Politik | Übernahme

Endstation für SAD

Seilbahn, Trambahn und Standseilbahn: Die STA AG übernimmt die Führung der drei Strukturen am Ritten und auf die Mendel. Damit verliert die SAD weiteres Terrain im ÖPNV.
Seilbahn Ritten
Foto: Othmar Seehauser

Das Terrain der SAD AG schrumpft zusehends. Nach der Inhouse-Vergabe eines Teils der außerstädtischen Buslinien an die SASA AG und die Ausschreibung der restlichen Linien in zehn Losen, von denen ein Teilnehmer für maximal drei den Zuschlag erhalten kann, muss die von Ingemar Gatterer geführte SAD weitere Gebietsverluste hinnehmen. Die Landesregierung beschließt am heutigen Dienstag die “In-House Vergabe der öffentlichen Verkehrsdienste auf den fest installierten Anlagen Seil- und Trambahn Ritten und Mendel Standseilbahn (…) an STA – Südtiroler Transportstrukturen AG”.

Künftig werden die Seilbahn auf den Ritten sowie das Rittner “Bahnl” und die Standseilbahn auf die Mendel von der STA, einer Inhouse-Gesellschaft des Landes Südtirol, geführt. Bisher wurden alle drei Strukturen von der SAD AG betrieben. “Eine eigentlich unorthodoxe Tatsache, da sich die drei Anlagen im Eigentum der STA befinden”, erklärt STA-Generaldirektor Joachim Dejaco. Nun werde der naheliegendste Schritt – Eigentum und Führung in dieselben Hände zu geben – gesetzt. Die Inhouse-Vergabe und damit das Ausscheiden der SAD liegt bereits seit 2020 auf dem Tisch, festgehalten in einem Promemoria der Landesregierung. “Damit ist die Situation aus Sicht des Landes klarer und sauberer geregelt”, findet Dejaco. Die SAD sei seit Längerem informiert. Fürchtet man beim Land und STA nach dem Bus- auch einen Bahn-Streit? Dejaco gibt sich gelassen, die Inhouse-Vergabe an die STA stehe auf rechtlich sicheren Beinen. Bleibt abzuwarten, ob Ingemar Gatterer & Co., wie bei den Linienbussen, das Eigentum an den Bahn-Garnituren am Ritten für sich beanspruchen wird. Im Falle der Linienbusse hat das Bozner Landesgericht jüngst befunden, dass 190 vom Land angekaufte Fahrzeuge nicht zum SAD-Eigentum gehören. Gatterer will die zu 100 Prozent vom Land finanzierten Busse für eine Ablöse an das Land zurückgeben.

Die Betriebskonzession der SAD für die Bahnen am Ritten und der Mendel läuft am 20. März 2021 aus. Mit einem weiteren Beschluss wird die Landesregierung am Vormittag die Verlängerung der Konzession bis 18. Mai beschließen. Danach wird die STA übernehmen.

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Manfred Gasser Di., 16.03.2021 - 15:05

Wächst die Schere zwischen arm und reich jetzt plötzlich, weil die öffentliche Hand Unternehmer spielt? Ich dachte immer daran ist der neoliberale Kapitalismus schuld?

Di., 16.03.2021 - 15:05 Permalink
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Martin Sitzmann Di., 16.03.2021 - 16:42

Endlich schlägt das Pendel aufgrund der unguten Erfahrungen der letzten Jahre wieder in die andere Richtung aus.
Essentielle Dienste für die Bürger*innen gehören in die öffentliche Hand. Man schaue sich die Postmisere an...
Schon klar, dass das dem neoliberalen Turbokapitalismus nicht in den Kram passt. Die paar Prozente Mehrausgaben vertragen die öffentlichen Haushalte schon, wenn dafür der Service wieder halbwegs passt und die Angestellten nicht wie Lohnsklaven ausgepresst werden. Da hat die öffentliche Hand auch eine moralische Verpflichtung. Diese Seite kommt mir in der Debatte immer zu kurz.

Di., 16.03.2021 - 16:42 Permalink
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Martin Ancient Di., 16.03.2021 - 18:04

Ich würde sagen, zwischen den Zeilen im Kommentar von Herrn Gasser ist damit alles gesagt. Wie sie auf die Idee kommen, dass Privatisierung die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließt, ist mir gelinde gesagt ein absolutes Rätsel (und kommen sie mir nicht mit der neoliberalen Mär vom Trickle-Down Effekt).
Von der Privatisierung profitiert in erster Linie das Kapital und das sitzt ja bekanntlich bei den Armen und der Mittelschicht ... Diese mischen bei millionen- und milliardenschweren oder auch eine Nummer kleinere Privatisierungen immer an vorderster Front mit ... (*Achtung Ironie*)

Was es braucht, und da stimme ich ihnen im weitesten Sinne indirekt zu, sind Spielregeln, wie weit der Einfluss und die Befugnisse der Exekutive und in Südtirol (aber nicht nur) vor allem das Parteibuch, gehen dürfen.

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Manfred Gasser Di., 16.03.2021 - 20:14

Das mit dem Wasser finde ich sehr interessant für das neoliberale Kapital. Ein fast unerschöpfliches öffentliches Gut, das man nur noch in Flaschen füllen muss, um richtig Reibach zu machen.
Und noch was, ich bin links, habe aber nichts gegen innovative Personen, die sich mit eigenen Ideen, viel Engagement und einem sozialen Gewissen ein gutlaufendes Unternehmen aufbauen.

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Manfred Gasser Mi., 17.03.2021 - 10:02

Da ich kein Ideologe bin(Typen wie ich nennt man in letzter Zeit gerne despektierlich "Gutmenschen"), kann ich gerne die Leistungen des Herrn Frasnelli anerkennen, ohne gleich mit der Bemerkung "Und kommen Sie mir nicht mit Frasnelli, das ist die Ausnahme von der Regel" die Diskussion abzuwürgen. Im selben Moment weiß ich aber auch, dass im öffentlichen Sektor viel falsch läuft, was aber nicht automatisch bedeutet, dass der private Sektor alles besser machen würde. Ich stelle mir einfach immer die Frage, was haben wir als Gesellschaft davon, was könnte für uns besser sein? Und da scheint mir eine verdiente Million in z.B. die Digitaliserung besser investiert, als in eine Yacht am Mittelmeer.

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Manfred Gasser Mi., 17.03.2021 - 11:32

Und wieder ein Totschlagargument, um die Diskussion abzuwürgen, aber Sie vergessen einen wichtigen Punkt: Gutmenschen sind gut, ansonsten würde man sie ja Neidmenschen nennen. :-)

Mi., 17.03.2021 - 11:32 Permalink
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Martin Ancient Mi., 17.03.2021 - 14:17

Uff, mit Verlaub Herr Freud, ihre Ansichten sind doch etwas undifferenziert und naiv.

Die Welt ist nicht schwarz-weiß, ebenso sind weder strikt progressive noch strikt konservative Perspektiven immer richtig.
Es gibt in diesem Sinne Dienstleistungen, die eindeutig besser in privater Hand aufgehoben sind, ebenso wie bestimmte Dienstleistungen am und für Menschen unbedingt in öffentlicher Hand bleiben müssen, da Gewinnabsichten den sozialen Zielen solcher Dienstleistungen zuwider laufen.
Und dazwischen, gibt es noch andere Formen, die sowohl innovativ als auch sozial sein können. Genossenschaften zählen hier beispielsweise dazu.

Bitte beenden sie das cherry-picking zu ihren Gunsten und sehen sie sich um, was es auf lange Sicht bedeuten kann, wenn wir dem Kapitalismus grundsätzlich die Vorzugsschiene einräumen. Beispiele wie das NHS oder die privatisierte Bahninfrastruktur in Großbritannien sind nur einige unter vielen.

Von der Verstaatlichung des Tourismus sind wir ebenso weit entfernt, wie von jener des "Handwerks". Wo sie kommunistische Tendenzen sehen, ist mir ein Rätsel. Sie geben Inhalte aus den Presseaussendungen der SAD oder Pressekonferenzen des Herrn Gatterer wider, Ausgewogenheit sieht anders aus. Welche Rolle nehmen sie ein, dass sie dem Herrn so nach dem Mund reden? Googeln sie mal Arbeitnehmerzufriedenheit in der SAD, um nur ein Beispiel zu nennen. Dabei unterstelle ich, dass ihnen diese Informationen nicht neu sind, sie sie aber schlicht und einfach unterschlagen, da sie ihrer Argumentation nicht nützlich sind.

Hören Sie auf mit der Neid-Debatte als Totschlagargument. Wer was leistet, soll was davon haben, aber nicht auf Kosten der Allgemeinheit und in einem sozialverträglichen Ausmaß. Das Mantra vom Markt, der es richtet, ist ein Irrweg. Die Stromrechnungen mancher Texaner während des Schneesturms im Februar haben das schön gezeigt. Halten sie doch den dort Betroffenen eine unserer Stromrechnungen, von der sie schwadronieren, unter die Nase.

Im Nachhinein hätte ich bereits auf die, um es freundlich zu sagen, provokante These, dass Privatisierung die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließen könne, nicht reagieren sollen. Diese Aussage ist bereits so skurril, dass man sie eigentlich kaum ernst nehmen kann. Ich bin aus dieser Debatte mit Ihnen raus.

Mi., 17.03.2021 - 14:17 Permalink
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m s Mi., 17.03.2021 - 22:09

Privatisierungen von Kernbereichen wie Gesundheitsversorgung, ÖPNV, Wasserversorgung usw. waren und sind ein großer Fehler. Gut dass sich das Land und die Politik da nicht mehr erpressen lassen. Hoffe die ziehen das jetzt auch durch. Dass in öffentlichen Verwaltungen nicht alles rund läuft mag stimmen, aber wenigstens sind sie nicht der Gewinnmaximierung verpflichtet. Gerade dieses Beispiel zeigt im Kleinen was passieren kann wenn sich ein Land von Privatunternehmen zu abhängig macht. Und ist das Monopol erst installiert und unverzichtbares Knowhow ausgelagert, können Bedingungen diktiert werden, dann wird es erst richtig teuer für den Bürger...Dass der Spruch "Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert" nicht aus der Luft gegriffen ist, hat sich nicht erst seit der Finanzkrise schon x-mal gezeigt. Deshalb gut so, für Defizitgeschäfte würde kein Unternehmer hyperventilieren ;-)

Mi., 17.03.2021 - 22:09 Permalink