Politik | Regionalrat

Misslungene “Rettungsaktion”

Wahlwerbung durch Vereine, Verbände und Gewerkschaften einschränken wollten die Grünen. Doch die Umstände sind widrig. Und die Mehrheit im Regionalrat sagt Nein.
Briefkasten
Foto: Pixabay

“Der Wahlkampf ist eröffnet!” Mit Sarkasmus kommentiert Brigitte Foppa die Abstimmung im Regionalrat, bei der die Abgeordneten am Mittwoch Vormittag über die Einführung eines Wahlwerbe-Verbotes für Vereine und Verbände bei den Gemeinderatswahlen samt Sanktionen beim Verstoß dagegen befanden – und den entsprechenden Vorschlag von Foppas Partei, den Grünen, versenkten.

 

60 Tage Ruhe

Das Regionalgesetz Nr. 7 vom 13. August 1998 legt in Art. 1 fest, dass Verbände, Vereinigungen und Gewerkschaften, die gemeinnützigen Charakter haben bzw. in irgendeiner Form Mittel aus den öffentlichen Haushalten erhalten, 60 Tage vor den Wahlen jegliche Werbetätigkeit für Kandidaten und Parteien einstellen müssen. “Man wird sich fragen, warum dann trotzdem Jahr um Jahr, Wahl nach Wahl, von Seiten der Vereinen und Verbänden Wahlwerbung betrieben wurde”, so Foppa. “Der Grund dafür ist, dass im Gesetz von 1998 leider keine Sanktionen für die Übertretung vorgesehen waren.” Daher startete die Grüne Regionalratsabgeordnete gemeinsam mit ihren Parteikollegen bereits 2015 den Versuch, Strafen für den Verstoß gegen das Werbe-Verbot einzuführen. So soll den betroffenen Vereinen bzw. Verbänden für ein Jahr sämtliche öffentliche Beiträge gestrichen werden, sollten sie sich nicht an das Werbe-Verbot halten. Eine ähnliche Regelung wurde inzwischen für Tourismus-Organisationen eingeführt.  “Erfreulicherweise wurde der Entwurf zur Artikeldebatte im Ausschuss zugelassen und im heurigen März nach langer Pause wieder aufgegriffen”, erinnert sich Foppa.

 

“Rettungsaktion” wegen überholtem Gesetz

Doch inzwischen hat sich die Gesetzeslage geändert. Inzwischen ist ein Landeswahlgesetz in Kraft, das im September 2017 beschlossen wurde – nach jahrelangem Stillstand. Denn infolge der Verfassungsreform 2001 wird der Regionalrat nicht mehr direkt von den Bürgern der Region gewählt, sondern von den Landtagen der beiden Autonomen Provinzen Bozen und Trient. Daher findet das Regionalgesetz von 1998 keine Anwendung mehr.
Im neuen Wahlgesetz für den Landtag ist kein Werbe-Verbot für Verbände, Vereine und Gewerkschaften vorgesehen.

Im zuständigen I. Gesetzgebungsausschuss des Regionalrates kündigten die Grünen Mitte März an, das Werbe-Verbot zumindest für die Gemeinderatswahlen “retten” zu wollen – über einen Änderungsantrag an ihrem Regionalgesetzentwurf.
Vom Ausschuss kam ein Nein, der Gesetzentwurf wurde an den Regionalrat weitergeleitet, wo er heute diskutiert wurde.

 

Weg frei wofür?

Die Wahlwerbung durch Verbände seit Jahrzehnten eine “weit verbreitete Sitte” und werde von der Bevölkerung nicht gern gesehen, meinte Brigitte Foppa im Zuge der Debatte. Zumal bestimmte Kandidaten dadurch bevorteilt seien. Als Beispiel nannte Foppa den Bauernbund, aber auch katholische Vereine. Die Abgeordneten sollten alle vertreten, nicht nur bestimmte Kategorien. Die Freiheitlichen unterstützen das Anliegen, meinte Walter Blaas, auch wenn dieser Gesetzentwurf “weder Hand noch Fuß” habe. “Für manche Vereine wäre es ein Einbruch, wenn sie ein Jahr lang keine Beiträge bekämen”, mahnte Blaas und meinte, dass die Strafmaßnahmen “auf ein verträgliches Maß reduziert” bzw. auf Sensibilisierung gesetzt werden sollte.
Bernhard Zimmerhofer  von der Süd-Tiroler Freiheit kündigte Zustimmung an – ebenso wie Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore). Es sei “ein Akt der Gerechtigkeit – keine Partei sollte versteckte Wahlwerbung bekommen”, so Zimmerhofer. Die vorgeschlagenen Sanktionen fand Zimmerhofer angemessen. Grundsätzlich aber sollte die Gemeindewahlen per Landesgesetz geregelt werden.

Der zuständige Regionalassessor Sepp Noggler hingegen erteilte der Einführung von Strafen beim Verstoß gegen das Werbe-Verbot eine klare Absage. Dieser lasse sich “kaum umsetzen”, so Noggler, zumal es in dem Gesetzentwurf der Grünen nur mehr um die Gemeinden gehe. “Eine Wahlempfehlung eines Kapellmeisters könnte dazu führen, dass eine Musikkapelle ein Jahr lang ohne Beiträge dasteht – das geht zu weit!”, fand Noggler. Es lasse sich schwer definieren, was noch zulässig sei und was nicht. Man könne auch den Gemeinden nicht vorschreiben, wem sie Beiträge geben und wem nicht. Brigitte Foppa bezeichnete die Argumente gegen den Gesetzentwurf als “Ausreden, um das Verbot komplett zu versenken”. Wenn schon die Sanktionen keine Mehrheit fänden, so sollte wenigstens das Verbot auf die Gemeinden ausgedehnt werden.

Doch damit stieß Foppa bei der Mehrheit auf taube Ohren. Der Übergang zur Artikeldebatte – und somit der Gesetzentwurf – wurde mit 20 Ja, 30 Nein und 2 Enthaltungen abgelehnt.

“Bahn frei für Partikularinteressen! Die ungeliebte Norm zum Verbot von Wahlwerbung für Vereine und Verbände, die sich für einzelne Kandidaten oder Parteien exponieren, ist vom Tisch”, meint Foppa nach der Abstimmung. “Mein Versuch, das Verbot zumindest für die Gemeindewahlen zu retten wurde ebenfalls versenkt.” Sie prophezeit: “Für einige wird es wieder ein wenig leichter werden als für die anderen.”