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Südtiroler führt Bitcoin Verein Hongkong

Leonhard Weese, ursprünglich aus Terlan, ist Präsident der Bitcoin Association Hong Kong und Mentor im Fintech Supercharger, einem asiatischen Startup Accelerator.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: anonymous

 

Leonhard, wie kommt ein Südtiroler nach Hongkong?

Ich habe in Wien studiert, und wollte unbedingt für ein Jahr raus aus Europa. Die Masterstudien in Hongkong wirkten da sehr attraktiv, große aufregende Stadt, gute Universitäten und ansprechende Themen. Ich habe mich bei der Hong Kong University fuer Statistik beworben, und war überglücklich als ich die Zusage bekam. Nach dem Studium hat es mir dann immer noch so gut gefallen, dass ich mir einen Job gesucht habe. Hong Kong's liberales Visa System hat es mir da recht einfach gemacht.

Als Präsident der Bitcoin Association Hong Kong bist du am Puls der Blockchain Revolution, was waren einiger deiner Highlights 2016?

Zu Beginn des Jahres haben wir den Bitcoin Roundtable organisiert. Entwickler des Bitcoin Protokolls und Bitcoin Miner aus der ganzen Welt waren bei uns zu Gast um über die nächsten Schritte in Bitcoins Entwicklungsprozess zu beraten. Ob es wirklich so ein Durchbruch war wie anfangs erhofft lässt sich inzwischen streiten, aber es war toll dabei zu sein, ähnlich wie bereits im Dezember davor, als wir die "Scaling Bitcoin Konferenz" mitorganisierten und in Hong Kong willkommen hiessen.

Aber Blockchain war das ganze Jahr über ein grosses Thema. Der Finanzminister Hongkongs hat es in seiner Budgetrede erwähnt, und wir haben viel mehr Aufmerksamkeit von den Medien bekommen als noch im Jahr zuvor.

Aber auch zwei negative Ereignisse haben uns sehr beschäftigt: Der Hack der in Hong Kong registrierten Börse Bitfinex und das Drama um den DAO.

 

Was erwartest du diesbezüglich für 2017?

Ich erwarte mir für 2017 einen Durchbruch im nächsten Schritt der Entwicklung von sowohl Bitcoin als auch Ethereum. In Bitcoin sind die Hürden eher politisch, es müssen viele Leute überzeugt werden wenn man das System weiterentwickeln will. In Ethereum hingegen gibt es noch ein paar technische Hürden, zum Beispiel wie das lang erwartete "Proof of Stake" Konzept Casper letztendlich aussehen wird.

Wir haben uns gemeinsam die Multi Level Marketing Masche Onecoin in Südtirol angeschaut, was hast du aus dieser Erfahrung gelernt?

Das war eine sehr interessante Erfahrung. Ich bin immernoch fasziniert davon wie professionell diese Masche aufgebaut wurde, wie beispielsweise Teilnehmer darauf vorbereitet werden, dass sie im Internet oder Freundeskreis auf viel Kritik stoßen werden. Ich war auch überrascht wie sehr die Argumentation sich an denen von legitimeren Projekten orientiert. Die Aussage "das Finanzsystem ist kaputt" scheint wirklich eine sehr weit verbreitete Meinung zu sein.

Werden Kryptowährungen daran Schaden nehmen?

Nein, aber leider gibt es auch im Bereich Blockchain oft nicht die nötige Kritik. Es wird zuviel mit Phrasen und abgedroschenen Schlagwörtern um sich geworfen, und nicht genug auf die Technologie geschaut. Blockchain ist in meiner Meinung zwar eine sehr signifikante Erfindung, aber es ist kein Wundermittel. Oft genug kann man in Präsentationen das Wort Blockchain mit dem Wort Computer oder Internet ersetzen, und die Aussage bleibt dieselbe.

Bitcoin hat gerade einen neuen Höhenflug hinter sich, was sind deiner Meinung nach die Ursachen für den Kapitalzustrom?

Auf Kurze sicht ist das einfache Spekulation. Bitcoin ist immer noch recht klein und illiquide, da entsteht schnell Torschlusspanik. Wer gerne Investieren will sollte Woche für Woche kleine Beträge in Krypto-Anlagen beiseite legen und auf einem sicheren Medium verstauen. Dann kümmern einen kurze Höhen- und Tal Flüge auch nicht mehr.

Was sind die größten Risiken und das größte Potential für Bitcoin 2017?

Das grösste Risiko ist dass es nicht weiter wachsen kann. Ein Todesstoß wäre das nicht für Bitcoin, aber viele Sachen die wir uns heute erträumen, wie beispielsweise Micropayments oder ein besserer Zahlungsverkehr, sind dann mit solchen Mechanismen nicht möglich. Bitcoin könnte dann immer noch praktisch und wertvoll sein, aber beispielsweise nur für Zahlungen in und von Entwicklungsländern.

Umgekehrt natürlich ist es gut möglich dass wir bereits 2017 die ersten Netzwerke sehen die erfolgreich auf Bitcoin aufbauen und es uns erlauben selbst kleinst Bitcoin Beträge schnell und zuverlässig zu senden. Auf einmal kann ich mit Bitcoin für guten Journalismus Artikelweise bezahlen, etwas das heute nicht so ohne weiteres möglich ist.

Bitcoin gibt es seit 8 Jahren. Wie wird die Blockchain Technologie die Welt in weiteren 8 Jahren verändert haben?

Ich bin fest davon überzeugt dass sich in 8 Jahren Bitcoin in bestimmten Nischen fest verankert haben wird. Jeder der im Internet regelmäßig einkaufen geht, hat entweder ein paar Bitcoins parat, oder die Möglichkeit diese jederzeit zu kaufen. Für Online-Spiele, Reisen oder kleineren Online Einkäufen wird Bitcoin so weit verbreitet sein wie heute Kreditkarten.

In acht Jahren werden wir auch andere Systeme sehen die es geschafft haben, sich erfolgreich, zumindest teilweise auf Blockchains aufzubauen, zum Beispiel Identität Systeme und Verifizierung von Software oder Servern. Ich bin auch der Meinung dass viele Arten von Aktien und Investitionsprojekte sich auf Kryptografischen Tokens aufbauen lassen.

Was würdest du an Hongkong vermissen?

Der extrem effiziente und immer verfügbare Nahverkehr, die hohe Vielfalt an Restaurants und die Möglichkeit zu jederzeit auf die Straße zu treten und alles zu finden was ich brauche. Viele meiner Freunde empfinden die hohe Dichte Hongkongs als bedrückend, aber für mich ist es einfach sehr angenehm. Selbst zum ruhigen und naturbelassenen Strand oder Berg sind es oft nur weniger als eine Stunde mit dem Bus. In der Hinsicht geht es uns hier wirklich sehr gut.

Interview: Roland Kofler