Gesellschaft | Autismus

„Es gibt noch viel Verbesserungsbedarf“

Von einem Elternverein zur Sozialgenossenschaft. Elisabeth Zelger Vallazza über die Arbeit und den Werdegang vom Fachzentrum Autòs.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Elisabeth Vallazza

AUTòS ist ein Fachzentrum, das sich auf die Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) spezialisiert hat. Die Genossenschaft fördert ein umfassendes Betreuungsmodell, welches den nationalen und internationalen Leitlinien zum Thema Autismus folgt. Doch auch hier in Südtirol gibt es noch viel Verbesserungsbedarf.

 

Salto. Bz.: Wann und vor allem warum wurde Autòs gegründet?

 

Elisabeth Zelger Vallazza: Mittlerweile besteht unser Verein seit 2011. Es waren betroffene Eltern aus dem Raum Meran, darunter auch mein Mann und ich, die den Verein ins Leben gerufen haben. Autos entstand aus der dringenden Notwendigkeit einer Freizeit- und Nachmittagsgestaltung, sowie Sozialtraining, für unsere, von Autismus-Spektrums-Störungen betroffenen, Kinder. Das war unsere Mission, weil es bis dato nichts dergleichen gegeben hat. Und das ist leider in anderen Gemeindebezirken nach wie vor so.

 

Wie kann man sich die Arbeit des Vereins vorstellen?

 

Meine Idee war, diese Projekte mit vorhandenen Ressourcen zu starten und mit den verschiedenen Diensten, die eigentlich für die Projektierung solcher Maßnahmen zuständig wären, eng zusammenzuarbeiten.

Da ich selbst im Sozialbereich gearbeitet habe, war mir bekannt, wo die Schwierigkeiten in der Umsetzung von Projekten bei den Diensten liegen.

Es gibt Projekte in unterschiedlichen Bereichen. Diese sind aber, in den meisten Fällen für eine kurze Dauer und zeitlich begrenzt angesetzt. Für Eltern, die eine Entlastung brauchen, ist das der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Unser Vorhaben war ein Pilotprojekt, dass in enger Zusammenarbeit mit dem Sozial-und Sanitätsbetrieb umgesetzt wurde. Bei den Nachmittagsprogrammen, die von den Diensten mitgetragen wurden, handelte es sich nicht nur um eine reine Betreuung, sondern um spezifisches Sozialverhalten- und Autonomieentraining mit dem Ziel, im Erwachsenenalter weitmöglichst selbstständig im Alltag zurecht zu kommen.

Was nicht funktioniert hat war, dass diese Projekte zwar eine lange Laufzeit hatten, aber für die Personen mit Vollendung des 21. Lebensjahres abrupt geendet sind, weil der Sozialsprengel Meran diese Trainings nicht mehr mitgetragen hat.

Mein Sohn zum Beispiel ist 25 Jahre alt und arbeitet in einer Sozialgenossenschaft, für Freizeit und Wochenendtrainings ist aber nichts mehr vorgesehen. Auch wenn das so nicht rechtens ist. Mittlerweile gibt es ein nationales Gesetz für Personen mit Autismus-Spektrums-Störungen, das besagt, dass eine lebenslange Begleitung gewährt werden muss. Das muss hier in Südtirol noch angegangen werden.
 

 

Welche Dinge müssen Ihrer Meinung nach geändert werden, um Personen mit Autismus Spektrum-Störung besser zu unterstützen?

 

Uns ist wichtig zu betonen, dass ein sinnvolles Arbeiten mit Personen mit ASS nur dann gegeben ist, wenn caregiver die Funktionsweisen dieser Personen verstehen und spezifische Techniken kennen. Dieses Problem des Nicht-Wissens oder Nicht-Verstehens betrifft leider auch häufig Eltern.

Zudem muss es eine Spezialisierung nach Leitlinien geben. Personen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, müssen diese Leitlinien-Therapien kennen. Das scheint sich jetzt aber auch im Sanitätsbetrieb durchgesetzt zu haben, zumindest in Meran und Bozen. Andere haben noch Arbeit vor sich.

 

Es gibt also ein großes Bedürfnis an Betreuungsplätzen?

 

Seit 2015 haben eine Konvention mit dem Sanitätsdienst und behandeln Kinder und Erwachsene mit Autismus-Spektrums-Störungen auf Zuweisung des Sanitätsdienstes. Im Hinblick auf die steigenden Fallzahlen, auch durch unsere jahrelange Sensibilisierung und das nationale Gesetz, muss der Sanitätsdienst aktiv werden. Plötzlich bemerkt man, dass es eine deutlich größere Anzahl von jungen Erwachsenen gibt, die nie eine fachgerechte Behandlung erfahren haben. Aufgrund der Tatsachen, dass es immer mehr Anfragen auf einen Therapieplatz gibt, haben wir unser Personal aufgestockt und beschäftigen mittlerweile sechs Mitarbeiter, die eine hohe Spezialisierung für Autismus-Spektrums-Störungen vorweisen können. Ab Anfang Januar 2022 führen wir unsere Tätigkeit als Sozialgenossenschaft weiter.

 

Sie bieten auch einen Beratungsdienst für Schulen an. Wie ist die Situation dort?

 

In den Schulen gibt es zwar mittlerweile spezialisierte Fachkräfte, diese werden jedoch den Schüler*innen nicht nach Spezialisierung zugeteilt, sondern nach Rangordnung. Dieses Problem ist dem Assessorat schon länger bekannt und muss unbedingt behoben werden.

Aus unserer Erfahrung kann ich sagen, dass die deutschen Schulen sich ungemein schwer tun eine Beratung zuzulassen, da sind die italienischen Schulen schon weiter und nehmen gerne Hilfe von außen in Anspruch.