Gesellschaft | Das andere Südtirol

Albin Thöni, der Genussbotschafter

Albin Thöni ist pensionierter Arzt. Als Geburtshelfer, als Vater der Wassergeburt in Sterzing machte er sich einen Namen, Paare betreute er über Jahrzehnte. Nun hat er sich als Genussbotschafter einem neuen Auftrag verschrieben. "Wer rastet, der rostet", sagt Thöni im salto.bz Interview.

Herr Thöni, gemeinsam mit 17 anderen Genussbotschaftern verbürgen Sie sich für Südtirols Qualität. Was macht ein Genussbotschafter?
Südtirol ist ein Genussland, ein Land wo Traditionen gelebt werden, die bäuerliche Kultur geschätzt, mit regionalen Produkten gekocht wird. Das wollen wir als Genussbotschafter nach außen tragen. Ich möchte dabei helfen, unsere guten Südtiroler Produkte in der Welt bekannter zu machen. Nur was gesund und wertvoll ist, kann man auch von ganzem Herzen genießen.

Nach welchen Kriterien werden die Genussbotschafter ausgewählt.
Die Genussbotschafter kommen aus und leben in Südtirol. Sie vermitteln die Lebenswelt Südtirols durch persönliche Kundenansprache. Geselligkeit und Offenheit ist wichtig, aktiv auf Personen zu zu gehen und glaubwürdig und authentisch die Philosophie des "Genusslandes Südtirol" vertreten. Die Ausbildung zum Genussbotschafter dauert 16 Tage, derzeit läuft die zweite Ausbildungsrunde, organisiert von der Handelskammer und der Weinakademie. Die vielfältigen Themen umfassen Grundkenntnisse in der Ernährung, in der Gastronomie und in der Lebensmittelkunde. Über den Weinbau und das Weinland Südtirol wird im Speziellen gelehrt, aber wir wissen auch über die Nachhaltigkeit im integrierten und organisch-biologischen Anbau bescheid. Etwa bei den Äpfeln. Man muss sich in den „Stoff“ reinknien, aber es macht unheimlich Spaß.

Die Genussbotschafter kommen und leben in Südtirol. Sie vermitteln die Lebenswelt Südtirols durch persönliche Kundenansprache. Geselligkeit und Offenheit ist wichtig, aktiv auf Personen zu zu gehen und glaubwürdig und authentisch die Philosophie des "Genusslandes Südtirol" vertreten.

Sie sind, vor allem mit Ihrer Frau, die auch Genussbotschafterin ist, viel unterwegs.
Ja, von Norddeutschland bis Sizilien sind wir ständig auf Achse. Aber eigentlich in ganz Europa. Schon allein durch die Tätigkeit meiner Frau, die ja die Präsidentin der Sommeliervereinigung Südtirols ist, befassen wir uns sehr stark mit dem Thema Wein. 2011 hab ich meine Sommelierausbildung begonnen, 2012 abgeschlossen. Wir sind in vielen Weinkellereien zu Gast, sprechen mit vielen Menschen.

Und wie ist das Image Südtirols im Ausland?
Bei den Vorträgen selbst sind die Leute sehr aufmerksam. Wir wollen sie ja begeistern, Südtirol als Urlaubs- und Herkunftsland zahlreicher Qualitätsprodukte noch bekannter machen. Aber wenn man dann am Tisch sitzt mit den Leuten, da hört man schon die  eine und andere Kritik. Was wir alles haben, wie gut es uns geht. Ich denke, wenn wir Bürger den Kopf hinhalten müssen, für die Sachen, die die Politiker verfehlen, das ist dann schon sehr unangenehm.

Aber wenn man dann am Tisch sitzt mit den Leuten, da hört man schon das eine und andere. Was wir alles haben, wie gut es uns geht. Ich denke, wenn wir Bürger den Kopf hinhalten müssen, für die Sachen, die die Politiker verfehlen, das ist dann schon sehr unangenehm.

Sie bekommen eine kalten Wind zu spüren.
Insbesondere in ganz Italien sind wir mit dem Thema Privilegien in Südtirol konfrontiert. Die Medien haben ja leider, wenn wir jetzt die Sendung "porta a porta" hernehmen, im Lichte des jetzt öffentlich gewordenen Rentenskandals vielfach recht bekommen. Das ist wie Wasser auf ihren Mühlen. Im deutschsprachigen Ausland ist das Image  von Südtirol besser als in Italien. Ja, diese Skandale lassen uns schlecht aussehen...…

Zurück zu Ihrer Aufgabe. Jeder Genussbotschaft tritt für bestimmt Produkte ein. Bei Ihnen liegt die Auswahl auf der Hand.
Ja. Es ist eindeutig der Wein. Ich bin zwar ein Bergbauernbub, aufgewachsen in Prämajur, einem  1.750 Meter hohen Weiler über dem Kloster Marienberg, am Fuße des Watles, im Obervinschgau. Aber der Wein ist meine Leidenschaft. Aus persönlichem Interesse sag ich auf meinen Vorträgen auch immer etwas zum Brot, und als Vinschger ist mir der Käse, der Stilfser Käse sehr wichtig. Ich spreche zum Beispiel weniger über Kräuter. Da sind dann andere Genussbotschafter sehr engagiert. So hat jeder seinen Bereich und wird irgendwie auch zum Experten.

Leidenschaft für den Genuss ist von Nöten, wenn man Genussbotschafter werden möchte?
Ich bin jetzt ja 65, als Arzt seit kurzem in Pension. Ich bin sozusagen in einem Unruhe-Zustand. Ich bilde mich weiter, weil das für mich wesentlich ist, und ich möchte das auch weiter geben. Wer rastet, der rostet. Und das will ich ja nicht. Ich hab viel zu tun, und es ist eine wunderschöne Aufgabe. Ich war ja Doktor mit Leib und Seele, da kamen die Genüsse des Lebens schon oft zu kurz. Jetzt hab ich viel Zeit mich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Ich war ja Doktor mit Leib und Seele, da kamen die Genüsse des Lebens schon oft zu kurz. Jetzt hab ich viel Zeit mich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Als Arzt kommt bei Ihren Vorträgen natürlich auch die Gesundheit mit ins Spiel
Ja, die Ausbildung zum Mediziner ist von daher einVorteil. Denn Genuss und Gesundheit sind einfach eng miteinander verknüpft. Ich spreche zum Beispiel über den Wein und die Gesundheit. Und da ist es sehr wichtig auch darüber zu sprechen, das rechte Maß zu finden. Ich muss sagen, diese Ausbildung hat meinen Horizont sehr erweitert. Es gilt sich gesund zu ernähren und Speisen nicht nur zu verschlingen, sondern sie zu genießen. Ich möchte andere Menschen dazu anleiten, von der reinen Nahrungsaufnahme zum Genießen zu kommen und dabei gesünder zu leben. Das sage ich auch als Arzt, der 37 Jahre praktiziert hat.

Ich möchte andere Menschen dazu anleiten, von der reinen Nahrungsaufnahme zum Genießen zu kommen und dabei gesünder zu leben. Das sage ich auch als Arzt, der 37 Jahre praktiziert hat.

Haben viele Menschen in der Eile das Genießen verlernt?
Ja, alles ist zu hektisch. Alles muß schnell gehen. Man würgt nur mehr etwas hinunter, um den Magen zu füllen und das Hungergefühl zu überlisten. Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass der Genuss in jeder Hinsicht für das Leben und den persönlichen Lebensstil wichtig und bereichernd ist.  Dies hat etwas mit Gesundheitsbewußtsein, mit gesunder Ernährung und maßvollem Umgang mit Alkohol zu tun: denn die Ethik des "Geniessens" sollte gegenüber dem Dogma des "Immer Mehr" in den Vordergrund rücken.  Also Genießen in Maßen und nicht in Massen!  Ich denke dies ist eine motivierende und positiv formulierte Vision für die Zukunft: Ein Streben nach einem Zustand des Glücklichsein-und Gesundbleibens, den es beizubehalten oder zu erreichen gilt. Als Genuss-Botschafter gilt es nun noch eine Stufe höher zu klettern und diese Lebensphilosophie möglichst nach außen hin zu vertreten. "Südtirol ist ein Lebensgefühl", ja für diese Philosophie werbe ich.
 

Am 9. Mai ist Albin Thöni bei den Malser Kultur- und Literaturtagen zu Gast. Sein Thema: Wein und Gesundheit

 Am 12. Mai trägt der Genussbotschafter Thöni seine Botschaft in Bruneck vor, Beginn jeweils um halb acht.