm und wohltuend, nach einer Reihe von "Gaukler und Scharlatanen" als Ministerpräsidenten...

Di., 16.02.2021 - 16:29 Permalink