Gesellschaft | salto Gespräch

„Es ist schon sehr anders“

Der 26-jährige Meraner Daniel Frank läuft auch in dieser besonderen Saison im Trikot der Foxes übers Eis.
frank.png
Foto: HC Bozen - Bolzano Foxes

salto.bz: Im März ist die Hockeysaison abrupt zu Ende gegangen. Wie fühlt es sich an, jetzt wieder auf dem Eis zu stehen?

Daniel Frank:  Ich bin mit gemischten Gefühlen in die Saison gestartet. Die Gedanken, wie es weiter gehen wird, sind ständig präsent. Als Spieler musst du aber probieren die Ungewissheit so gut es geht auszublenden, dich an Regeln zu halten und optimistisch zu bleiben.

Apropos Regeln. Wie schützt ihr Spieler euch vor dem Corona-Virus?

Es gibt gewisse Vorkehrungen wie mit Maske in die Kabine zu gehen, Temperatur messen, nur seine eigenen Sachen zu benutzen, ständig desinfizieren. Aber auch am Abend so wenig Leute wie möglich zu sehen, um sich bestmöglich vor einer Infektion zu schützen, gehört dazu.

Wir waren in einer „Soft-Quarantäne“, das bedeutet wir sind nur zum Training und Einkaufen gegangen.

Einige Spieler des HC Bozen wurden bereits positiv getestet.

Ja das war anfangs ein Schock. Aber zum Glück hat sich der Virus in der Mannschaft noch nicht stark verbreitet. Wir wurden alle regelmäßig getestet und waren in einer „Soft-Quarantäne“, das bedeutet wir sind nur zum Training und Einkaufen gegangen. Wenn man dann mit so einer kleinen Besatzung ein Spiel gewinnt, ist das echt was Großes.

Wie ging es den positiv getesteten Spielern?

 Die Spieler, die positiv getestet wurden, sind sofort in einem Appartement isoliert worden und haben sich abgeschottet. Zum Glück hat keiner von ihnen Symptome gezeigt. Für sie war das auch sehr schwer, daheim zu sein, nichts machen zu können und zu wissen, wie anstrengend es ist die Kollegen gerade haben, weil sie so wenig Mann auf dem Eis sind. Auch einige Kanadier waren infiziert, wir haben als Mannschaft probiert mit ihnen in Kontakt zu bleiben und für sie da zu sein, wenn sie schon so fernab von daheim sind. 

Unsere Fangruppe sagt, sie steht hinter uns, aber sie streiken, weil sie kein Spiel sehen können, wenn sie sitzen müssen.

Die Anzahl der Fans, die im Stadion erlaubt sind, wurde stark reduziert. Wie ist es, vor so wenigen Zuschauern zu spielen?

Es ist schon sehr anders. Gerade in Bozen haben wir eine so gute Unterstützung, die Fans sind sozusagen der siebte Mann im Feld. Die Atmosphäre ist sehr gut, bei uns geht alles ein bisschen „narrischer“ zu. Das war immer ein Extrareiz daheim zu spielen. Mit Corona dürfen ungefähr 1500 Personen in die Eiswelle, bei Auswärtsspielen dürfen unsere Fans nicht dabei sein. Unsere Fangruppe sagt, sie steht hinter uns, aber sie streiken, weil sie kein Spiel sehen können, wenn sie sitzen müssen.

Macht das so einen großen Unterschied daheim zu spielen?

Daheim ist daheim. Vor allem in den Playoffs, kommt es auf die Kleinigkeiten an. Wie zum Beispiel, dass man im eigenen Bett schlafen kann und wenn du dann vor einer vollen Halle spielst, motiviert das zusätzlich.

Warum heißt die Liga nicht mehr EBEL?

Das liegt daran, dass jetzt „Bet-at-home“ und nicht mehr die Erste Bank Hauptsponsor ist. Die Liga heißt jetzt ICE Hockey League. Da „Bet-at-home“ ein österreichisches Sportwettunternehmen ist und in Italien Wettanbieter nicht Sponsoren sein dürfen, haben wir zum Beispiel nicht den vollen Namen auf dem Trikot.

Meine Mama stand immer hinter mir, aber hat darauf bestanden, dass ich die Matura mache.

Wie sind Sie eigentlich zum Hockey gekommen?

Mein Onkel hat mich schon früh zu Hockey schauen mitgenommen. Ich war fasziniert davon und wollte unbedingt mit dem Sport beginnen. Mit vier Jahren habe ich Eislaufen gelernt, danach habe ich den ganz normalen Hockey-Jugenddurchlauf in Meran gemacht. Mit 14 Jahren habe ich mich entschieden ins Ausland zu gehen, um dort mehr Erfahrungen zu sammeln. Ich war dann drei Jahre auf der Jugendakademie in Salzburg und ein Jahr in Deutschland. Meine Mama stand immer hinter mir, aber hat darauf bestanden, dass ich die Matura mache. Also bin ich im Maturajahr wieder nach Südtirol, habe bei Meran gespielt und maturiert. Ein Jahr später habe ich mit Dieter Knoll Kontakt aufgenommen und jetzt spiele ich schon die achte Saison in Bozen.

Wie war es, bereits in so jungen Jahren auf so einer professionellen Ebene zu spielen?

Das war schwer. Meine Freunde in Südtirol haben begonnen feiern zu gehen, eine Freundin zu haben und einfach „jung“ zu sein – das habe ich verpasst. Mein Programm in der Schule war sehr anstrengend und die Freizeit limitiert. Bereits als Jugendlicher ist man mit hoher Professionalität konfrontiert, die Erwartungen sind hoch und am Ende muss man auch liefern.

Die Zeit im Ausland war auch eine Schule fürs Leben.

Haben Sie die Entscheidung je bereut?

Die Entscheidung Profi zu werden habe ich getroffen. Prioritäten setzen gehört dazu. Die Zeit im Ausland war eine Schule fürs Leben. Daheim hat alles die Mami gemacht, nun musste ich plötzlich selbst für mich sorgen. Ich wurde schneller erwachsen. Bereut habe ich die Entscheidung definitiv nicht.

Braucht man auch Glück, um Profi zu werden?

Ja, Glück ist dabei. Die Arbeit, die ein Spieler investiert, um so weit zu kommen, sehen die Leute nicht. Wenn es sich dann nicht auszahlt, ist es schwierig.

Kann man vom Hockey spielen leben?

Finanziell könnte man davon leben. Aber in Italien wird Eishockey als Amateursport eingestuft, die Spieler haben keinen richtigen Arbeitsvertrag und somit wird in keine Vorsorgekassa wie bei einem gewöhnlichen Arbeitsvertrag eingezahlt. Dass Hockey spielen nicht als richtige Arbeit gesehen wird, ist ein Problem.

Ansonsten spiele ich im Winter Hockey und im Sommer stehe ich in der Eisdiele.

Haben Sie sich deshalb entschlossen, ein zweites Standbein zu suchen?

Ja. Beim Studium habe ich keine Richtung gefunden, die mich interessiert. Ich habe mir gedacht, ich muss unbedingt etwas nebenbei aufbauen, denn man weiß ja nie, wie lang es geht. Früher habe ich im Sommer in einer Eisdiele gearbeitet, als mein alter Chef diese verkaufen wollte, habe ich sie übernommen. Seit sechs Jahren habe ich nun eine Eisdiele in Meran.

Geht sich das zeitlich aus?

Es gibt zwei bis drei Monate im Jahr wo sich die Saisonen überschneiden und alles etwas strenger ist. Dann gehe ich in der Früh in die Eisdiele und bereite alles vor, geh zum Training und dann wieder in die Eisdiele. Normalerweise spiele ich im Winter Hockey und im Sommer stehe ich in der Eisdiele. Ich gehöre zu den Personen, die nicht „nichts tun“ können, also passt das alles sehr gut und ist ein guter Ausgleich.

Sie haben bereits öfters die Nachwuchsförderung in Italien kritisiert.

Ja, ich finde es nicht richtig, dass Kanadier, die einen italienischen Pass haben, hier als Einheimische zählen. Es wird oft in Kanada nach Spielern "gefischt" und deshalb erhalten viele unserer Spieler keine Chance. Im Hockey als heimischer Spieler fuß zu fassen, ist nicht einfach. Bei der Förderung der Nachwuchssportler könnte sich einiges ändern.

Es wäre schön irgendwann Kapitän zu werden und die Meisterschaft wieder zu gewinnen.

Wie sieht es mit Ihren Zukunftsplänen aus? Möchten Sie nochmals ins Ausland?

Mein Ziel ist es so lange wie möglich beim HC Bozen zu spielen. Nach acht Jahren fühle ich mich ein bisschen wie daheim. Es wäre schön irgendwann Kapitän zu werden und die Meisterschaft wieder zu gewinnen.

Wie schätzen Sie diese Saison sportlich gesehen ein?

Auf dem Papier haben wir sicher eine der stärksten Mannschaften der Liga. Wenn wir als Team spielen, eine Strategie haben und alle ein bisschen gesund bleiben, haben wir sehr gute Chancen weit zu kommen. Vielleicht sind dann im Frühjahr ja auch wieder mehr Zuschauer erlaubt.