Kultur | Bergwelt

Musica, musica!

Wer ist Jovanotti? Was ist der Kronplatz eigentlich? Und wer spricht denn da noch überhaupt über Ruhe und Stille?
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Richtige, wahrhaftige Antworten auf sehr subjektive Wahrnehmungen zu geben, ist kein leichtes Unterfangen. Am besten versuchen wir daher, erst einmal die richtigen Fragen zu stellen. Und es gibt einige Fragen rund um das Konzert von Jovanotti auf dem Kronplatz. Die heftigen Diskussionen, bei denen ein jeder unverrückbar auf seinem Standpunkt beharrt, tragen nicht gerade zum Verständnis der Situation bei. „Mormora, la gente mormora, falla tacere praticando l’allegria“, singt der Rapper. Eine der vielen Fragen, die wir uns stellen könnten, ist die nach dem Musiker – wer ist Jovanotti überhaupt? Lorenzo Cherubini fing vor vielen Jahren mit leichter Popmusik an, war zunächst ein unbeschwerter Typ, der ohne große Ambitionen komponierte und textete, dann aber schon bald mit seiner großen Energie auffiel, die ihn schnell zum Erfolg führte. Mit den Jahren fand der Künstler ein gutes Gleichgewicht; er hatte viel zu sagen, machte Musik, in der sich nicht nur die Kids wiederfanden. Sein positives Denken sendet positive Botschaften aus, verstärkt durch seine außergewöhnliche Kommunikationsfähigkeit. Eines seiner besonders wichtigen Stücke war „Il Cuore“, ein Aufschrei, der all denjenigen eine (Protest-) Stimme verlieh, die sich nach dem Attentat auf Giovanni Falcone von einem Staat verlassen fühlten, der den Kampf gegen die Mafia verloren zu haben schien. Jovanotti bezieht auch heute noch Position, pflegt seinen sehr besonderen künstlerischen Stil, erhebt den Finger, wenn es nötig ist, regt sich auf, verfällt aber nie ins Predigen. Er kommuniziert auf eine schöne, optimistische Art.

Die zweite Frage, die wir uns stellen sollten, ist die nach dem Kronplatz. Was ist das eigentlich? Ein Berg? Sicher ist, dass eine große Masse aus Fels und Erde, sich mit einem gewissen Gefälle über das restliche Terrain erhebt, gemeinhin als „Berg“ bezeichnet wird. Aber ist der Kronplatz auch Berg im Sinne von Ort des Friedens, der Stille, der Selbstbesinnung? Ich selbst bin nicht oft auf dem Kronplatz, aber es ist völlig klar, dass ich nicht auf den Disneymount fahren würde, dieses organisierte Durcheinander mit inkludiertem Museum, wenn ich auf der Suche nach Stille und Ruhe wäre. Ein Museum war übrigens ursprünglich einmal ein Heiligtum der Musen, eine Einrichtung, in der die Kultur gefördert wurde und die als Forschungseinrichtung diente, ein Ort, in dem ob ihrer Seltenheit, Geschichte oder Vorzüglichkeit bedeutende Dinge aufbewahrt wurden.

Sein Museum zur Erhöhung des menschlichen Geistes hat Messner den 15. Achttausender genannt. Und daher muss die Frage lauten: Wieso darf in einem erhöhten Chaos-Ort ein Museum existieren und ein Konzert, das good vibrations fördert, nicht? Mir kommt es vor, als wäre die Wahrheit wie die Sonne… sie tut gut, solange sie nicht verbrennt. Auf dem Kronplatz gibt es außer dem Museum übrigens Liftanlagen, eine Riesenschaukel, ein Indianerdorf, Spiel und Spaß für Jung und Alt, ein Kletterpark, Restaurants mit asiatischer Küche, eine Pizzeria, das Restaurant eines hochprämierten Sternekochs, Geschäfte, Skischulen und auch ein paar lange und schöne Skipisten. Paradoxerweise findet sich die richtige Antwort ausgerechnet auf der Website des Kronplatzes: Wie schmecken die Berge? Nun, der Kronplatz schmeckt nach allem, nur nicht nach Stille. Hier gehst du nicht hin, wenn du Ruhe und (inneren) Frieden suchst. Ganz spontan stellt sich aber auch eine andere Frage: Wieso kann an einem Ort, in dem massenweise Menschen sich amüsieren, nicht auch ein Künstler auftreten, der von Leben und Gemeinschaft singt? „Le canzoni non devono essere belle, Devono essere stelle, Illuminare la notte, Far ballare la gente”. Punktum. Wie sollte man da nicht einverstanden sein? Und wenn wir das Thema etwas weiter fassen, komme ich zu dem Schluss, dass man an Orten, die ohnehin schon stark an menschliche Bedürfnisse angepasst sind, ganz vielfältige Aktivitäten konzentrieren sollte, und dafür Orte, die der Stille gewidmet sind, als solche bewahrt, sie schützt und pflegt.

In der Hoffnung, dass sich zwischen superkritischen Gegnern und radikalen Jovanotti Harmonie sein möge, und im Bewusstsein, dass je stärker die Eintracht ist, es umso leichter ist, für die Zwietracht zu kämpfen, warten wir darauf, dass die große Concordia-Glocke auf dem Gipfel nicht nur für Messner und Jovanotti schlägt, sondern für alle, die sich die richtigen Fragen stellen. Eines haben wir auf alle Fälle verstanden: Diese ganze öffentliche Debatte hat den Strategen des Kronplatzes, hat Messner und dem Konzert von Jovanotti nicht geschadet. Weshalb die allerletzte Frage, die wir uns stellen sollten, lautet: Und wenn es das war, was sie wollten?

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Peter Gasser Fr., 19.04.2019 - 07:32

Die rechten Fragen - die Kunst des Lebens.
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Das war es wohl, „was sie wollten“. Wenn die Menschen schon zum Konzert auf den Kronplatz gehen, dann HAY LEUTE, ich bin da auch, DAS MUSEUM!
Laut gebrüllt, vielfaches Echo im Blätterwald.
https://www.salto.bz/de/article/17042019/die-vermessnerung-der-welt#com…
Das Spiel zwischen Held und Presse, versteckt dahinter lacht das fette Rund des goldenen Talers.

Fr., 19.04.2019 - 07:32 Permalink