Politik | Landesverwaltung

Die Machtübernahme

Eros Magnago & Co bereiten eine Reform vor, mit der eine autonome Landesverwaltung geschwächt und alle Macht den Ressortdirektoren übertragen wird. Der geheime Plan.

Der Generalsekretär der Landesregierung ist traditionell ein mächtiger Mann. Adolf Auckenthaler hat sich durch sein enormes juristisches und verwaltungstechnisches Fachwissen den Ruf eines eisernen Kapitäns erworben, der das Land sicher durch manches Unwetter gesteuert hat. Sein Nachfolger Hermann Berger war eher der stille Tüftler und Befehlsempfänger der politischen Obrigkeit.
Doch keiner dürfte je soviel Macht in seiner Hand gehalten haben, wie jener Mann, der seit zwei Jahren Generalsekretär des Landes ist: Eros Magnago, studierter Jurist, war zuerst drei Jahre lang Staatspolizist, bevor er die Karriereleiter in der Landesverwaltung ganz nach oben kletterte. Verwaltungsinspektor, Direktor des Amtes für Ausgaben, Abteilungsdirektor Finanzen, Vizegeneralsekretär und mit der neuen Landesregierung zum Generalsekretär des Landes aufgestiegen.
Eros Magnago ist nicht nur ein Techniker, der nebenbei auch die Finanzagenden des Landes führt (wenn auch nicht offiziell), er ist eindeutig auch der politischste Generalsekretär, den das Land je hatte. Magnago ist nicht nur mit der Südtiroler PD-Führung bestens vernetzt, sondern er hat auch direkte Drähte nach Rom. Das macht ihn zum heimlichen Herrscher im Palais Widmann.
Wie strategisch Magnago seine Macht dabei ausspielt, um seine Ziele umzusetzen, wird bei der anstehenden Reform der Landesverwaltung mehr als deutlich. Seit langem ist das Verhältnis zwischen Magnago und dem neu eingeführten Generaldirektor des Landes Hanspeter Staffler gespannt. Jetzt ist das Ganze aber - wie salto.bz exklusiv enthüllte – eskaliert.

Generalsekretär Eros Magnago: Heimlicher Herrscher im Palais Widmann.

Hanspeter Staffler hatte den Auftrag der Landesregierung, ein neues Gesetz auszuarbeiten, das der Landesverwaltung eine neue, moderne Struktur geben sollte. Staffler hat mit mehreren Arbeitsgruppen fast zwei Jahre lang daran gearbeitet. Als er aber im April den Entwurf der Landesregierung präsentierte, wurde der Vorschlag plötzlich versenkt. Es waren einige Landesräte, ihre Ressortdirektoren und vor allem Eros Magnago, die den Staffler-Entwurf in Windeseile verräumten.

Die Bombe

Eros Magnago, der Direktor der Vergabeagentur Thomas Mathà und die Chefin des Rechtsamtes Renate Guggenberg schrieben daraufhin einen Gegenentwurf. Der Gesetzestext, der salto.bz vorliegt, wird im engsten Kreise gehalten. Der Grund dafür: Der Vorschlag dürfte innerhalb der Landesverwaltung die Wirkung einer Streubombe haben. 
Hanspeter Staffler hat in seiner Reform – wie ursprünglich politisch vorgegeben – den Grundsatz einer flachen Hierarchie verfolgt. Gestärkt werden sollten die Amtsdirektoren, die Bürgernähe und vor allem die Autonomie der Landesverwaltung. Ein klares Prinzip war und ist die Trennung von Politik und Verwaltung. In diesem Sinne sollten die Ressortdirektoren weiterhin politisch berufen, im Stab des Landesrates mit keinem direkten Durchgriffsrecht auf die Verwaltung angesiedelt werden.
Das ist aber letztlich der Hauptgrund für das Scheitern Stafflers. Denn Eros Magnago & Co haben in ihrem Vorschlag dieses Prinzip völlig auf den Kopf gestellt. Die Ressortdirektoren werden nicht nur pragmatisiert, sondern sie werden in Zukunft alle Macht in den Händen halten. Die Abteilungsdirektoren werden zu Hilfskräften degradiert und die Amtsdirektoren völlig entmachtet.
Vor allem aber bricht dieser Gesetzesvorschlag mit einem Prinzip, das in den letzten 25 Jahren bestens funktioniert hat: der Trennung von Politik und Verwaltung.

Die Ressortdirektoren werden in Zukunft alle Macht in den Händen halten. Die Abteilungsdirektoren werden zu Hilfskräften degradiert und die Amtsdirektoren völlig entmachtet.“

Übermächtige Ressortdirektoren

Die Ressortdirektoren haben seit langem zwei Probleme.
1. Sie sind keine Beamten, sondern politisch berufen. Geht der Landesrat, müssen auch sie gehen.
2. Sie gehören nicht der Verwaltungslinie an. Sie können weder Beschlüsse unterschreiben, noch über die Finanzen der Abteilungen und Ämter verfügen.
Der Magnago-Vorschlag löst beide Probleme. Nach dem Gesetz werden alle Ressortdirektoren „Führungskräfte, die die Mitglieder der Landesregierung unterstützen“ mit einem Auftrag von 5 Jahren. Sie können danach an einem Auswahlverfahren teilnehmen, und der Auftrag kann für weitere fünf Jahre verlängert werden. Damit überleben sie notfalls auch einen Landesrat, der nicht mehr gewählt wird.
Vor allem aber erhalten die Ressortdirektoren eine neue absolute Machtposition in der Landesverwaltung.
In Artikel 17 des Gesetzesvorschlages heißt es:

„Der Ressortdirektor/Die Ressortdirektorin trägt die Verantwortung für den gesamten Aufgabenbereich des Ressorts. Er/Sie sorgt für einen angemessenen Informationsfluss innerhalb des Ressort.
Insbesondere:
a) weist der Ressortdirektor/die Ressortdirektorin die Humanressourcen den Organisationsstrukturen des Ressorts sowie die finanziellen Ressourcen den einzelnen Haushaltspläne zu,
b) versieht der Ressortdirektor/die Ressortdirektorin ...(...)... die Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des zuständigen Regierungsmitgliedes und der Landesregierung mit dem Sichtvermerk,
c ) schließt der Ressortdirektor/die Ressortdirektorin die Verträge über dem EU- Schwellenwert und jene mit maßgeblichen Auswirkungen ab,

d) nimmt der Ressortdirektor/die Ressortdirektorin die Ausarbeitung von Akten politischer Natur vor.“

Der Ressortdirektor übernimmt damit alle Tätigkeiten, die bisher den Abteilungsleitern vorbehalten waren. Zudem erhält der Ressortdirektor auch Kompetenzen in der Personalführung.
Im Klartext: Die politisch ernannten Ressortdirektoren konzentrieren in Zukunft alle Macht auf sich.

Ausriss aus dem Magnago-Entwurf: Machtkonzentration nach oben.

 

Hilfskraft Abteilungsdirektoren

Die Kompetenzen der Abteilungsdirektoren werden hingegen klar eingeschränkt. Im Magnago-Vorschlag steht an vielen Stellen „der Abteilungsdirektor bzw. der Ressortdirektor“. Der Hintergrund: Sollte ein Abteilungsdirektor eine Unterschrift auf einem Beschluss verweigern – was öfter passiert, als man glaubt, - zeichnet der Ressortdirektor. Wer sich im Konfliktfall durchsetzt, dürfte mit diesen Bestimmungen klar sein.
Auch die finanzielle Entscheidungskompetenz der Abteilungsdirektoren wird mit diesem Gesetz entscheidend eingeschränkt. Abteilungsdirektoren entscheiden nur mehr bei Vorhaben, die unter dem EU-Schwellwert liegen. Alle größeren Projekte fallen damit in die Kompetenz der Ressortdirektoren.
Alles in allem wird der Abteilungsdirektor zu einer Art Hilfskraft für den Ressortdirektor degradiert.


Gegängelter Amtsdirektor

Am härtesten aber trifft es die Amtsdirektoren. Sie werden formal zwar nicht abgeschafft, ihre Rolle wird in der Praxis aber völlig ausgehöhlt.
Wie geschickt man dabei vorgeht, zeigt der Vorschlag. Die einschneidendste Veränderung in der Landesverwaltung der letzten 25 Jahre kaschiert man mit der Abschaffung von zwei Wörtern.
Im Magnago-Entwurf heißt es:

„Änderung des Artikels 12 (Der Amtsdirektor)
1. ln Artikel 12 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 23. April 1992, Nr. 10, in geltender Fassung sind die Wörter 'zugeteilt sind oder' gestrichen.“

Was die Streichung dieser drei Wörter bedeutet, wird erst klar, wenn man sich den Gesetzestext anschaut, auf den sich der Vorschlag bezieht.
In Artikel 12 Absatz 5 steht:

„Der Amtsdirektor nimmt alle Verwaltungsbefugnisse wahr, die ihm zugeteilt sind oder übertragen werden.“

Demnach kann der Amtsdirektor in Zukunft nur mehr jene Befugnisse ausführen, die ihm vom Ressortdirektor übertragen werden. Klarer am Gängelband der Politik kann ein Beamter wohl kaum mehr hängen.
Vor allem aber dürfte damit die Rolle der Amtsdirektoren als „dirigenti“ endgültig begraben werden.

Der Entwurf ist genau das Gegenteil dessen, was Arno Kompatscher und die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg mit ihrem politischen Programm „Verwaltungsinnovation 2018“ angekündigt haben.

Stafflers Entsorgung?

Schaut man sich den Magnago Vorschlag genauer an, so wird schnell klar, dass man diese Reform auch als Putsch der Politik sehen kann. Vor allem im Vergleich mit dem basisorientierten Staffler-Vorschlag kommt die ganze Stoßrichtung der Landesregierung hier klar zum Tragen. Der Entwurf ist genau das Gegenteil dessen, was Arno Kompatscher und die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg mit ihrem politischen Programm „Verwaltungsinnovation 2018“ angekündigt haben.
Generaldirektor Hanspeter Staffler und sein Vorschlag stören bei dieser Kehrtwende. Deshalb wurde der Staffler-Entwurf so schnell und radikal versenkt. Die Frage ist, was man jetzt aber mit dem Generaldirektor des Landes macht? Staffler hat einen Fünf-Jahres-Vertrag und ist nicht so einfach kündbar.

Generaldirektor Hanspeter Staffler: Dem Vorhaben im Weg?

Aber auch hier gibt es im Palais Widmann mehrere Varianten, die man ernsthaft durchspielt. Hanspeter Staffler soll befördert werden. Staffler könnte so Direktor der Projektgesellschaft Bahnhof Bozen ARBO werden. Dort sitzt derzeit noch der ehemalige Generalsekretär des Landes Hermann Berger, der inzwischen aber pensionsberechtigt ist.
Ein Nachfolger für das Amt des Generalsekretärs steht auch bei Fuß. Denn es fällt auf, dass Thomas Mathà diesen Gesetzentwurf mitentworfen hat. Mathà ist auch Präsident der „Gewerkschaft der Direktoren und Akademiker im Landesdienst“ (DIRAP). Dass ein Gewerkschaftsfunktionär einen Vorschlag macht, der den Großteil seiner Mitglieder entmachtet, mutet zumindest merkwürdig an.
Außer man weiß, dass Thomas Mathà lange vor Staffler als erster Generaldirektor des Landes ernsthaft im Gespräch war.
Jetzt könnte seine Stunde gekommen sein.

UPDATE: 
Thomas Mathá hat uns folgende Stellungnahme zukommen lassen, die wir gerne andrucken:

Sehr geehrter Herr Franceschini,
Sie schreiben in Ihrem Artikel, ich hätte bei dem von Ihnen zitierten Gesetzesentwurf zusammen mit den Kollegen von Guggenberg und Magnago mitgeschrieben. Dies entspricht nicht der Wahrheit und ist falsch.
Dementsprechend ist auch ihre Schlussolgerung am Ende des Artikels, was meine Rolle als Präsident der DIRAP betrifft, unrichtig.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mathà