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Die Sparkassen-Ermittlung

Der Bozner Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante ermittelt gegen die frühere Sparkassenführung. Der Vorwurf: Betrug und Falschangaben bei der Kapitalerhöhung 2012.
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Foto: Hannes Prousch
Das Verfahren ist top secret. Dennoch: In diesen Tagen sollen fünf ehemalige Bankmanager im Bozner Gerichtspalast mit ihren Anwälten vorstellig werden. Nicht ganz freiwillig. Denn Anfang Oktober erhielten alle fünf einen Ermittlungsbescheid und die Vorladung zum sogenannten Garantieverhör.
Es handelt sich um den ehemaligen Präsidenten der Südtiroler Sparkasse, Norbert Plattner, Ex-Generaldirektor Peter Schedl, dessen zwei ehemalige Stellvertreter Richard Seebacher und Andrea Brillo sowie den langjährigen Leiter der Abteilung „Spezialkredite“, Stefano Ortolano.
Die Vorhaltungen, die Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante, den fünf ehemaligen Spitzenfunktionären der Sparkasse macht, sind keine Bagatellen. Es geht um Betrug (Art. 640 StGB) und Falschangaben („falso in prospetto“ - Art. 173 des Einheitstextes für das Finanzwesen TUF).
Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung.
 

Die Eingabe

 


Ausgangspunkt der Ermittlung ist eine Eingabe, die der Vorsitzende der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS), Walter Andreaus, und Rechtsanwalt Massimo Cerniglia bereits im Februar 2017 gemacht haben.
Die Verbraucherzentrale beanstandet darin, dass es bei der Kapitalerhöhung der Sparkasse im Jahr 2012 zu schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten gekommen sei. „Wir haben Dutzende Fälle dokumentiert, bei denen es nach unserer Meinung klare Verletzungen der Bestimmungen gegeben hat“, sagt VZS-Anwalt Cerniglia.
Die Eingabe hat zwei Standbeine. Zum einen habe die Sparkasse während der Kapitalerhöhung hunderten Klienten ein neues Profil erteilt, das nach Darstellung der VZS sehr oft der Realität nicht entsprochen habe, und erst dieses Profil habe es dem Kunden ermöglicht, weitere Sparkassenaktien zu erwerben.
 
Zum anderen beanstanden die Verbraucherschützer, dass in dem vom Gesetz vorgeschriebenen Informationsprospekt zur Kapitalerhöhung grundlegende Informationen unterschlagen worden seien. Vor allem der wahre Zustand der Sparkassentochter „Raetia SGR SPA“. Der Vorwurf: Man habe bei der Kapitalerhöhung das sich abzeichnende Millionengrab ganz bewusst verschwiegen, um so die potentiellen Aktienkäufer in die Irre zu führen.
 

Fehlende Angaben

 
In der Tat waren die Angaben zum Tochterunternehmen Raetia in der Informationsbroschüre der Sparkasse aus dem Jahr 2012 äußerst spärlich.
In dem 250-Seiten-Schriftstück heißt es zwar: „Es wird festgehalten, dass sich die Gesellschaft Raetia SGR AG zum Datum der Erstellung des Halbjahresabschlusses 2012 in Liquidation befindet.
Auch ist von den Beanstandungen der Behörden die Rede:
 
Raetia SGR AG wurde seitens der Banca D’Italia im Jahr 2011 einer Inspektion unterworfen. Im Zuge der Kontrollen hat die Aufsichtsbehörde im Dezember 2011 die Mitteilung über die Eröffnung des Verwaltungsstrafverfahrens i.S. des Art. 195 Einheitstext Finanzen übermittelt und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungs- und Kontrollsysteme, die Risikoüberwachungssysteme und den Ruf der Gesellschaft beanstandet. Auch die Consob hat im Juli 2012 i.S. der Art. 190 und 195 Einheitstext Finanzen ein Strafverfahren mit Bezug auf die geleistete Vermögensverwaltung eingeleitet. Gegen die Strafverfahren von Banca D’Italia und Consob wurden Gegendarstellungen eingereicht; eine Antwort ist noch ausständig.
 
Die Gegendarstellungen wurden am Ende nicht angenommen. Die Verwalter mussten die saftigen Strafen zahlen.
Im Informationsprospekt steht kein Wort davon, was in den Kontrollberichten der Banken- sowie der Börsenaufsicht steht. Dort wird die Zwangsauflösung wegen fehlender Kontrollen und vor allem wegen der Überschuldung der Fonds verlangt. Zu diesem Zeitpunkt war also bereits abzusehen, dass das Unternehmen für die Sparkasse zu einem Millionengrab werden könnte – was es dann auch wurde.
 

Das Gutachten

 
Nach Informationen von Salto.bz teilt Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante in seinen Ermittlungen die Vorhaltungen, die von den Verbraucherschützern gemacht wurden. Auch weil die Börsenaufsicht CONSOB in ihren Prüfberichten zur Sparkasse einige der Missstände dokumentiert hat.
 
Vor allem aber läuft seit fast zwei Jahren eine weitere Ermittlung der Staatsanwaltschaft Bozen zu den Millionenverlusten der Sparkasse. Ende Februar 2016 durchsuchten Beamte der Carabinieri-Sondereinheit ROS den Sparkassensitz und beschlagnahmten nicht nur kistenweise Akten und Dokumente, sie stellten auch mehrere Terabyte an Daten aus den Bankenservern sicher. Anfang April legten die ROS-Beamten dem damaligen leitenden Staatsanwalt Guido Rispoli einen ersten Zwischenbericht vor. Darin wird von mehrere konkrete Straftatbestände ausgegangen.
Zudem hat auch die Sparkasse selbst eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft gemacht, mit der man auf mutmaßliche Interessenkonflikte und mutmaßliche unlautere Immobiliengeschäfte früherer Verwalter hingewiesen hat.
Nach dem Abgang Rispolis hat sein Nachfolger als Oberstaatsanwalt, Giancarlo Bramante, die heikle Ermittlung übernommen. Wobei man von Anfang an einen Gutachter der Banca d'Italia beigezogen hat.
Der Vizedirektor der Banca d'Italia Bozen, Maurizio Silvi, hat Ende Juli 2016 bei Staatsanwalt Giancarlo Bramante einen 80 Seiten starken Bericht hinterlegt. In dem Gutachten wird auch auf die Kapitalerhöhung 2012 eingegangen, und Silvi kommt zum Schluss, dass es bei der Aktienausgabe eine Reihe von Unregelmäßigkeiten gegeben habe, etwa bei der Bewertung der eigenen Aktien und bei der Neuprofilierung der Kunden.
 

Die Verhöre

 
Vor diesem Hintergrund musste Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante jetzt den vier ehemaligen Sparkassenmanagern und dem Ex-Präsidenten Ermittlungsbescheide zukommen lassen. Das Quintett soll im Verhör zu den Vorhaltungen Stellung beziehen. Schon jetzt ist klar, dass nicht alle der Anhörung folgen leisten und einige von ihrem Recht Gebrauch machen werden, die Aussage zu verweigern.
Sinn der Verhöre dürfte es auch sein, individuelle Verantwortlichkeiten abzuklären. „Ich werde konkret darlegen, dass ich mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun habe“, sagt einer der Vorgeladenen zu Salto.bz.
In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie die Sparkassen-Ermittlung weitergeht.
Bild
Salto User
Günther Alois … Mi., 18.10.2017 - 07:13

Die kleinen fängt man und die GROSSEN wird man ,wie immer mit fadenscheinigen Begründungen nach langer Prozessdauer freisprechen.Wie heisst es so schön: im Zweifel für den Angeklagten! Und wenn dies nicht machbar ist zieht man so lange am "Kaugummi" bis alles verjährt ist,die Kosten sind egal,zahlt sowieso der "dumme" Bürger!!!!

Mi., 18.10.2017 - 07:13 Permalink