Chronik | Salto-Gespräch

„Das Wort ethnisch stört mich“

Der neue Bozner Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante über seinen Job, das Schlangennest Gerichtspalast, das Denken in zwei Sprachen und seine große Leidenschaft das Segeln
2.jpg
Foto: Salto.bz
Salto.bz: Herr Oberstaatsanwalt, in welcher Sprache wollen wir reden. Deutsch oder Italienisch?
 
Giancarlo Bramante: Wie Sie es vorziehen. Ich habe keine Präferenz.
 
Sie sprechen zuhause in der Familie deutsch?
 
Ja, ich spreche daheim mit meiner Frau deutsch.
 
In welcher Sprache denken Sie?
 
Ah. Das ist ...(lacht, weil er plötzlich ganz unbewusst vom Italienischen ins Deutsche wechselt) …sehen Sie, so passiert das. Das hängt bei mir vom Thema ab. Geht es um Recht, um Politik oder um Freizeit? Das ist bei mir absolut verschieden. Mit meiner Tochter rede ich deutsch, mit meinem Sohn italienisch. Wir machen dann immer wieder eine Art Switch. Wir schalten während des Gespräch von einer Sprache auf die andere um. Ich denke in gewissen Bereichen in der einen und in anderen in der anderen Sprache.
 
Wie geht das?
 
Das ist vollkommen unbewusst. Meine beiden Kinder sind perfekt zweisprachig. Wenn wir über Fußball reden, dann tun wir das in Italienisch. Ist das Thema aber zum Beispiel das Skifahren, dann reden wir deutsch. Das ganze geht automatisch. Ich denke nicht darüber nach.
 
Sie sehen die Mehrsprachigkeit als Bereicherung?
 
Absolut. Das ist eine Bereicherung. Ich würde sogar sagen, es fehlt noch eine Sprache. Englisch dazu wäre noch besser. Jede Sprache ist ein riesiger Zugewinn.
 
Ihre Familie kommt aus Sizilien und Sie wuchsen in der nördlichsten und unitalienischsten Provinz des Staates auf. Spürt man die Gegensätze?
 
Mein Vater hat sizilianische Wurzeln, während meine Mutter aus Triest kommt. Ihr Vater, mein Großvater war ein Kärntner Slowene und Soldat in der K.u.K.-Kavallerie. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der verschiedenste Kulturen zusammengekommen sind. Also habe ich von klein auf gelernt, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Gerade wenn man die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, kann eine neue Sichtweise entstehen. Es müssen nicht immer die Gegensätze sein. A oder Z. Manchmal braucht es auch M oder N. Wobei mir sehr wohl auch der Wert der Traditionen bewusst ist.
„Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der verschiedenste Kulturen zusammengekommen sind. Also habe ich von klein auf gelernt, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu sehen.“
Ist die Zweisprachigkeit in der Südtiroler Justiz ein Fluch oder ein Segen?
 
Mein Antwort ist ganz einfach. Ich hätte in einem Mordfall nie verstanden, wie das Ganze vor sich gegangen ist, wenn ich nicht imstande gewesen wären, mit einigen Zeugen im Dialekt zu reden. Das sagt alles. Es ist ein Recht des Bürgers gleichzeitig aber auch ein Vorteil für die Ermittler, wenn man sich in zwei Sprachen ausdrücken kann.
 
Laut Rechtsordnung kann ein Angeklagter in Südtirol einmal im Verfahren die Sprache wechseln. Diesen Trick wenden manche bewusst an, um Prozesse in die Länge zu ziehen?
 
Ich muss sagen, dass das nach Einführung dieser Regelung öfters der Fall war. Nachdem man das System aber modifiziert hat und die Akten nicht mehr nachträglich übersetzt werden müssen, hat das deutlich abgenommen. Diese Gangart sich vor dem Prozess zu schützen, um sich nicht im Prozess verteidigen zu müssen, kommt heute nur mehr in ganz wenigen Fällen vor.
 
Muss der Staatsanwalt ein Polizist sein?
 
Ein Staatsanwalt muss meiner Meinung nach ein Vertreter der Gerichtsbarkeit sein, der als Jurist die Voraussetzungen haben muss, unabhängig überprüfen zu können, ob die Ermittlungen durch die Gerichtspolizei korrekt geführt worden sind. Wäre der Staatsanwalt ein Polizist, dann wäre das eine völlig unnütze Doppelrolle. Die Aufgabe des Staatsanwaltes ist es nach den Regeln des Strafgesetzbuches Beweise zu sammeln. Wobei ich die Betonung auf die Regeln legen. Denn was nützen einem Beweise oder Geständnisse, die ich bekomme, in dem ich die Verfahrensregeln verletzte? Rein gar nicht. Erinnern sie sich an den amerikanischen Justizfall O. J. Simson. Dort haben wir eine Person, der mit größter Wahrscheinlichkeit schuldig ist. Weil man aber geschlampt hat, ist er frei. Diese Prozess ist für mich emblematisch.
 
Kann der Staatsanwalt ein „Garantista“ sein?
 
Er muss das sein. In dem Sinn, dass er garantieren muss, dass die Gesetze und Bestimmungen in jedem Fall und für jeden Angeklagten korrekt angewandt werden. Hier muss ein Staatsanwalt „Garantista“ sein. Wenn ich überzeugt bin, dass die Beweise, die ich zusammengetragen habe für eine Verurteilung nicht reichen, dann muss ich den Freispruch fordern. Ich denke diese Aufgabe des Wächters über das Gesetz, das gehört zum ABC jedes Angehörigen der Richterschaft, nicht nur des Staatsanwaltes.
„Wenn ich überzeugt bin, dass die Beweise, die ich zusammengetragen habe für eine Verurteilung nicht reichen, dann muss ich den Freispruch fordern.
Woher kommt Ihre Ambition Leitender Oberstaatsanwalt zu werden?
 
Nach 23 Jahren in der Staatsanwaltschaft muss du dich entscheiden. Entweder du wechselst die Rolle und entscheidest dich für neue Wege. Oder du sagst, ich stelle meine Erfahrung der Staatsanwaltschaft zur Verfügung und mache hier an der Spitze weiter. In meiner neuen Rolle versuche ich dabei immer daran zu denken, was ich mir als stellvertretender Staatsanwalt vom Leiter der Staatsanwaltschaft gewünscht und erwartet hätte. Das hilft mir bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe.
 
Es gibt grundverschiedene Auffassung über die Rolle des Leitenden Staatsanwaltes. Manche sind überzeugt, dass der Chefstaatsanwalt ein Manager ist, der keinerlei Ermittlungsarbeit mehr machen soll.
 
Der Leitende Staatsanwalt muss gleichzeitig mehrere Rollen spielen. Zum einen muss er die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, dass alle Bediensteten der Staatsanwaltschaft, das heißt Staatsanwälte, Verwaltungspersonal und Gerichtspolizei gut arbeiten können. Er muss eine Art Leuchtrum sein. Gibt es ein Problem, muss er es lösen. Er ist also eine Art Manager. Nur so kann das Ganze funktionieren. Zudem ist er aber auch die Person, die die Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit vertritt. Deshalb bin ich felsenfest davon überzeugt, dass es die Pflicht des Leitenden Staatsanwaltes ist bei allen besonders schwierigen und wichtigen Fälle up to date zu sein, also zu wissen, was passiert. Wie die Ermittlungen verlaufen. Unabhängig ober er selbst den Fall bearbeitet oder nicht.
 
Geht das überhaupt?
 
Ja. Wie Sie wissen, ist eine Aufgabe des Leitenden Staatsanwaltes die Faszikel und Fälle den stellvertretenden Staatsanwälte zu zuteilen. Hier muss ich jeden Fall anschauen, um ihn dem richtigen Kollegen zu geben. Ich persönlich versuche wirklich alles zu lesen. Damit bin auch auf dem Laufenden.
„Stellen Sie sich vor in einem Krankenhaus sagt der Primar, ich mache alle organisatorischen Arbeiten und gehen zu jedem Fest, aber operieren tue ich nicht mehr.“
Die Frage ist ob der Chef ermitteln soll oder nicht?
 
Natürlich muss er weiterhin ermitteln. Vor allem muss er hinter allen wichtigen Fällen stehen. Stellen Sie sich vor in einem Krankenhaus sagt der Primar, ich mache alle organisatorischen Arbeiten und gehen zu jedem Fest, aber operieren tue ich nicht mehr. In einem Team muss man mitarbeiten, sagen was man denkt und manchmal Vorschläge machen. Der Primar muss auch operieren. Genauso muss der Leitende Staatsanwalt meiner Meinung nach Ermittlungen machen und Prozesse führen.
 
Ist Ihnen bewusst, dass der Justizpalast gleichzeitig ein „Palazzo dei veleni“ ist.
 
Sie haben vielleicht recht. Aber die Frage ist, in wie weit man sich davon vergiften lässt. Auch im normalen Leben ist es so und ich gehe davon aus, dass das auch Ihnen passiert: Nicht immer wird das was man sagt oder schreibt, von allen akzeptiert. Es gibt immer Kritik. Solange diese Kritik konstruktiv und ehrlich bleibt, ist sie willkommen und wichtig. Wenn wir einen Fehler machen, dann müssen wir ihn korrigieren. Wenn es aber nur Giftpfeile sind, dann sage ich: Lassen wir uns nicht davon vergiften.
 
Es gibt in jedem Gerichtspalast Seilschaften, die sich gegenseitig bekriegen. Auch am Bozner Landesgericht. Ein Angeklagter kann dabei leicht Opfer dieser internen Machtkämpfe werden.
 
Nach meiner persönlichen Erfahrung nicht. Ich habe nie erlebt, dass ein Angeklagter sozusagen dafür bezahlen musste, dass sich in seinem Prozess Angehörige der Gerichtsbarkeit gegenüberstanden, die völlig andere Ansichten haben oder gar miteinander zerstritten sind. Ein solches Vorgehen wäre untragbar und absolut unprofessionell.
 

Wie geht ein Staatsanwalt mit dem Druck um, der von Außen und von Oben kommt?
 
Diese Druck gehört zur Arbeit jedes Angehörigen der Gerichtsbarkeit. Diesen Druck spüren der Zivilrichter genauso wie der Strafrichter oder der Staatsanwalt. Sicherlich ist er beim Leitenden Staatsanwalt etwas größer. Man versucht, diesen Druck von sich einfach fernzuhalten. Jeder Staatsanwalt hat seine Persönlichkeit und seine Professionalität. Das ist die beste Antwort auf den Versuch von Einmischungen von Außen.
 
Sie haben in Ihrer Antrittsrede von jenen Menschen gesprochen, die die Gerichtsbarkeit nicht mehr anerkennen. Eine Gefahr?
 
Es ist auf jeden Fall ein neues Phänomen, das wir nicht gewohnt sind. Und es ist sicher ein Störfaktor für die Arbeit der Richter, der Staatsanwälte und vor allem der Zivilrichter. Deshalb soll dieses Phänomen aus dem Gerichtspalast verbannt werden. Das ist so, wie wenn eine Partei in einem Verfahren gegen den Richter zu schimpfen beginnt. Vor Gericht gewinnt nicht der, der am Lautesten schreit, sondern derjenige, der die besseren Beweise bringt.
„Vor Gericht gewinnt nicht der, der am Lautesten schreit, sondern derjenige, der die besseren Beweise bringt.“
Es gibt aber auch am Landesgericht Bozen eklatante Interessenkonflikte, die man unter den Teppich kehrt.
 
In einem so einem kleinen Land wie Südtirol, wo der Zugang zur Gerichtsbarkeit zudem von der Zweisprachigkeit – und ich sage richtigerweise - eingeschränkt wird, taucht dieses Problem zwangsläufig auf. Es gibt einfach eine kleinere Auswahl als in anderen Gegenden. Wir könnten das mit Liechtenstein oder mit San Marino vergleichen. In Theorie ist das sicher ein Problem. In der Praxis aber, hat es bisher keine eklatanten Fälle gegeben.
 

Weil sich kaum jemand getraut gegen die mächtige Richter aufzubegehren?
 
Das denke ich nicht. Es hat Fälle gegeben und es gibt immer wieder Enthaltungen. Die gesetzlichen Vorschriften sind klar. Danach muss jeder Angehörige der Justiz selbst entscheiden, ob es eine Unvereinbarkeit geben kann oder nicht. Nicht immer ist diese Entscheidung einfach. Kann ich zum Beispiel gegen jemanden ermitteln, der mit mir in derselben Schulklasse war? Gibt es hier eine Befangenheit? Am Ende liegt es an meiner Sensibilität zu erkennen, ob hier eine Unvereinbarkeit vorliegt oder nicht.
„Nicht immer ist diese Entscheidung einfach. Kann ich zum Beispiel gegen jemanden ermitteln, der mit mir in derselben Schulklasse war?“
Sie sind ein begeisterter Segler. Lieben Sie den Rückenwind oder den Gegenwind?
 
Wenn man die Segel richtig gestellt hat, dann ist es relativ einfach bei Gegenwind zu kreuzen. Hat man Wind im Rücken braucht man sehr viel Gefühl am Steuer. Aber das wichtigste im Boot ist nicht der Wind, sondern man muss auf die Wellen aufpassen. Man kann den stärksten Wind haben und alles ist einfach. Aber wenn Wellen kommen, dann wird es schwierig. Die Wellen ändern alles.
 
Dasselbe gilt auch für die Rolle des Oberstaatsanwaltes?
 
(lacht) Sicher, wie überall im Leben gibt es manchmal starken Gegenwind oder auch Rückenwind. Es gibt den Nebel, die Klippen und die Sandbänke. Ich glaube niemand von uns hat den Wind immer auf seiner Seite. Wichtig ist zu wissen, wohin man will. Um Seneca zu zitieren: „Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig“. Wenn du weiß, wo du hinwillst, dann passt du die Segel dem Wind und den Wellen an. Wenn es also Ungemach im Leben gibt, kann man nicht abhauen, sondern man muss die Sache lösen. Auch in der Staatsanwaltschaft ziehen früher oder später Gewitter auf. Dann muss man das Segel so stellen, dass der Wind das Schiff weitertreibt
 
Das derzeit größte Probleme an der Staatsanwaltschaft Bozen ist der Personalmangel?
 
Das ist wirklich schwerwiegend. Sie müssen sich vorstellen, wir haben eine Stellenplan von 60 Personen. Effektiv sind wir hier aber nur 27. Das heißt alle müssen zwei, wenn nicht drei verschiedene Aufgaben erfüllen. Dass sich diese Situation früher oder später sowohl auf die Qualität, wie auch auf die zeitlichen Abläufe auswirkt, ist doch verständlich.
 
Ist es nicht absurd, wenn hervorragende Ermittler die halbe Zeit den Kanzleibeamten oder die Schreibkraft spielen müssen?
 
Hier rennen Sie offene Türen ein. Ich habe immer gesagt, die Staatsanwaltschaft braucht Verwaltungspersonal. Wir haben für sieben Sekretariate aber nur eine Verwaltungskraft. Jeder Staatsanwalt braucht aber mindestens drei Mitarbeiter, die Verwaltungs- und Schreibarbeiten übernehmen. Das heißt, um überhaupt arbeiten zu können, muss die Gerichtspolizei diese Aufgaben übernehmen. Daneben machen sie dann auch noch die Ermittlungen. Diese Mitarbeitern leisten dabei fast Unmögliches.
 
Sie sind ein Befürworter von Pools, also von Arbeitsgruppen innerhalb der Staatsanwaltschaft, die sich dann einzelnen Spezialbereichen widmen. Etwa der Wirtschaftskriminalität, der Urbanistik oder anderem.
 
Ich bin eine absoluter Befürworter dieser Pools. Die Spezialisierung erlaubt es uns, die Ermittlungstechniken zu verbessern und ein Know How zu schaffen, das optimal ist. In einer modernen Gesellschaft ist es unmöglich, dass alle alles können. Eine Doping-Ermittlung setzt zum Beispiel ein Fachwissen voraus, von dem du bei der ersten Ermittlung vielleicht 50 Prozent schaffst. Wenn man aber spezialisierte Teams schafft und alle Dopingermittlungen von derselben Gruppe durchgeführt werden, dann ist das ganz etwas anderes. Dasselbe gilt für viele andere Bereiche, etwa die Misshandlungen in der Familie oder die Steuerdelikte.
„Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig“
Ihr Vorgänger Cuno Tarfusser war in und außerhalb des Gerichtssaales ein Show-man, auch Guido Rispoli gefiel es durchaus in der Öffentlichkeit zu stehen. Sie gelten als zurückhaltend?
 
Ich bin von Natur aus sehr zurückhaltend. Das war immer schon so. In allen Dingen. Ich suche nicht die große Bühne. Auch weil ich überzeugt bin, dass unsere Arbeit keine Bühne braucht. Die Arbeit des Staatsanwaltes soll im Gerichtssaal bewertet werden. Dort muss man Protagonist sein und nicht außerhalb. Natürlich gehört es auch zu den Aufgaben des Leitenden Staatsanwaltes, dass er die Beziehungen zur Presse hält...
 
Wie würden Sie diese Beziehung beschreiben?
 

Man muss diese Beziehung auf jeden Fall pflegen. Die Presse muss von uns richtig informiert werden. Die Voraussetzung ist aber, dass es Nachrichten gibt. Wobei eines klar sein muss. Ich werde keine Verletzung des Untersuchungsgeheimnisses von unserer Seite dulden. Das wird es nicht geben....
 
Mit Verlaub, jetzt nehmen Sie den Mund aber voll?
 
Nein, bewusst wird es das nicht geben. Unter mir nicht. Natürlich kenne auch ich den Justizpalast und ich weiß, dass manchmal Dinge durchsickern. Dagegen ist schwer vorzugehen. Es wird aber niemals diese Tendenz geben, dass man die Presse füttert, um etwas zu erreichen. Wissen Sie auch warum? In meiner Arbeit habe ich nur allzu oft die Erfahrung gemacht, dass durch Zeitungsnachrichten Ermittlungen sabotiert wurden. Allzu oft wurden Personen erst durch Artikel gewarnt. Wir können uns deshalb solche Lecks nicht leisten. Etwas anders ist natürlich, der normale Umgang mit der Presse, wo man eine Nachricht weitergibt, die von öffentlichem Interesse ist und die nicht mehr dem Untersuchungsgeheimnis unterliegt.
 
 
Kommen wir zu einem Südtiroler Dauerthema: Dem „disagio“ der Italiener?
 
Darf ich Ihnen etwas gestehen: Ich habe diesen „disagio“ niemals gespürt. Ich bin überzeugt, dass dieses Unbehagen dann zu Tage tritt, wenn du persönlich ein normales Zusammenleben nicht schaffst. Wenn ein Italiener in Südtirol Deutsch zu reden versucht und dann Hochdeutsch redet, antworten viele auf Italienisch. Man kann sich natürlich darüber ärgern. Genauso kann man es aber auch so sehen, dass der andere versucht dir entgegenzukommen. Ich spüre dieses Unbehagen jedenfalls nicht.
„Darf ich Ihnen etwas gestehen: Ich habe diesen „disagio“ niemals gespürt.“
Sie denken nicht in ethnischen Kategorien?
 
Ich muss ihnen sagen, das Wort „ethnisch“ stört mich sehr. Es erinnert mich an ethnische Säuberungen, es erinnert mich an Vorgänge aus anderen Zeiten und aus anderen Teilen Europas. Ich sehe die Ethnie nicht als Wert. Man soll die Menschen nach dem beurteilen, was sie sind und was sie können. Ohne auf die Hautfarbe oder die Ethnie zu schauen oder den Akzent, den sie haben. Für mich ist das einfach kein positiver Wert.
 
Sie können maximal acht Jahre als Leitender Staatsanwalt im Amt bleiben. Was wird Giancarlo Bramante 2025 tun?
 
Ich habe keine Ahnung. Wenn Sie mich vor acht Jahren gefragt hätten, ob ich mich als Chef der Staatsanwaltschaft bewerbe, dann hätte ich sicher nicht ja sagen können. Ich habe keinen Plan.
 
Vielleicht sind Sie als Segellehrer tätig?
 
Ich habe das bereits gemacht. Aber ich liebe das Meer so sehr, dass es zu einem Problem wird. Entweder man nimmt Menschen mit, die auch diese Leidenschaft haben oder das Segeln wird – wie alles – zur Arbeit. Wenn man Menschen im Boot mitnehmen muss, die nur von einem Punkt zum anderen wollen und keinerlei Genuss beim Segeln haben, dann vergeht einem die Lust.