Politik | SVP

Neumarkter Aufstand

Die Mehrheit des SVP-Ortsausschuss von Neumarkt ist jetzt zurückgetreten. Damit will Bürgermeisterin Karin Jost den unfolgsamen Ortsobmann Günther Giovanett abschießen.
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Foto: Salto.bz
Es ist eine konzertierte Aktion.
Am Montagabend gingen bei SVP-Obmann Philipp Achammer, SVP-Landessekretär Stefan Premstaller, dem Obmann des SVP-Bezirkes Unterland Oswald Schiefer und beim „geschäftsführenden Ortsobmann der SVP Neumarkt“ Günther Giovanett sechs Schreiben ein.
Die Absender sind Mitglieder des SVP-Ortausschusses von Neumarkt: Johanna Vaia, Ingrid Passini, Maria Walter, Martina Girtler, Klaus Pichler und die Neumarkter Bürgermeisterin Karin Jost.
Mit den inhaltlich wie formal völlig identischen Schreiben erklären die sechs SVP-Funktionärinnen ihren „Rücktritt aus dem SVP-Ortsausschuss von Neumarkt“.
Es ist der Showdown in einem Richtungsstreit unterm Edelweiß, der seit Monaten im Unterlandler Hauptort wütet.
 

„Ethisch nicht vertretbar“

 
In den sechs Schreiben heißt es gleichlautend:
 
Geschätzter Herr Parteiobmann,
die unterfertigte (hier wurde jeweils der Namen eingesetzt) teilt hiermit mit, dass sie sich nach reichlicher Überlegung entschieden hat, mit sofortiger Wirkung aus dem Ortsausschuss von Neumarkt zurückzutreten.
Grund für den Rücktritt ist die Tatsache, dass sich der geschäftsführende Obmann des Ortausschusses Günther Giovanett und das Ortsausschussmitglied Zeno Bampi nicht an den Beschluss gehalten haben, den die große Mehrheit des SVP-Ortsausschusses und der SVP—Gemeinderatsfraktion von Neumarkt am 9. Oktober 2020 in einer Sitzung gefasst hatten.
Obwohl die Entscheidung eindeutig getroffen worden war, haben der Obmann und das Ortsausschussmitglied in den beiden Gemeinderatssitzungen vom 19.10.20 und 21.10.20 gegen den Vorschlag der Bürgermeisterin Karin Jost zur Zusammensetzung des Gemeindeausschusses und für die Koalition mit der Partei lnsieme/Miteinander gestimmt. Der Ortsobmann hat leider auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Ratsfraktion und den Ortausschuss vor obgenannten Gemeinderatssitzungen kurzfristig einzuberufen, um seinen Entscheid entgegen des mehrheitlich gefassten Beschlusses mitzuteilen und zu begründen.
 
 
Weiters wurden in den letzten Tagen immer wieder nicht akzeptable Meldungen in den Mediengebracht, welche nicht der Wirklichkeit entsprechen.
Weiters wurden in den letzten Tagen immer wieder nicht akzeptable Meldungen in den Medien gebracht, welche nicht der Wirklichkeit entsprechen.
Dieses Verhalten ist für uns ethisch nicht vertretbar, welche Gründe auch immer genannt werden. Wir verstehen unseren Rücktritt als Chance für eine Erneuerung des Ortsausschusses und dafür, dass wir neue Mitglieder und Kandidatinnen für dieses Gremium gewinnen möchten und können.“
 
Der Sinn dieser Aktion „Rücktritt” ist klar.
Damit soll der Neumarkter SVP-Ortsobmann Günter Giovanett abgeschossen werden und auch jene beiden Mitglieder des Ortsausschusses, die dem Obmann noch die Stange halten: Norbert Mayr und Zeno Bampi.
 

Der Plan B

 
Die Aktion wurde seit Wochen generalstabsmäßig vorbereitet.
Schon von drei Wochen forderte vor allem Bürgermeisterin Karin Jost eine Strafaktion gegen die beiden SVP-Rebellen Giovanett und Bampi. Jost fand im Unterlandler SVP-Bezirksobmann Oswald Schiefer einen mächtigen Verbündeten. Von Anfang an stand dabei offen ein möglicher Parteiausschluss der beiden unfolgsamen SVP-Gemeinderäte im Raum.
Am 6. November kam es über die Onlineplattform Zoom zu einer Aussprache an der SVP-Obmann Philipp Achammer, SVP-Landessekretär Stefan Premstaller, Oswald Schiefer, die neue Neumarkter Bürgermeisterin Karin Jost und Andrea Olivetti, jahrelang Finanzassessor in Neumarkt und eine Art Bürgermeister der Fraktion Laag, sowie Günther Giovanett und Zeno Bampi teilnahmen. Es wurde eine sehr bewegte Aussprache in der der SVP-Obmann eine Rüge gegen das Duo Giovanett/Bampi aussprach.
 
 
Vergangene Montag brachte Oswald Schiefer das Thema in der SVP-Parteileitungssitzung vor. Auch dabei stand die Forderung eines Ausschlusses im Raum. Dieser Vorstoß wurde aber von den Vertretern der SVP-Wirtschaft mit einem logischen Argument abgewehrt: Es liege kein formaler Antrag der Ortsgruppe oder der Bürgermeisterin vor.
Weil spätestens damit klar war, dass sich die Landes-SVP in diesem Streit nicht die Finger verbrennen wird, setzte man jetzt auf Plan B.
Laut SVP-Statut verfällt ein Ortsausschuss, wenn er nicht mehr beschlussfähig ist. Genau das hat man mit diesen Rücktritten jetzt provoziert. Vier der sieben gewählten Mitglieder (Bürgermeisterin Karin Jost und Johanna Vaja sind zwar nur Rechtsmitglieder) zurückgetreten sind. Es verbleiben nur mehr Günther Giovanett, Zeno Bampi und Norbert Mayr. Damit müssen jetzt Neuwahlen stattfinden. Damit glauben Jost & Co den unbequemen Ortsobmann endlich loszuwerden.
 

Spiel mit dem Feuer

 
Ich und meine Mitstreiten werden bei den Neuwahlen auf jeden Fall wieder antreten“, reagiert Günther Giovanett auf diesen Schachzug. Der Noch-Ortsobmann von Neumarkt betont dabei, dass es ihm nicht um das Amt gehe, sondern darum der SVP-Wirtschaft eine angemessene Vertretung zu sichern.
 
 
In einem Gespräch vor den Wahlen hatte mir Karin Jost zugesagt, dass Sie den Ausschuss dem Wahlergebnis entsprechend gestalten werde“, sagt Giovanett zu Salto.bz. ‘Im Nachhinein wurde aber die gesamte Wirtschaft bei der Nominierung des Gemeindeausschusses nicht berücksichtigt und ausgeladen.“
Die Aussage der Bürgermeisterin in ihrer Stellungnahme auf Salto.bz („Ich kann die Wirtschaft genauso vertreten, da ich in einem Handwerksbetrieb aufgewachsen bin.“) sieht der Günther Giovanett als offenen Affront. „Wir Unternehmer bestehen auch nicht darauf unterrichten zu dürfen, nur weil wir zur Schule gegangen sind“, spielt der SVP-Ortsobmann auf die berufliche Qualifikation von Karin Jost als Sportlehrerin an.
Aus diesen Aussagen wird eines deutlich: Der Konflikt in der Neumarkter SVP ist noch lange nicht beigelegt. Wobei der Streit für die SVP ein Spiel mit dem Feuer ist. Die Neumarkter Koalition aus SVP und Insieme verfügt derzeit im 18köpfigen Gemeinderat über 11 Stimmen. Fallen Günther Giovanett und Zeno Bampi weg, verliert Bürgermeisterin Karin Jost auch die Mehrheit im Gemeinderat.