Umwelt | Insektenvielfalt

Sag mir, wo die Blumen sind

Insektenvielfalt: Ein Aufruf zu mehr Mut und Verständnis für Wildblumen im öffentlichen und privaten Raum.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Wiese
Foto: (c) pixabay

Wir Südtiroler sind ein fleißiges Volk und stolz auf unsere Kulturlandschaft, welche von Touristen so geschätzt wird. Die Wiesen an privaten und öffentlichen Straßenrändern, Kreuzungen und Böschungen werden immer tipptopp gehalten. Die englischen Parks nachempfundene Ästhetik ordentlicher und kurzgeschnittener Wiesen hat aber einen Nachteil: Die Blüten werden immer wieder abgemäht, sodass sich keine Blumenwiese entwickeln kann. Ein weiterer Grund für den Rückgang an Wildblumen in unserem Umfeld ist, dass Wiesen und Weiden im landwirtschaftlichen Grün meistens gedüngt werden. In den Sechzigerjahren wurden die ersten deutschen Touristen in Südtirol gelegentlich von Bauernkindern mit bunten Wildblumensträußchen beschenkt. Inzwischen würden die Touristen wohl eher einen Strauß voller Löwenzahn mit etwas Sauerampfer erhalten.

 

Blütenvielfalt = Insektenoase

„Heute gibt es 75 Prozent weniger Insekten als in den 80er-Jahren“, so lautet das schockierende Ergebnis einer Studie aus Deutschland.*1

 

Ein allmählicher Umbruch

Dass ein Umdenken stattfindet, hat die Gemeinde Klausen bewiesen, indem sie heuer an der Flussböschung der Promenade einen langen Blühstreifen gesät hat. Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn in öffentlichen Flächen Südtirols mehr Mut und Verständnis für die Wildblumenvielfalt herrschte. In Bruneck wurde eine solch „unordentliche“ Fläche in der Nähe des Bahnhofs mit der Beschilderung „Bienen- und Schmetterlingswiese“ versehen, um für mehr Verständnis zu werben. Seit einigen Jahren sät der Verfasser dieses Artikels auf einer öffentlichen Böschung eine Wildblumenmischung aus. Jedes Mal beginnen sich Margeriten, Nachtkerzen, Katzenminze, Klatschmohn, Natternkopf, Malven und weitere Blumen zu entwickeln, die aber kurz vor der Blüte niedergemäht werden. Wenn es nach dem Mähen nicht regnet und eine Trockenperiode folgt, trocknet das niedrige Gras an der Böschung schnell aus und auf dem sandigen Trockenhang bleibt jedes Mal eine unansehnliche braungelbe, verbrannte Fläche zurück.

Jeder kleine Beitrag ist wertvoll

Bei kleinen privaten Wiesen, auf denen Kinder spielen, ist es nachvollziehbar, dass man den Rasen gerne kurz hält. Doch bereits ein schmaler Wildblumen-Blühstreifen an der Rasenecke leistet einen bedeutenden Beitrag für die Insektenvielfalt vor Ort. „Nur wenige Quadratmeter eines hochwertigen Blühstreifens können zur kleinen Oase für Insekten im großen Umkreis werden“, sagte ein Südtiroler Biologe vor wenigen Jahren bei einem Vortrag am Tag der Biodiversität in Klausen. Beachten sollte man, dass die Wildblumen heimisch sind und standortbezogen gesät (Bodenbeschaffenheit, Sonnenlage beachten!) werden. Dadurch kann man Blühstreifen im darauffolgenden Jahr aufwerten. Bestimmte heimische sowie fremde „Unkrautarten“ wie wilder Spinat, Goldrute oder Springkraut, welche andere Blumen überwuchern, sollten unbedingt gejätet werden. Wo gespritzt wird, ist es nicht sinnvoll, Wildblumen zu sähen. In der Nähe der Blumenwiese sollten man ein „wildes Eck“ wuchern lassen. Brennnessel bieten beispielsweise Futter für verschiedene Schmetterlingsraupen. In einem Äste- und Blätterhaufen können sich Insekten zurückziehen und zudem den Winter überdauern.

Quellen:

*1 Studie Krefelder Entomologischen Verein

*2 PDF S. 3 - Laimburg Studie Nützlinge bezüglich Grashöhe

 

 Viel Spaß beim Tiere beobachten wünscht euch der Südtiroler Tierfreundeverein

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Sepp.Bacher Di., 17.08.2021 - 17:30

Es stimmt dass man die meisten Wildblumen noch auf Böschungen oder steilen Wiesen sieht, denn da kommt der Güllewagen nicht hin. Zum Glück!
Die Bozner Gemeindegärtnerei hat z.B. in der Industriezone grüne Streifen mit bunten Blumen besäht. Leider gehen sie oft bei Trockenheit ein, weil sie anscheinend nicht bewässert werden.
Es gibt aber immer mehr solche Ansätze der bewussten Schaffung von Bumenwiesen oder -streifen.

Di., 17.08.2021 - 17:30 Permalink
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Prader Stefan Mi., 18.08.2021 - 12:41

Antwort auf von Sepp.Bacher

Vielen Dank für Ihr Kommentar. Sie sprechen einen wichtigen Punkt an.
Die gesähten Bumenmischungen sind leider oft nicht standortangepasst (Bodenbeschaffenheit, Klima & Sonnelage).
Ein blühender Trockenhang kann ein wertvolles Kleinbiotop sein und muss nicht zwingend von Menschenhand bewässert werden. In der Bozner Industriezone wäre es vielleicht sinnvoll eine Wildblumenmischungen für trockene sonnige Standorte zu sähen.
Wenn der Boden sandig ist, sollte auf eine Sandbodenblumenmischung zurückgegriffen werden. (Feuerrote Mohnblumen neben der Autobahn in Süditalien oder goldgelbe Königskerzen an den Bahngleisen beweisen, dass bestimmten Wildblumen Trockenperioden nichts ausmachen.

Auch wenn manche Blumen nicht unbedingt bewässert werden müssen, braucht trotzdem jeder Naturgarten und jeder Wildblumenstreifen ein grundsätzliches Mindestmaß an Pflege, sonst kann es vorkommen, dass die Blütenvielfalt in wenigen Jahren von einer dominanten Pflanzenart überwuchert wird.

Beste Grüße
Stefan Prader

Mi., 18.08.2021 - 12:41 Permalink