Wirtschaft | Gastkommentar

Bampis Kubatur

Stellnungnahme des ehemaligen Neumarkter Bürgermeisters zur Polemik und zur Entstehungsgeschichte rund um das sogenannte „Centro direzionale".
Neumarkt
Foto: Salto.bz
Ich habe Ihren Artikel auf salto jetzt gelesen und nachdem ich in dieser Zeit Bürgermeister war, möchte ich die wirklichen Fakten zum „Centro direzionale“ wiedergeben: Im Jahr 2012 sind Wirtschaftberater Morandini mit Arch. Dellai zu mir gekommen, weil sie ihr Büro umbauen wollten. Nachdem Arch. Dellai das Mehrfamilienhaus im Kapuzinerring sehr gut restauriert hatte, habe ich sie gefragt, ob sie nicht eine ähnliche Operation für den „Centro direzionale“ andenken könnten, denn das Haus ist in meinen Augen ein Schandfleck für Neumarkt: gegenüber des denkmalgeschützten Rathauses, mitten im Herzen von Neumarkt, geflieste Außenfassaden und der Zerfall des Hauses hat längst schon eingesetzt. Sie waren skeptisch, haben sich aber zu einer Beratung zurückgezogen und um einen weiteren Termin angefragt.
Der zweite Termin hat im Beisein von Arch. Nicoli (leider mittlerweile verstorben, aber ein absoluter Fachmann in Architektur und Urbanistik) stattgefunden, welchen ich in dieser Geschichte um Rat gefragt habe. Dort wurden erste Szenarien entwickelt mit Tiefgaragenerweiterung, Durchgänge zum historischen Ortskern usw. Es wurde sogar die Untertunnelung des Rathausringes in groben Zügen geprüft. Da das Projekt im Zentrum mit diesen Ausmaßen und auch vom architektonischen einen großen „impatto“ aufs Zentrum von Neumarkt haben wird, habe ich auch den obersten Raumplaner des Landes als Berater hinzugezogen, sprich den aktuellen Ressortdirektor Frank Weber. Wir sind bei den Planungen so ins Detail gegangen, dass sogar öfters über die Möglichkeit diskutiert wurde, ein Glockenspiel auf besagtem Haus anzubringen! Uns war immer wichtig, vor dem Rathaus einen Platz zu erhalten (zur Zeit gibt es nur eine Straße bzw. einen Parkplatz und einen privaten Garten, der kaum gepflegt wird), welchen das Kondominium im Zuge des Umbaus errichten und an die Gemeinde abtreten müsste (Kosten? Ca. 300.000 bis 500.000 Euro oder wahrscheinlich inkl. Grundabtretung 800.000).Über einen Raumordnungsvertrag haben wir in der Raumordnungskommission gesprochen, war in diesem Fall aber nicht angebracht, weil das Kondominium eine Gegenleistung erbringen muss und die Gemeinde Raumordnungsverträge nicht als Mittel zur Geldbeschaffung benutzen darf (siehe Urteil des Verwaltungsgerichtes Bozen Nr. 298/2011).
 
 
Nach 2 Jahren (August 2014) mit unzähligen Treffen sind wir dann zu einer Einigung gekommen.
Unter der Voraussetzung, dass:
 
  • die Gemeinde die urbanistische Hochheit hat und nicht immer einen Raumordnungsvertrag machen muss, um jemanden eine Kubatur zuzusprechen (z.B. wenn aus urbanistischen Überlegungen der Index einer Zone erhöht wird). Ziel der Raumordnungsverträge (ROV) sollte es nicht sein, die Kassen der Gemeinden zu füllen (auch wenn sie oft ein Willkommenes Mittel sind)!
  • die Initiative der architektonischen und urbanistischen Verbesserung dieses Herzstückes des Zentrums von Neumarkt von der Gemeinde ausgegangen ist
  • dass das Kondominium bei einer energetischen Sanierung des Gebäudes (ca. 20.000 Kubikmeter) den energetischen Kubaturbonus von 20% sowieso gratis erhalten hätte, sprich 4.000 Kubikmeter
  • das Kondominium den Platz zwischen Rathaus, Kondominium, Sanität auf eigene Kosten herrichten und abtreten muss
wurde dem Kondominium durch eine Einfügung in die A-Zone der Index erhöht und somit ca. 8.000 Kubik (- 4.000 energetischer Bonus, also effektiv 4.000 Kubik) zugesprochen.
 
 
Das Thema ist sehr komplex, deshalb ware ein Oppositions-Ratsmitglied anfangs auch skeptisch und nachdem wir ihm die Operation ausführlich erklärt haben, hat er sie verstanden und im Gemeinderat am 10/2/2020 dafür gestimmt! Die Landesraumordnungskommission hat in ihrem Gutachten Prot. 61.03.04 vom 4/11/2014 sogar geschrieben „Die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung hat anerkannt, dass sich die Gemeinde um die urbanistisch ambitionierte Weiterentwicklung des Ortsgebietes bemüht und hat somit zum Antrag positives Gutachten erteilt“. Die Landesregierung hat den Beschluss ebenfalls einstimmig genehmigt.
Das aktuelle Projekt ist sicherlich vom ästhetischen verbesserungsfähig, daher habe ich meinerzeit den Landesbeirat für Baukultur um ein Gutachten gebeten, weil dies Fachleute mit großer Erfahrung sind und vor der Ausstellung der Baukonzession noch Anpassungen von den Bauherren eingefordert werden können.
 Das gesamte Verfahren ist mit äußerster Transparenz abgelaufen! Es waren viele Akteure eingebunden, sogar Ratsmitglieder der Opposition, die auch zu den Kondominiumssitzungen gekommen sind, wo übers Projekt, Kubaturen, Verfahren usw. gesprochen wurde! Alle Beschlüsse wurden regulär veröffentlicht. Das Verfahren ist über Jahre gelaufen! Zeno Bampi war bereits damals im SVP-Ortsausschus. Die Landesraumordnungskommission prüft bei solchen Verfahren jegliches Detail bevor sie ein positives Gutachten abgeben.
Das aktuelle Projekt ist sicherlich vom ästhetischen verbesserungsfähig.
Noch eine einfache Rechnung zum Wert der Kubatur:
Im Artikel beziffert Zeno Bampi den dazugewonnen Wert des Kondominiums mit 2.000.000 Euro, d.h. bei 4.000 Kubikmeter (4.000 hätten sie für die energetische Sanierung sowieso bekommen) 500 Euro im Kubikmeter! 
Den eigentlichen Wert der Kubatur kann sich jeder ganz einfach selbst ausrechnen anhand einer Umwidmung laut Art. 36-bis. Eine solche Umwidmung läuft gerade auch für Zeno Bampi: Umwidmung von 806 Quadratmeter mit einer Dichte von 1,8 ergibt 1.450,80 Kubikmeter. Dafür muss der Eigentümer 130.572 Euro bezahlen, d.h. 130.572 : 1.450,80 = 90 Euro pro Kubikmeter. Dieser Beschluss kommt noch in den Gemeinderat.