Gesellschaft | Covid-19 & Psyche

Ursache oder Folge?

Führt Covid-19 zu emotionaler Belastung? Erhöht psychischer Stress umgekehrt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion? Erste Ergebnisse einer Studie geben Anhaltspunkte.
Psyche
Foto: Bret Kavanaugh on Unsplash

Es gibt wieder 128 neue Corona-Fälle in Südtirol – so viele wie noch nie an einem Tag. Laut den Daten, die der Sanitätsbetrieb am Freitag bekannt gibt, wurden in den vergangenen 24 Stunden 1.081 Personen getestet. Die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Normalstationen der Krankenhäuser ist auf 66 gestiegen, jene auf den Intensivstationen auf 6. 3.655 Personen befinden sich in Quarantäne bzw. häuslicher Isolation.

Zugleich liegen erste Ergebnisse der Studie zu Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Psyche vor. Die Studie haben ASTAT und EURAC gemeinsam mit dem Institut für Allgemeinmedizin an der Claudiana, dem psychologischen Dienst des Gesundheitsbezirks Brixen und dem Ressort für Gesundheit durchgeführt. Insgesamt über 800 Personen haben sich beteiligt.

 

Selbsteinschätzung zu Covid-19-Infektion unzureichend

 

Ein zentrales Ergebnis der vorläufigen Auswertung ist: Die Menschen können nicht einschätzen, ob sie mit SARS-CoV-2 infiziert wurden oder nicht. Ungefähr drei Viertel der tatsächlich positiven Probanden glauben fälschlicherweise, dass sie gar nicht oder eher nicht mit dem Virus infiziert wurden. Bei den tatsächlich negativ getesteten Probanden sind das kaum mehr. Warum dem so ist, erklärt Studienleiter Roland Keim: “Zum einen, weil ca. 30 Prozent gar keine Symptome zeigen, zum anderen, weil die Symptome unspezifisch sind oder von den Betroffenen nicht richtig zugeordnet werden können.”

Das bedeute, dass sich Menschen oft in trügerischer Sicherheit wiegten und damit Gefahr liefen, andere unbemerkt mit dem Virus anzustecken.

 

Zusammenhang emotionale Belastung und Covid-19-Infektion

 

Ein weiteres Ergebnis: Positiv und negativ Getestete unterscheiden sich in ihrer spezifischen Angst vor Covid-19 nicht. Die positiv getesteten Probanden waren jedoch signifikant depressiver, ängstlicher und gestresster als negativ getestete. Aber dieser Unterschied sei nicht auf eventuelle Geschlechtsunterschiede, Altersunterschiede, auf das Wissen um die Infektion, auf längere Krankheitsdauer, Arbeitsplatzverlust, vermehrte Präsenz von chronisch körperlichen Krankheiten oder auf Quarantänemaßnahmen zurückzuführen. “Grundsätzlich ist denkbar, dass diese erhöhte emotionale Belastung eine spezifische Folge der viralen Infektion mit dem neuartigen Coronavirus darstellt”, so die Vermutung der Forscher.

Entgegen dieser Hypothese berichten die Probanden der Südtirol-Studie mit insgesamt deutlich milderem Verlauf von keinerlei Verschlechterungen der körperlichen oder psychischen Gesundheit. “Umgekehrt ist nicht auszuschließen, dass eine erhöhte emotionale Belastung die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit diesem Virus erhöht”, meint Keim. “Damit könnte unter anderem auch erklärt werden, weshalb manche nahestehenden Familienmitglieder bei vermuteter gleicher viraler Exposition infiziert werden, andere hingegen nicht. Als Grund dafür wird das komplexe Zusammenspiel von Emotionen und Immunsystem gesehen.”

 

Weitere Analysen folgen, Psyche auf jeden Fall mitdenken

 

In einer Folgeuntersuchung soll näher geklärt werden, ob nun psychische Belastungen eher zu einer erhöhten Infektionswahrscheinlichkeit führen oder, umgekehrt, die Folgen einer abgelaufenen Infektion sind und welche biologischen Mechanismen dabei beteiligt sind.

Insgesamt seien diese ersten Ergebnisse mit großer Vorsicht zu beurteilen, da statistische Zusammenhänge noch nichts über die Kausalität aussagen, zeigen die Forscher auf. So könne beispielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass die psychische Belastung von anderen, bisher nicht erfassten, aber systematisch mit Covid-19 zusammenhängenden Variablen verursacht wird. Unabhängig von der vermuteten Kausalität zeigen diese Ergebnisse aber, dass bei Covid-19, auch im Falle von milden Verläufen, an psychische Begleiterscheinungen gedacht werden muss – auch wenn die psychische Belastung in der Regel mild sei, heißt es abschließend.

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Profil für Benutzer Elisabeth Garber
Elisabeth Garber Fr., 16.10.2020 - 16:51

Die meisten in meinem Bekannten - und Freundeskreis leiden unter dem Verhalten der Corona-Skeptiker am meisten.
Vielleicht gibt es in Bälde auch zu diesem Kapitel eine Studie.

Fr., 16.10.2020 - 16:51 Permalink