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Arbeitszeit, keine Zeit

Flexibel, smart und am Wochenende: Wie und wann Südtirol arbeitet, darüber gibt eine AFI-Studie Aufschluss. Präsidentin Pichler: “Noch viel zu tun.”
Always Late
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“Es wird sicher immer Berufe geben, an denen man an ungünstigen Arbeitszeiten, wie Wochenend- oder Schichtarbeit nicht vorbei kommt. Dennoch kann in vielen Berufen sehr viel mehr getan werden, als das heute der Fall ist.” So fällt das Fazit von AFI-Präsidentin Christine Pichler nach einer jüngsten Erhebung ihres Institutes aus. Pichlers Mitarbeiter wollten wissen: Wie sieht es mit der Wochenendarbeit in Südtirol aus?

Eine erste Grafik zeigt: Im Vergleich zu anderen Ländern und dem EU-Schnitt ist die Arbeit am Sonntag hierzulande so verbreitet wie nirgendwo.

Fast jeder dritte Befragte (28,5%) arbeitet an allen Samstag im Jahr und mehr als jeder zehnte (13,6%) an allen Sonntagen im Jahr. Am häufigsten fällt Wochenendarbeit in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe an.
An Samstagen arbeiten 80% der in der Landwirtschaft Beschäftigten und Selbstständigen und 85,4% jene im Gastgewerbe. “In der Landwirtschaft arbeiten auch 13,6% an allen Sonntagen, im Gastgewerbe sogar 67%”, erklärt AFI-Vizedirektorin Silvia Vogliotti.

Das ist das Ergebnis der AFI-Studie zu den Arbeitsbedingungen, das am meisten hervorsticht. Abgesehen von den Daten zur Wochenendarbeit wurden auch eine Reihe weitere Erkenntnisse gewonnen, die Aufschluss darüber geben, zu welchen Zeiten und Stunden in Südtirol gearbeitet wird und wie vorgegebene und flexible Arbeitszeiten verteilt sind.


Jeder Branche ihr Arbeitszeitmodell

Manche Bereiche sind mehr als andere stark von unregelmäßigen oder außergewöhnlichen Arbeitszeiten gekennzeichnet, teilt das AFI mit. Das gelte besonders für die Landwirtschaft mit einem hohen Anteil von Selbständigen und für das Gastgewerbe, wo häufig das Wochenende durchgearbeitet wird. Die Samstagsarbeit ist vor allem im Handel anzutreffen, die Sonntagsarbeit im öffentlichen Nahverkehr, die Schichtarbeit im Gesundheits- und Sozialwesen. In einzelnen Wirtschaftszweigen herrschen dagegen noch regelmäßige Arbeitszeiten mit festen Stundenplänen vor, zum Beispiel im Transportwesen für 66,7% der Beschäftigten.

 

Relativ flexibles Südtirol

Besonderes Augenmerk legt die AFI-Studie auf die Regelung der Arbeitszeit. Auf die Frage, ob ihre Arbeitszeit vom Unternehmen festgelegt sei, antworten 54,5% der Arbeitnehmer mit Ja, während – “wenig überraschend”, kommentiert man im AFI – 78% der Selbständigen vollständig individuell ihre Arbeitszeiten festlegen. “Bemerkenswert ist”, so die AFI-Mitarbeiter, “dass 39% der Arbeitnehmer flexible Anfangs- und Endzeiten haben”. Insgesamt ist die flexible Arbeitszeit auf dem Vormarsch: 27,5% der Selbständigen müssen oft täglich oder mehrmals im Monat außerhalb des Arbeitszeitrahmens anpacken, 11% der Beschäftigten erfahren von Änderungen ihrer Arbeitszeit erst am selben Tag oder am Vortag, und 5,6% der im Gastgewerbe Tätigen werden Tag für Tag mit wenig Vorankündigung zur Arbeit bestellt.


Vision smart working

“Flexible Arbeitszeiten im planbaren Rahmen helfen mit, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen”, meint Silvia Vogliotti. Neben der zeitlichen werde auch die räumliche Flexibilität, also die nicht ortsgebundene Arbeit, immer wichtiger. In der italienischen Gesetzgebung gewinne beides unter dem Begriff “lavoro agile” bzw. smart working an Bedeutung. “Auch wenn natürlich nicht in allen Branchen smart gearbeitet werden kann, so ist das zweifelsfrei ein Pluspunkt für arbeitende Eltern, für Pflegende, für Menschen mit Behinderung, für Pendler und damit für eine weniger verkehrsbelastete Umwelt. Die Kollektivvertragsverhandlungen der Sozialpartner in Richtung smart working können unter Umständen neben der Produktivität auch die Lebensqualität der Beschäftigten entscheidend verbessern”, so das AFI.

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Stereo Typ Mo., 19.03.2018 - 11:39

Smart Working ist sicherlich das Gebot der Stunde. Wir reden ständig von Flexibilisierung, vom Einfluss der neuen Kommunikationstechnologien, dass wir von überall aus arbeiten können. Und dann haben wir den 9-to-5-Arbeitstag, werden an unserer Präsenz gemessen, können auf private Gegebenheiten wenig bis gar nicht eingehen. Menschen, die pendeln, die Kinder haben, brauchen andere Arbeitszeiten, vor allem räumlich und zeitlich flexible.

Mo., 19.03.2018 - 11:39 Permalink