Politik | Wahlen 18 elezioni

„Die SVP verdreht die Wahrheit“

Anna Pitarelli über ihre Gründe bei den Freiheitlichen anzutreten, ihr Werben um italienische Stimmen, die Flughafen-Boschi-Partei und die blaue Ausländerpolitik.
Anna Pitarelli
Foto: Salto.bz
Salto.bz: Frau Pitarelli, wie kann eine moderne, junge Frau bei den Südtiroler Freiheitlichen kandidieren?
 
Anna Pitarelli: Ich habe mich ganz bewusst für diese Partei entschieden, weil die Freiheitlichen in den letzten drei Jahren, drei große Kämpfe geführt haben. Zum ersten waren sie gegen die Beteiligung des Landes am Bozner Flughafen. Zum zweiten haben sie gegen ein autonomiefeindliches Verfassungsreferendum gekämpft. Und zum dritten sind sie die Einzigen, die sich gegen das bestehende antidemokratisches Wahlgesetz bei den Parlamentswahlen stark gemacht haben.
 
Sie sprechen die Wahlhürde an?
 
Ganz genau. Im Gesetz steht eine 20-Prozent-Hürde für die Region. Das heißt aber für Südtirol 40 Prozent. Die Oppositionsparteien können so zwar kandidieren, aber ohne jede Aussicht auf Erfolg. Diese drei großen Kämpfe, die die Freiheitlichen auf Landesebene ausgetragen haben, habe ich in Bozen aktiv mitgetragen.
Ich sehe mich als Vertreterin der liberalen Politik.
Die Freiheitlichen haben mit dem neuen Obmann Andreas Leiter Reber und dem Generalsekretär Florian von Ach ein neues Profil bekommen?
 

Ich würde sagen mit dem neuen Obmann hat man eine neue Richtung eingeschlagen. Eine liberale Richtung. Es ist genau das, wofür auch ich stehe. Ich sehe mich als Vertreterin der liberalen Politik. Die Freiheitlichen haben immer eine Politik der Vernunft geführt. Immer mit Tatsachen und Fakten gearbeitet. Und nicht wie die SVP die Wahrheit verdreht.
 
Harte Anschuldigungen?
 
Das sind Tatsachen. Zuerst verspricht man den Vereinen und Verbänden Beiträge und dann spannt man sie für die eigene Wahlwerbung ein. Dabei sind das Steuergelder der Südtiroler und Südtirolerinnen, die verteilt werden. Und nicht Gelder der SVP.
 
Ihre Schlagwort für die SVP ist die „Flughafen-Boschi-Partei“.
 
Die Flughafen-Boschi-Partei. Ganz genau. Man kann sagen, dass die SVP mit Tricks die Wahrheit immer wieder verdreht. Man hat das bei den letzten Parlamentswahlen gesehen. Dort waren die Kandidaten eigentlich Kandidaten des PD. Wer das Listenzeichen SVP ankreuzte, der hat automatisch zwei PD-Vertreter ins Parlament geschickt. Ich glaube, dass es einfach an der Zeit ist, dass diese Freundlerwirtschaft aufhört. Wir brauchen wieder eine Politik, die nah am Bürger ist, und nicht eine Politik, die nur darauf abzielt, gewissen Personen Posten zu verschaffen.
Zuerst verspricht man den Vereinen und Verbänden Beiträge und dann spannt man sie für die eigene Wahlwerbung ein.
Sie saßen für die SVP im Bozner Gemeinderat und wurden dann wegen des Benko-Referendums aus der Partei ausgeschlossen. Ist diese Kandidatur jetzt die Revanche an ihrer alten Partei?
 
Nein, es ist überhaupt keine Revanche. Ich habe mehrere Angebote zur Kandidatur bekommen. Unter anderem hat auch die SVP versucht mit mir wieder Kontakt aufzunehmen. Ich habe mich aber wie gesagt, ganz bewusst für die Freiheitlichen entschieden. Weil mir deren Politik einfach näher liegt.

 
Was wollen Sie im Landtag bewirken?
 
Ich verspreche gar nichts. Denn die Meisten versprechen vor den Wahlen alles und halten dann nichts. Das Einzige was ich versprechen kann: Ich werde meine Arbeit und Politik - sollte ich gewählt werden - nach drei Grundprinzipien ausrichten. Ich werde eine Politik im Einklang mit meinem Gewissen führen. Die zweite Instanz sind dann die Wählerinnen und Wähler. Sie sind nach den Wahlen genauso wichtig wie vor den Wahlen. Die dritte Instanz ist dann die Partei, denn nur im Team kann man etwas bewirken.
Ich bin wahrscheinlich die Einzige von den Freiheitlichen, die natürlich auch auf die italienischsprachigen Südtiroler zugeht.
Die Freiheitlichen sind sehr deutschnational. Hat eine gemischsprachige Politikerin dort überhaupt Platz?
 
Auf jeden Fall hat sie Platz. Ich bin wahrscheinlich die Einzige von den Freiheitlichen, die natürlich auch auf die italienischsprachigen Südtiroler zugeht. Die Partei der Freiheitlichen hat über die Jahre hinweg bewiesen, dass ihre Politik eigentlich für alle drei Sprachgruppen steht. Die Freiheitlichen vertreten Themen, die für alle stehen. Nehmen wir den Ausbau der Autonomie. Ich glaube nicht, dass ein Südtiroler Italiener, hier etwas dagegen haben kann...
 
Sie glauben, dass Italiener die Freiheitlichen wählen?
 
Ich glaube, dass es einen kleinen Teil gibt, der die Freiheitlichen ganz bewusst wählt. Ich weiß, dass diesen Menschen die klare Linie der Partei gefällt.

 
Die Südtiroler Freiheitlichen fallen vor allem durch harte Sprüche gegen Ausländer auf. Fühlen Sie sich da wirklich wohl?
 
Ich bin keine Rassistin und ich will nichts mit Rassismus zu tun haben. Aber für die Einwanderung braucht es klare Regeln. Meines Erachtens ist es wichtig und grundlegend, dass man Kriegsflüchtlingen hilft. Das muss man ohne Abstriche. Sehr wohl muss man aber eingreifen, wenn Menschen aus völlig anderen Gründen herkommen. Es gibt dabei leider auch Fälle, wo Menschen das Sozialsystem ausnutzen und straffällig werden. Ich denke diese Menschen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.
Ich bin keine Rassistin und ich will nichts mit Rassismus zu tun haben.
Sie treten auf der blauen Landtagsliste als „Unabhängige“ an. Ist das ein Hintertürchen, um notfalls die Reißleine zu ziehen?
 
Nein, überhaupt nicht. Ich muss sagen, dass ich mich bei den Freiheitlichen sehr wohl fühle. Ich wurde sehr gut aufgenommen in diesem Team. Die Freiheitlichen haben einen neuen Obmann mit dem ich mich sehr gut verstehe. Und ich möchte unabhängig davon, wie diese Wahl ausgeht, weiterhin in dieser Partei Politik betreiben.
 
Die Freiheitlichen haben in den letzten Monaten vor allem durch eine interne Schlammschlacht Schlagzeilen gemacht. Keine Angst, dass dieser Streit auch in den kommenden Jahren weitergeht?
 
Natürlich wurde da eine systematische Kampagne gegen die Freiheitlichen geführt. Ich bin überzeugt, dass man das Ganze von Außen gesteuert hat. Es gibt in jeder Partei Zwist. Das war und ist auch in der SVP so. Am Ende ist das ganze sehr menschlich, dass es manchmal auch kracht. Ich bin überzeugt, dass die Südtiroler Freiheitlichen nicht nur in den kommenden Jahren weiterhin bestehen werden, sondern, dass sie vor allem auch weiterhin gute Sachpolitik machen werden.
 
Bei den Freiheitlichen sieht man in der Wahlwerbung aber immer nur drei Gesichter: Ulli Mair, Florian von Ach und Andreas Leiter-Reber. Wo bleiben Sie?
 
Ich bin sehr viel überall in Südtirol unterwegs. Für mich ist es sehr wichtig zu verstehen, was die Leute bewegt, welche ihre Anliegen sind. Ich kann auch gut mit Kritik umgehen, das habe ich in den vergangenen Jahren gelernt. Ich will mich einfach für die Anliegen der Bevölkerung einsetzen.
 
Sie glaube eine Chance zu haben in den Landtag zu kommen?
 
(lacht) Ich bin weder zu optimistisch, noch zu pessimistisch. Ich werden aber auf jeden Fall jedes Wahlergebnis mit Demut annehmen. Bei den Wahlen hat die Bevölkerung das Wort und das Ergebnis ist zu akzeptieren. Das gehört zum Wesen der Demokratie.