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Nüchterner Abschied

Nach 23 Jahren an der Spitze ist Michael Grüner als Präsident der Raiffeisen Landesbank abgetreten. Der Wechsel war seit langem fällig. Sein Nachfolger: Hanspeter Felder.
Wenn jemand abtritt, der fast ein Vierteljahrhundert lang an der Spitze einer Institution steht, dann wird er meistens mit Pomp und Fanfaren verabschiedet.
Am Montag tagte die Gesellschafterversammlung der Raiffeisen Landesbank Südtirol AG. Ganz am Ende stand der Rücktritt von Michael Grüner auf der Tagesordnung. Grüners Abschied war dabei durchwachsen. „Es war eine sehr nüchterne Angelegenheit“, sagen gleich mehrere anwesende Obmänner von Raiffeisenkassen zu Salto.bz.
Michael Grüner, der seit 1997 dem Zentralinstitut der Südtiroler Raiffeisenkassen als Präsident vorsteht, hielt eine kurze Abschiedsrede in der er noch einmal die positiven Seiten der Arbeit und des Amtes an der Spitze der Landesbank Revue passieren ließ. Es habe nur zwei Momente in diesen 23 Jahren gegeben, die ihm wirklich „wehgetan“ hätten.
Der breite Widerstand und der Applaus auf einer der letzten Gesellschafterversammlungen gegen die geplante Reform der Raiffeisenkassen und den Plan die Landesbank zum Kopf des neuen Raiffeisenkonzerns zu machen. Sowie die letzten Wahlen zum Verwaltungsrat als man Michael Grüner praktisch abgewählt hat.
Am Ende seiner Rede mischten sich Applaus und Kopfschütteln im Saal. „Einsicht ist nicht seine Stärke“, sagt selbst einer seiner langjährigen Weggefährten.
 

Der Konflikt

 
Der Hintergrund für diese Stimmung ist ein Konflikt, der seit über zwei Jahren innerhalb der Südtiroler Raiffeisenwelt schwelt.
Der Anlass war die Reform der italienischen Genossenschaftsbanken. Nach Vorgaben der italienischen Regierung und der Banca D’Italia sollten sich die Südtiroler Raiffeisenkassen zu einer Gruppe zusammenschließen mit einem sogenannten Capogruppo an der Spitze. Diese strategisch wichtige Rolle sollte die Landesbank übernehmen.
Michael Grüner war einer der energischen Verfechter dieser Reform. Man leitete innerhalb der Landesbank organisatorisch und verwaltungstechnisch alles in die Wege, um diese neue Rolle zu unternehmen. So wurde der Verwaltungsrat aufgestockt und die Entschädigungen ordentlich erhöht. Wie sicher man sich in der Landesbank war, zeigt sich auch daran, dass man sogar neues qualifiziertes Personal anstellte.
 
 
Weil mit dieser Reform die einzelnen Raiffeisenkassen aber zu besseren Filialen der Landesbank degradiert worden wären, brandete im Raiffeisenverband und unter den Kassen breiter Widerstand auf. Am Ende schaffte man eine Gesetzesänderung und eine Ausnahmebestimmung für Südtirol. Im Dezember 2019 wurde von Raiffeisen Südtirol ein sogenannter Haftungsverbund (IPS) gegründet, der seit einem halben Jahr bei der Bankenaufsicht zur Genehmigung in Rom liegt.
Das Modell Haftungsverbund ist so gut, dass die gesamte italienische Welt der Genossenschaftsbanken mit Neid auf Südtirol schaut. Deshalb zieht Rom die Genehmigung auch bewusst hinaus.
Das Problem dabei: Das Modell ist so gut, dass die gesamte italienische Welt der Genossenschaftsbanken mit Neid auf Südtirol schaut. „Wird dieser Haftungsverbund genehmigt“, sagt ein Bankenfachmann, „dann werden auch alle anderen italienischen Genossenschaftsbanken auf diesen Zug aufspringen wollen“. Deshalb ziehe Rom die Genehmigung des Raiffeisen-Haftungsverbundes auch bewusst hinaus.
Man geht aber dennoch davon aus, dass es spätestens im September so weit sein wird, dass die Banca D’Italia endgültig grünes Licht gibt.
 

Die Abwahl

 
Es gibt aber auch noch eine andere Vorgeschichte, die Michael Grüner in seiner Abschiedrede angesprochen hat.
Nach der Statutenänderung und der Aufstockung des Verwaltungsrates stehen Mitte Oktober 2018 in der Landesbank formell Neuwahlen an. Es sollte eigentlich nur eine Formsache sein. Denn die Bankenführung hatte wie üblich ein klares Regiebuch geschrieben hatte, wer zu wählen sei.
Die Wahl geriet für Grüner und seine Anhänger aber zu einem Debakel.
Michael Grüner, der im Vorfeld und auf der Versammlung keinen Zweifel daran gelassen hat, dass er weitere drei Jahre lang der Landesbank als Präsident vorstehen will, erhielt nur 59 Prozent der Stimmrechte. Er landete damit an siebter Stelle der Gewählten. Es ist eine schallende Ohrfeige für den Langzeitpräsidenten.
 
 
Der Brunecker Raika-Obmann Hanspeter Felder schaffte hingegen mit 98 Prozent der Stimmrechte ein plebiszitäres Ergebnis. Deshalb gingen alle davon aus, dass Felder der neue Präsident der Landesbank sein werde.
Doch es kommt anderes. Der Präsident wird vom Verwaltungsrat gewählt. Hier mobilisierte Michael Grüner nochmals sein Netzwerk. Um eine Kampfabstimmung zur vermeiden, einigte man sich im Verwaltungsrat schließlich auf einen Kompromiss.
Michael Grüner soll bis zum Mai 2020 Präsident bleiben und dann übernimmt Hanspeter Felder für die restlichen eineinhalb Jahre das Ruder in der Landesbank.
 

Der Wechsel

 
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, diese Abmachung einzuhalten.
Nach insgesamt 29 Jahren als Mitglied im Verwaltungsrat, davon 23 als Präsident, lege ich nun mein Amt als Präsident zurück“, erklärte Michael Grüner am Montag auf der Gesellschafterversammlung. Und weiter:  „Ich übergebe eine sehr solide Bank und bin überzeugt, dass die Raiffeisen Landesbank die aktuellen Herausforderungen gut meistern wird."
Es oblag Generaldirektor Zenone Giacomuzzi dem scheidenden Präsidenten für die geleistete Arbeit zu danken:  „Michael Grüner hat durch seine Kompetenz und den Blick für das Wesentliche die Entwicklung der Bank mit geprägt und den Erfolg ermöglicht. Die gesamte Mannschaft und ich bedanken uns für die vielen Jahre guter Zusammenarbeit“.
Hanspeter Felder wird demnächst zum neuen Präsidenten der Landesbank ernannt werden. Michael Grüner hat sich ausbedungen noch eine Verwaltungsratssitzung zu leiten. Zudem bleibt der Langzeitpräsident bis zum Ende der Legislatur Verwaltungsrat in der Hypothekenbank Trentino-Südtirol und in der Alpenbank AG.