Politik | seit Jahrzehnten quält sich jede Regierung Italiens mit dem paritätischen Zweikammernsystem (einmalig in Europa), bei dem, z.B. für eine Gesetzesgenehmigung, die Abgeordnetenkammer und der Senat gleichermaßen zustimmen müssen;

JA zum Verfassungs-Referendum

gemäß den Aussagen der sicher kompetentesten Verfassungsexperten Südtirols, Francesco Palermo u Karl Zeller, ist die Südtirol-Autonomie bei einem JA nicht gefährdet
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Meine Meinung zum Verfassungs-Referendum und Renzi ist folgende :
- seit Jahrzehnten quält sich jede Regierung Italiens mit dem paritätischen Zweikammernsystem (einmalig in Europa), bei dem, z.B. für eine Gesetzesgenehmigung, die Abgeordnetenkammer und der Senat gleichermaßen zustimmen müssen;
- dieses System durch eine starke, von den Bürgern gewählte Abgeordnetenkammer zu ersetzen, wo der Senat im wesentlichen zu einem Rat der Länder und großen Städte wird (ähnlich dem Bundesrat der BRD, der auch nicht von den Bürgern direkt gewählt wird), erscheint mir vorrangig vor allen anderen Fragen und Problemlösungen zu sein;
- der von beiden Kammern bereits genehmigte Text dieser Verfassungsänderung mag noch so unvollkommen sein, ein besserer, überarbeiteter Text hätte keine Chance im Parlament nochmals die erforderlichen Mehrheiten zu erhalten;
- andere Gesetze, wie z.B. das Wahlgesetz, können auch in einer nachfolgenden, späteren Phase neu eingebracht werden;
- wenn Renzi das Abstimmungsergebnis des Referendums über diese Verfassungsreform mit der Weiterführung seines Amtes als Ministerpräsident verknüpfen sollte, könnte ich´s verstehen, da mit dem paritätischen Zweikammersystem endlich Schluss sein muss, um erfolgreich weiterregieren zu können;
- eine Alternative zur Renzi-Regierung sehe ich derzeit nicht; Italien würde ins Chaos fallen und die derzeitigen so absurd vereinten Gegener Renzi´s könnten, zum großen Schaden Italiens, einen Scherbenhaufen ähnlich dem, den Brexit in Großbritanien angerichtet hat und mit dem Austritt von Schottland ecc. noch anrichten wird, ernten;                                                                                                                                                                  -  gemäß den Aussagen der sicher kompetentesten Verfassungsexperten Südtirols, Francesco Palermo und Karl Zeller, ist die Südtirol-Autonomie bei einem JA zum Referendum nicht gefährdet, somit werde ich mit JSA stimmen.                                                                                                                    

Karl Trojer, Terlan                                               

 

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Marcus A. Sa., 17.09.2016 - 14:05

Herr Heiss,

Sie fordern "weg mit dieser selbstherrlichen und korrupten Politikerkaste" und sehen gleichzeitig keine Alternative zur Renzi-Regierung?? Verstehe ich jetzt nicht ganz.

Woher wissen Sie, dass Großbritannien vor einem Scherbenhaufen steht?? Großbritannien steht vor großen Herausforderungen, das ist sicher, aber wer weiß ob sie in einigen Jahren nicht besser da stehen. Wenn Sie es jetzt schon mit Sicherheit wissen, dann Komplimente.
Nichts ist sicher, auch nicht der Bankrott Italiens. Theoretisch hätte Italien seit vielen Jahren bankrott sein müssen, praktisch ist das bis dato nicht passiert.
Die EZB hat also die Aufgabe, die Schulden der Italiener zu europäisieren. Das ist also die europäische Solidarität....

Sa., 17.09.2016 - 14:05 Permalink
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gorgias Sa., 17.09.2016 - 15:58

Das Ende des perfekten Zweikammernsystem wird diskutiert seit ich mich im entferntesten für Politik interessiere und wäre dringend nötig. Jedoch hat diese Verfassungsreform problematische Punkte die Sie einfach ausblenden.

Ich sehe nicht ein dass die Bürger der Gemeinde Bozen Einfluss auf zwei Senatoren der neuen Kammer nehmen können (Landtags- und Gemeindewahlen) während der Rest Südtirols nur auf einem.
Nebenbei frage ich mich wie der Landeshauptmann und der Bürgermeister von Bozen noch Zeit finden sollen dauernd für Abstimmungen und für andere Belange nach Rom zu reisen.
Südtirol wird mit der neuen Verfassungsreform kaum mehr Einfluss auf die nationale Politik nehmen können und die Schutzklausel kann im Fall von einer "emergenza nazionale" jederzeit umgangen werden.

Sa., 17.09.2016 - 15:58 Permalink
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Sepp.Bacher Sa., 17.09.2016 - 17:09

Man muss über die zur Abstimmung gebrachte Verfassungsreform diskutieren und nicht über das Schicksal Renzis. Die wird länger Bestand haben und Renzi wird sich schon retten, wenn er schon so alternativ-los ist!

Sa., 17.09.2016 - 17:09 Permalink
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Mensch Ärgerdi… So., 18.09.2016 - 12:05

Zu den ersten zwei Punkten: Herr Trojer, in wie fern glauben Sie, dass die Änderung zu einen anderen System der Kammern die römische Kloake verbessern kann? Es geht doch in erster Linie nicht darum ob das Gesetz durch zwei Kammern, drei Kommissionen, und 32 Händen gereicht wird, sondern WER die Leute denen diese Hände gehören. Zu glauben, dass ein System mit einer Kammer die Gesetzesgebung qualitativ verbessert, strotzt nur so an Naivität. Wenn dann könnte höchstens der Mist der in Rom meist produziert wird nur schneller produziert werden. Mit Verlaub, wer meint, dass die Bürger bei der italienischen Wahl des Parlaments etwas zu melden haben (in Bezug auf die Personen die aufgestellt werden), hat von italienischer Politik gleich viel Ahnung "wia die Kuah vun Sunntig".
Zu Punkt drei. Was soll das heißen? Wir haben ein mit den Füßen (um nicht andere Körperteile zu nennen) geschriebenes Verfassungsreformsgesetz und nur weil es nach langem hin und her endlich durch die Kammern durchgekommen ist, müssen wir jetzt dafür sein? Das wäre so als würde man im Restaurant einen vergammelten Fisch essen und dafür bezahlen nur weil die Küche durch Unfähigkeit von Koch und Besitzer nichts anderes zu bieten hat. Nein danke!
Punkte 4 und 5. Renzi und seine Regierung stehen in keinen Verhältnis zur Wichtigkeit der Verfassung. Seine Regierung ist nur eine von 50 die Seit der Gründung der Republik untergehen würden und die haben wir auch alle überlebt.
6. Südtirol wird immer eine Sache für sich bleiben. In wie fern wir politisch morgen in einem zentralistischen Staat noch toleriert werden würde ich hier mal in Frage stellen und darüber nachdenken.

So., 18.09.2016 - 12:05 Permalink
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Marcus A. So., 18.09.2016 - 13:35

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

zu Punkt 6: Sehr richtig. Sollte die Reform durchgehen, feiern wir kurzfristig vielleicht einen Sieg und langfristig schießen wir uns selber ins Knie? Ein Pyrrhussieg?
Die beste Südtiroler Politik in Rom sollte sein, keine nationale Politik zu machen. Der Pakt mit dem PD war falsch. Wer weiß, vielleicht fordert der PD nun langsam aber sicher seine Teile der Abmachung ein und der LH und römische Edelweiß-Kollegen müssen gute Miene zum politischen Schachspiel machen, ohne jedoch selbst derart von dieser Reform überzeugt zu sein, wie sie es in der Öffentlichkeit jedoch demonstrieren wollen, sollen oder vielleicht auch müssen? Ich weiß es nicht. Politik wird aber großteils in Hinterzimmern gemacht, das sollte man nicht vergessen.

Juristisch mag der LH zu der Verfassungsreform und den Auswirkungen auf Südtirol vielleicht Recht haben, politisch und strategisch sieht es mit guter Wahrscheinlichkeit anders aus. Doch auch das "Recht an sich ist nicht so sicher wie man immer glauben möchte und glauben soll.

Die einzige Sicherheit in Italien ist die Unsicherheit. Regierungen kommen und gehen, die Verfassung bleibt und der Neid anderer Regionen wird steigen.

So., 18.09.2016 - 13:35 Permalink
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Marcus A. So., 18.09.2016 - 13:54

Herr Trojer,

Ihre Meinung und Experten-Vertrauen in Ehren, aber ein "Verfassungsexperte" erinnert mich immer an einen Urwaldforscher der jahrelang an einem Baum im Urwald forscht und glaubt alles sei in bester in Ordnung und gleichzeitig nicht sieht, dass der Urwald selbst seit ein paar Jahren niedergerodet wird und lichterloh brennt.

Expertentum ersetzt nicht den gesunden Hausverstand. Im Gegenteil, zuviel Expertentum macht oft blind für den Blick auf das Ganze.
Recht haben, heißt nicht gleichzeitig, das Richtige zu tun.

So., 18.09.2016 - 13:54 Permalink
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Heinrich Zanon Mo., 19.09.2016 - 19:07

Der Einschätzung Karl Trojers kann ich mich weitgehend anschließen. Ich werde beim bevorstehenden Referendum zur Verfassungsreform auch mit JA stimmen.
Ich gehe davon aus, dass die positiven Wirkungen, die für die Regierbarkeit Italiens von der Abschaffung des perfekten Zweikammersystems zu erwarten sind, die Nachteile und Risiken aus den übrigen geplanten Neuerungen mehr als aufwiegen und also die Zustimmung zur Reform rechtfertigen und erforderlich machen.
Die vorgesehene zukünftige Zuständigkeit der Abgeordnetenkammer allein für die Verabschiedung der allermeisten Staatsgesetze wird nämlich die Gesetzesproduktion sicherlich beschleunigen und transparenter werden lassen. Sie wird vielen der Spielchen und Winkelzüge, die derzeit das unwürdige Pingpongspiel zwischen Kammer und Senat zulässt und dauernde Instabilität zur Folge hat, ein Ende setzen.
Man darf vielleicht sogar hoffen, dass die parlamentarische Debatte, da sie weniger als bisher unter Zeitdruck stehen würde, an Qualität gewinnen könnte, dass die Vertreter der Parteien stärker als bislang inhaltlich argumentieren und nicht bloß taktisch agieren würden und dass die Regierung locker oft als bisher anstehende Abstimmungen mit der Vertrauensfrage belasten müsste.
Ich fürchte, dass Italien mit einer Ablehnung der von beiden Häusern des Parlaments bereits endgültig verabschiedeten Reform die letzte Chance verspielen würde, doch noch ein funktionstüchtiges modernes Staatswesen werden zu können. Dazu würden nämlich in den kommenden Jahren unzählige weitere Reformen nötig sein, die nur ein selbstbewusstes und starkes Parlament in Angriff nehmen könnte.
Um Renzi - das muss uns klar werden - geht es bei der kommenden Abstimmung am allerwenigsten.

Mo., 19.09.2016 - 19:07 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mo., 19.09.2016 - 20:14

Antwort auf von Heinrich Zanon

Herr Zanon, als Mann vom Fach möchte ich Sie um ihre Meinung über den Gesetzesentwurf bitten, haben Sie diesen gelesen? Teilen Sie nicht die Meinung eines Zagrebelskys zum Thema, unte anderem z. B. dass mit aller Wahrscheinlichkeit diese schlecht geschriebene Reform das Verfassungsgerichtshof mit Klagen nur so überfüllen wird?
Glauben Sie den wirklich, dass durch die Reduktion auf eine Kammer die Qualität der Gesetze besser wird? Warum? Ob FIAT 500 oder Ferrari Testarossa, ein schlechter Fahrer bleibt doch ein schlechter Fahrer, denke ich.

Mo., 19.09.2016 - 20:14 Permalink
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Profil für Benutzer F. T.
F. T. Di., 20.09.2016 - 11:58

Stimme mit Herrn Trojer voll überein. Von wem hätte die SVP denn in Rom all
das herausholen können, was sie in letzter Zeit erhalten hat ? Wohl nur von der amtierenden Regierung. Oder von den ordinären Lega Leuten ? Von den improvisierten Politikern der 5 Sterne die sich von einem Gaukler per Fernbedienung lenken lassen ? Oder vom amseligen Rest des Partito dei Ladri
des greisen Berlusconi ? Renzi strebt ganz richtig eine Zentralisierung an,
denn in jedem zusätzlichen Regionalparlament wird nur gestohlen und geprasst. Und abschliessend sind mir Fachleute wie Palermo und Zeller bessere Garanten für die Belange Südtirols, als der Peterlini oder Durnwalder. Diese hätten ihre Zeit nutzen sollen, anstatt jetzt die beleidigte Leberwurst zu spielen, und Noten zu verteilen.

Di., 20.09.2016 - 11:58 Permalink
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Profil für Benutzer Thomas Benedikter
Thomas Benedikter Do., 22.09.2016 - 22:40

Gegenstandpunkt, lieber Karl:
- Das perfekte Zweikammernsystem soll und kann überwunden werden, aber nicht mit einem System, das weder für mehr Effizienz noch für mehr demokratische Legitimation sorgt.
- Der neue Senat ist nicht vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat. Er versammelt Vertreter der Regionalratsmehrheiten geschwächter Regionen und ist für die polit. Landschaft der Regionen nicht repräsentativ.
- Der vom Parlament am 12.4.16 definitiv genehmigte Text ist eine misslungene Reform. Die Verfassung nicht zu ändern, ist allemal besser als sie schlecht zu ändern.
- Das ITALICUM bedroht die italienische Demokratie. Es muss abgeändert werden. Nur der breite Widerstand dagegen scheint den PD zum Einlenken zu bringen, nicht die vage Hoffnung auf eine "Neueinbringung in einer späteren Phase".
- Es ist eine Zumutung für alle Wähler, eine Sachfrage (Verfassungsreform durch das Parlament) mit einer Personenfrage zu verbinden. Immer wieder sind Referenden zu diesem Zweck missbraucht worden. Renzi selbst hat diesen Fehler schon eingesehen und zurückgerudert.
- Sollen die Wähler einer sehr mangelhaften Verfassungsreform zustimmen, nur damit Renzi im Amt bleibt? Die Angstmache vor dem "Chaos ohne Renzi" oder dem berüchtigten "Es gibt keine Alternative ohne Renzi" liefert uns der kritiklosen Hinnahme jeder vom máximo leader vorgelegten Maßnahme aus. Passt das zur Vorstellung des souveränen Bürgers?
- Was hat der Brexit und der mögliche Austritt Schottlands aus GB (als Reaktion auf den Brexit) mit der ital. Verfassungsreform zu tun?
- Es geht nicht so sehr um eine Gefährdung der Südtirol-Autonomie, es geht darum, dass diese Reform die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Südtirol-Autonomie völlig einengt.
Mit dieser Verfassungsreform sind wir - gleich welcher "Experte" uns das andient - sowohl als Bürger dieses Staats wie als Südtiroler schlecht bedient, lieber Karl.

Do., 22.09.2016 - 22:40 Permalink