Kultur | Salto Weekend

Zoderer im Film

Ein Gastbeitrag der Literaturwissenschaftlerin Maria Piok zu den beiden von Werner Masten verfilmten Zodererromanen "Das Glück beim Händewaschen" und "Die Walsche"
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Foto: Filmclub

„Ich bin ein Südtiroler, der seit 2 Jahren an der Hochschule für Fernsehen und Film in München studiert“, schrieb Werner Masten im Mai 1979 an Joseph Zoderer. „Ich möchte Sie […] fragen, ob Sie an einer Zusammenarbeit mit mir interessiert sind. Sie haben vielleicht gute Erzählungen oder Entwürfe, die wir gemeinsam zu Drehbüchern verarbeiten konnten. Ich würde mich freuen […].“ Masten – später aufstrebender Regisseur vor allem von Fernsehserien, damals aber noch absoluter Neuling in der Branche und auf der Suche nach einem Stoff für seine Abschlussarbeit – hatte offenbar Gefallen an Zoderers ersten Publikationen gefunden. Auch Zoderer war zu diesem Zeitpunkt allenfalls im lokalen Raum bekannt, zumal sein erster veröffentlichter Roman, im Münchner Relief-Verlag erschienen, kaum überregional beachtet wurde. Tatsächlich entwickelte sich nun zwischen den beiden ein freundschaftliches und ein berufliches Verhältnis: Gemeinsam erarbeiteten sie in den darauffolgenden Jahren die Drehbücher für die Filme Das Glück beim Händewaschen und Die Walsche, die unter der Regie Mastens realisiert und zu einem Meilenstein der Zoderer-Rezeption werden sollten. 
 


Mit dem großen Erfolg, der den beiden Filmen beschieden sein sollte, hatten aber wohl weder Zoderer noch Masten gerechnet: Das Glück beim Händewachen wurde 1983 mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Max-Ophüls-Sonderpreis der Sparkasse Saarbrücken ausgezeichnet, Die Walsche 1986 mit dem Preis der Conféderation Internationale Cinéma d’Art et d’Essai auf dem 39. Filmfestival von Locarno, ein Jahr später mit dem Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. Euphorisch berichtete Masten im Februar 1983 Zoderer vom unverhofften Triumph: 

[…] aus Frankreich zurückgekehrt […], wirst du auf deinem Schreibtisch zwischen all den toten und halbtoten Fliegen eine gute Nachricht finden (siehe Fotokopie): Das „Glück“ hat einen Grimmepreis erhalten, es ist dies die höchste Auszeichnung, die es in Deutschland für einen Fernsehfilm gibt, sozusagen die Kürung des Films des Jahres, etwa vergleichbar mit dem „Oscar“ für Kinofilme in Amerika, aber wir wollen ja nicht abheben, vom Boden zumindest, deshalb Punkt. Trotzdem noch: in „Gold“, nicht in „Silber oder Bronze“, nein in „Gold“.

Tatsächlich handelt es sich bei den beiden Romanverfilmungen keinesfalls um eine simple Wiederverwertung eines fertigen Stoffs, sondern um künstlerische Adaptionen, die eigene inhaltliche und ästhetische Akzente setzen. Davon zeugen auch die erhalten gebliebenen Vorarbeiten: Sie beweisen, welche große Sorgfalt auf die immer wieder variierte Anordnung der Szenen verwendet wurde, aber auch, wie viele bereits durchkonzipierte Abschnitte letztlich wieder gestrichen werden mussten. Wer alles an der Ausarbeitung der Texte beteiligt war, lässt sich nicht mehr sagen – sicher ist aber, dass Masten maßgeblich Einfluss auf die Gestaltung genommen hat. Mehrere Dinge wurden vermutlich auch erst während der Dreharbeiten entschieden, vieles, wie Masten später berichtet, der freien Improvisation überlassen – nicht zuletzt deshalb, weil man sowohl mit budgetären als auch bürokratischen Schwierigkeiten konfrontiert war. Renate Mumelter schreibt in ihrem Buch Cinema. Film in Südtirol seit 1945, dass die Szene im Zug nach Venedig in Das Glück beim Händewaschen ohne Genehmigung gedreht wurde: Der Schaffner musste deshalb mit einem Ablenkungsmanöver ferngehalten werden.
 

Das Ergebnis sind zwei Filme mit einem sehr eigenwilligen Duktus, die die persönliche Handschrift des Regisseurs und seines Teams sichtbar machen...


Als man in letzter Sekunde noch mit Überlängen kämpfte, war man auf prominente Hilfe angewiesen – Peter Przygodda, Schnittmeister unter anderem von Wim Wenders, arbeitete in Mastens Nebenzimmer in der Bavaria: „Für zwei Flaschen Sambuca hat er unseren Film in zwei Nächten gekürzt“. Insgesamt griff Masten bei der Zusammenstellung seiner Teams vielfach auf Freund*innen aus seiner Studienzeit an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen zurück, aber auch auf Bekannte aus Südtirol, zumal man Dialekt sprechende Schauspieler*innen benötigte. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung waren die Kontakte innerhalb der überschaubaren lokalen Kultur- und Künstler*innenszene, in der auch Zoderer und Masten zusammengefunden hatten: Der bildende Künstler Peter Kaser zeichnete in beiden Filmen für Bauten und Ausstattung, der Schriftsteller Kurt Lanthaler für die Requisiten verantwortlich.
Das Ergebnis sind zwei Filme mit einem sehr eigenwilligen Duktus, die die persönliche Handschrift des Regisseurs und seines Teams sichtbar machen: In lakonisch-langsamen Bildern ohne große Erklärungen und Kommentare werden die beiden Geschichten nachgezeichnet. Damit entspricht der Tonfall der Filme, die sich in Hinblick auf den Plot keinesfalls sklavisch an die Vorlage halten, der nüchternen, zu Understatement neigenden Erzählweise Zoderers. Die subtile Komik in Das Glück beim Händewaschen bleibt ebenso gewahrt wie die etwas stärkere Emotionalität der Walschen, vor allem von Marie Colbin in der Hauptrolle ausdrucksstark umgesetzt. Ganz klar widersetzen sich die Filmemacher mit der Wahl ihrer Gestaltung populären Genres wie dem Heimatfilm, in denen mit dynamisch-kraftvollen oder rührigen Bildern publikumswirksame Effekte erzielt werden – sie folgen also auch in dieser Hinsicht den Romanvorlagen, die sich in mehrerlei Hinsicht als Anti-Heimatliteratur lesen lassen. 
 

In beiden Filmen sind die Dialoge dem lakonischen Stil Mastens entsprechend stark reduziert...


Besonders auffallend ist der Entschluss, Das Glück beim Händewaschen als Schwarzweißfilm zu realisieren: Mastens eigenen Angaben zufolge habe man sich allein aus Geldnot gegen ein Farbfilmverfahren entschieden – eine gerade im Autorenfilm der damaligen Zeit keine ungewöhnliche Vorgehensweise, zumal man bei gleichzeitiger Kosteneinsparung das ästhetische Potenzial des Schwarzweißfilms nutzbar machen konnte. In jedem Fall beeinflusst die fehlende Kolorierung das sinnliche Erleben des Films: Schlichte Außen- und Innenraumaufnahmen stützen Mastens unaufgeregtes, langsames Erzählen; gleichzeitig lassen sie die emotionale Kälte und die Monotonie im Alltag des jugendlichen Protagonisten erfahrbar werden. Helle Winterlandschaften kontrastieren dabei gezielt mit den dunklen Internatsräumen. Ähnliche Effekte kommen auch in der Verfilmung der Walschen zum Tragen: vor allem in den am Land angesiedelten Sequenzen überwiegen monotone Grautöne, die die Trauer um den verstorbenen Vater, die ärmlichen Verhältnisse im Elternhaus und die Distanz der handelnden Figuren zueinander spiegeln. Kräftige Rot- und Gelbtöne, gestrichene Wände oder grelle Kostüme charakterisieren hingegen die Szenen in der Stadt als Inbegriff einer anderen, dynamischeren Welt mit starken Reizen. Später dann, als Olga mehr und mehr auch in der Stadt unter der Perspektivenlosigkeit und ihren unerfüllten Träumen leidet, kommentiert sie, aus dem Fenster blickend, den Filmraum selbst: „Alles ist grau.“ 
 


Mit dem Rückgriff auf den Schwarzweißfilm in Das Glück beim Händewaschen wird jedoch auch Vergangenheit evoziert: Es wird suggeriert, dass der Film, wenn nicht ausschließlich, so doch in besonderem Maße als eine Auseinandersetzung mit Geschichte zu verstehen ist. Tatsächlich gibt es mehrere Szenen ohne Entsprechung im Roman, die das konflikthafte Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen zeigen. Dass die Südtirolproblematik stärker zum Tragen kommt, dürfte Masten auch bei der Walschen ein Anliegen gewesen sein – hatte er doch schon bei der Lektüre der Vorarbeiten zum Roman diesbezüglich Kritik geübt: „[D]as Besondere liegt hier fast nur [darin], daß der Vater irgendwo in den südtiroler Bergen als Lehrer tätig ist, das spezifische Problem des Zusammenlebens der zwei Volksgruppen wird in 2–3 Seiten angerissen, obwohl sie die Walsche heißt“. Tasächlich unterstreicht im Film ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Bild und Ton zu das destruktive Einbrechen politischer Konflikte in die private Beziehungswelt: Olga hört auf ihrer Fahrt zurück ins Dorf im italienischen Radio Nachrichten über die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der Republik Italien, in der Wohnung und in der Bar sind immer wieder Diskussionen über das Friedensdenkmal, Berichte zu Sprengstoffanschlägen und Fernsehansprachen gegen die „Vermischung der Volksgruppen“ zu hören. Wirken diese Stimmen zunächst wie eine realistische, beiläufig hörbare Geräuschkulisse, rücken sie bald durch steigende Lautstärke und Kameraschwenks in den Vordergrund: Sie werden somit gleichwertig zum parallelen Geschehen im filmischen Handlungsraum; nicht von ungefähr immer wieder dann, wenn intime Begegnungen zwischen Silvano und Olga gezeigt werden.
Wegen dieser Schwerpunktsetzung mögen die Filme dazu beigetragen haben, dass Zoderer vielfach zu stark als Chronist von Lokalgeschichte wahrgenommen wurde. Schließlich lösten gerade die Filmvorführungen der Walschen in Südtirol eine so heftige Debatte über die Darstellung des deutsch-italienischen Zusammenlebens in Südtirol aus, dass selbst der damalige Landeshauptmann Silvius Magnago für ein Aufführungsverbot um des lieben Friedens willen plädierte. Anders als Masten distanzierte sich Zoderer nun von der Auffassung, dass Die Walsche in erster Linie sozio-politische Realitäten Südtirols abbilde. Hatte er sich noch dem Wunsch des Verlags widersetzt, den Roman Die Fremde statt Die Walsche zu nennen, störte er sich nun an einer einseitigen Fokussierung auf den ethischnen Konflikt im Film. 
 

In Übereinstimmung mit den Romanvorlagen bieten beide Filme kein eindeutig positives Ende: Ob es den Protagonist*innen gelingt, irgendwo heimisch zu werden, wird nicht aufgelöst...


Tatsächlich aber lassen sich die filmischen Umsetzungen ebenso wenig wie die Romane auf die Südtirolthematik reduzieren: Vielmehr verarbeiten auch sie vielschichtige Fremdheitserfahrungen, die gleichermaßen den politischen Ereignissen wie den persönlichen Erlebnissen und Einstellungen der Protagonist*innen geschuldet sind. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich die Filme weitgehend an die personale Erzählperspektive der Romane halten: Der Fokus liegt dadurch eindeutig auf den Empfindungen von Einzelfiguren und nicht auf Erfahrungen eines Kollektivs. Immer wieder stellt die Kamera eine besondere Nähe zwischen den Zuschauer*innen und den Figuren her – etwa wenn die Gesichter das Bildfeld beinahe vollständig ausfüllen, ihre emotionsgeladene Mimik also deutlich sichtbar wird, oder wenn die Kamera genau die Blickrichtung der Protagonist*innen einnimmt, sodass sich die Wahrnehmung von Figur und Publikum decken. Geschehnisse außerhalb des Horizonts der Hauptfiguren werden nicht gezeigt, sodass das Publikum über keinen Wissensvorsprung verfügt. Dafür wird das innere Erleben der Figuren nicht zuletzt dank Setting und Komposition erfahrbar: Noch mehr als die unwirtlichen Wintergegenden erzeugen die gekonnt arrangierten Innenräume eine beklemmende Atmosphäre, mit der die Gefühlszustände der Protagonist*innen gespiegelt werden. In Das Glück beim Händewaschen wird immer wieder frontal in Gänge und Räume gefilmt, in die Andreas blickt oder durch die er geht: Kahle Wände und die in Reihen aufgestellten Betten und Schulbänke repräsentieren eine eintönige, gefühllose Welt, in der jede Möglichkeit auf eine individuelle Entfaltung unterbunden wird. Streng limitierte Kader erzeugen auch in der Walschen geschlossene, statische Bilder. Die Wiederholung von Szenen verstärkt den Eindruck von Monotonie und Stilstand, wobei auch auf auditiver Ebene gewisse Leitmotive wiederkehren – in der Walschen das Ticken der Uhr oder das Litanei-artige Gebet, in Das Glück beim Händewaschen das eintönige Trappeln der Internatsschüler, die, zur uniformen Masse ohne eigenen Willen degradiert, zum Gleichschritt verpflichtet sind. 
 


Diese akustischen Elemente sind gerade deshalb so auffällig, weil in vielen Szenen kaum gesprochen wird: In beiden Filmen sind die Dialoge dem lakonischen Stil Mastens entsprechend stark reduziert; dennoch (oder vielleicht gerade deshalb) wird die Sprache zu einem zentralen Element, um Fragen von Fremd- und Zugehörigkeit zu verhandeln. Wie reflektiert die Sprache in der Verfilmung eingesetzt wird, beweist unter anderem die Szene, in der Andreas zum ersten Mal Schwyzerdütsch spricht: Dass er ausgerechnet bei einer erotisch aufgeladenen Begegnung plötzlich seine Sprechweise ändert, ist weniger ein Akt der Anpassung als der bewussten Annäherung. Die sprachliche Gestaltung der Sequenz weist somit bereits auf die endgültige Emanzipation des Protagonisten voraus. In den Schlusssequenzen, die über das Ende des Romans hinausgehen, wird schließlich über die Wiederaufnahme eines sprachlichen Leitmotivs – die Verwendung von Ethnophaulismen wie „Katzelmacher“, „Mostschädel“ und „Cinque“ – die Absurdität herkunftsbezogener Zuschreibungen überdeutlich gemacht. Andreas, bislang immer wieder als Italiener beschimpft, wird nun als „Crucco“ bezeichnet: Es bleibt offen, ob er aus Unverständnis oder inzwischen erlangter Gelassenheit in das kollektive Gelächter miteinstimmt – naheliegend ist, dass Andreas inzwischen so viel „Selbstrespekt“ (ebenfalls ein mehrmals wiederkehrendes Wort im Film) erlangt hat, das ihn Beleidigungen dieser Art nicht mehr bekümmern, zumal er sich gegen das individualitätsfeindliche Institut und für ein selbstbestimmtes Leben entschieden hat. Eine dahingehende Interpretation legt auch ein zweites Filmexposé zum Glück beim Händewaschen, vermutlich aus der Feder von Werner Masten, nahe:

Nachdem er auch in Südtirol keine nationale Identität zu erleben vermocht hatte, findet er durch seinen Weggang aus dem Institut die Möglichkeit zu einem Ausweg: Es kommt auf ihn, nicht auf die anderen an. An seinem ersten vorläufigen Arbeitsplatz wird Andreas zur Person. Der Schimpfname „Ithaker“ zerfällt zu einem Scherzwort.

Diese Entwicklung der Hauptfigur wird begleitet durch Abweichungen in der filmischen Gestaltung – etwa indem Szenen häufiger mit Musik angereichert sind und die Kameraführung zunehmend dynamischer wird. Leitmotivische Bilder erfahren nun immer öfter eine Abwandlung: Andreas betritt die Treppe im Institut nicht mehr diszipliniert-leise, sondern hopsend und singend; das Silentium im Waschraum unterbricht er jetzt wissentlich, im leeren Schlafrauf springt er auf sein Bett, wobei die Kamera bezeichnenderweise vom überdimensionalen Wandkreuz herab auf den ausgelassenen Jugendlichen schwenkt. Wichtig ist schließlich auch das leitmotivische Pferdegetrappel, das Andreas immer wieder hört: Erst gegen Ende wagt er den Schritt zum Fenster, um die Pferde zu sehen – im Übrigen eine weitere Parallele zur Walschen, wo der Wunsch nach der Flucht aus der provinziellen Enge immer wieder mit dem Blick aus dem Fenster zum Ausdruck kommt. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht auch die Schlussszene der Walschen: Olga führt ihren Bruder durch die Menschenmenge im Gasthaus hindurch ins Freie; den Dorfbewohner, der Florian am Weitergehen hindert, ohrfeigt sie. Diese demonstrative Abkehr vom feindlich gesinnten dörflichen Kollektiv wird begleitet durch eine bewusste Hinwendung zu sich selbst – symbolisiert durch den Kuss auf den eigenen Handrücken, von dem auch im Roman die Rede ist. Noch stärker als im Buch wird im Film der Aufbruch als ein Akt der Befreiung gezeigt: Man sieht Olga schwer aufatmen, dann lächelnd davonfahren; Farbkontraste – das rote Auto lässt ein winterlich-graues Dorf hinter sich zurück – werden auch hier wieder wirksam. 
 


In Übereinstimmung mit den Romanvorlagen bieten beide Filme kein eindeutig positives Ende: Ob es den Protagonist*innen gelingt, irgendwo heimisch zu werden, wird nicht aufgelöst – fest steht jedoch, dass dies keinesfalls an den Orten ihrer Herkunft geschehen kann. Die chronotopische Kontrastierung von Stadt und Land, also die im Heimatfilm positiv konnotierte Heimat und die negativ konnotierte Fremde, wird somit ins Gegenteil verkehrt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nach einem alternativen Zufluchtsort gesucht werden muss – viel eher wird die Vorstellung einer fixen ,Heimat‘ insgesamt negiert. Dass die Emanzipation der Figuren vor allem darin besteht, sich von fremden Zuschreibungen ebenso wie von dem Wunsch nach Zugehörigkeit zu lösen, wird in den Verfilmungen besonders stark hervorgehoben: Mit der Akzeptanz einer hybriden Identität werden am Ende nämlich Gedanken aufgegriffen, die die Figuren bereits zu Beginn geäußert haben. Davon ausgehend spannt sich ein Bogen bis hin zum Ende, das in beiden Fällen durch ein selbstbejahendes Freiheitsstreben der Hauptfiguren besiegelt wird. Damit gelingt es in den Filmen – ungeachtet der Neuakzentuierungen und Reduktionen, die der Medienwechsel erfordert – ein Kernthema von Zoderers Œuvre herauszustreichen: das Glück, das eine Existenz abseits von fremdbestimmten Grenzen in einem durchlässigen Dazwischen birgt.