Politik | Raumordnung

Benko-Gesetz: Pasqualis Stopp

Das Benko-Projekt führt zu immer mehr Unmut im Bozner Rathaus. Kommt es nun zum Kraftakt zwischen Bürgermeister Luigi Spagnolli und Urbanistikstadträtin Chiara Pasquali?

Der Stein des Anstoßes trägt die Nummer 55 bis. Ein weiterer Artikel im Urbanistikgesetz, der Ende Juni vom Südtiroler Landtag im Rahmen der kleinen Reform an reale Bedürfnisse angepasst werden soll. Im konkreten Fall, an das ehrgeizige Vorhaben der Bozner Südtiroler Straße mit Hilfe des österreichischen Tycoons Renè Benko ein modernes Outfit zu verleihen. Doch die Umsetzung des von Stararchitekt David Chipperfield entworfenen Kaufhauses samt Hotel, Wohnungen, Büros und Grünflächen auf dem Areal des heutigen Hotel Alpi verträgt sich nicht mit den aktuellen Bestimmungen der Raumordnung. Deshalb hat Bürgermeister Luigi Spagnolli mit Hilfe seiner Techniker für Raumordnungslandesrat Elmar Pichler Rolle einen Abänderungsvorschlag vorbereitet, der mittlerweile als „legge Benko“ gehandelt wird. Denn in insgesamt neun Absätzen würde er für Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern alle Voraussetzungen schaffen, die für das Mega-Projekt notwendig sind – darunter die Aufhebung des Verbots privater Bautätigkeit auf öffentlichen Grundstücken sowie eine extreme Verkürzung der Genehmigungszeiten.

Eine äußerst effiziente Handhabung bestehender gesetzlicher Hürden also – in einer Stadt, in der bereits mehrere Großvorhaben wie das Thun-Projekt auf dem Virgl oder die neue Jenesier Seilbahn versenkt wurden. Ganz anders wird das entschlossene Vorgehen des Bürgermeisters nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Bozner Regierungsmehrheit gesehen. SEL-Gemeinderat Guido Margheri spricht beispielsweise von einer „Balkanisierung des Territoriums“, der Grüne Riccardo dello Sbarba von einem „porcellum urbanistico“. Einige der wesentlichen Kritikpunkte? Sollte der Artikel so durchgehen, würden bei der Erstellung von Wiedergewinnungsplänen eine Reihe von Korrekturmechanismen durch den Gemeinderat oder Bürger verschwinden. Doch auch die Genehmigungsfrist für die Einreichung von Alternativprojekten ist mit 30 Tagen derart kurz gehalten, dass sie gerade bei einem solch gewaltigen Areal Alternativprojekte quasi unmöglich machen würde, wie die Gemeinderätin der Grünen Brigitte Foppa meint.

Fast ebenso gravierend wird von einigen Exponenten im Bozner Rathaus die Vorgehensweise bei der Erstellung des Abänderungsantrags gesehen. Obwohl es hier um Entscheidungen geht, die wesentliche Auswirkungen auf die künftige Stadtentwicklung haben, wurde nicht einmal Urbanistikstadträtin Chiara Pasquali einbezogen oder rechtzeitig informiert. Ein politisches Problem, wie sie selbst meint – neben dem aber auch sie ein inhaltliches sehe. Zwar gäbe es vor dem Hintergrund der gesamten Neugestaltung des Bahnhofsareals tatsächlich einige Aspekte im Urbanistikgesetz, für die eine Anpassung notwendig sei – und die bisher bei der anstehenden kleinen Reform vergessen wurden. "Diese können jedoch nun nicht ad hoc auf einen spezifischen Fall hin gelöst werden“, sagt sie, „sondern müssen generell für alle künftigen Projekte durchgedacht werden.“

Ihr Gegenvorschlag? Ein entsprechender Abänderungsantrag zum bestehenden Pichler Rolle-Antrag, der darüber hinaus mehr Transparenz garantiere und die Wiedergewinnungspläne auf Initiative von Privaten zur Ausnahme mache. Am morgigen Dienstag will sie ihn im Bozner Stadtrat zur Abstimmung einbringen. Und was ist, wenn sie damit beim Bürgermeister abblitzt? „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier große Divergenzen geben wird“, gibt sich die Urbanistikstadträtin zuversichtlich. „Vielleicht wäre es einfach besser gewesen, sich schon für den ersten Vorschlag mehr Zeit zu nehmen – und vielleicht auch die zuständige Assessorin miteinzubeziehen.“