Politik | Interview

Eine groteske Situation

Die aktuelle Regierungskrise kommt zu einer Unzeit. Interview mit Josef Lazzari, Landessekretär der AGB/CGIL.
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Es sind in der Tat keine entspannten Sommermonate, zumindest für die italienische Politik. Anstelle von Sommerloch und Urlaubs-Feeling gibt es heuer vorgezogenen Wahlkampf, denn am 25. September 2022 sind Italiens Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Salto.bz hat mit Josef Lazzari, dem Südtiroler Landessekretär der AGB/CGIL darüber gesprochen, wie die Gewerkschaft diese Neuwahlen sieht und welche Auswirkungen die aktuelle politische Krise auf Südtirol hat.

 

Guten Tag, Herr Lazzari, danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Wie sehen Sie aus Sicht der Gewerkschaft diese vorgezogenen Neuwahlen?

Lazzari: Wir sind äußerst beunruhigt. Diese Regierungskrise kommt zu einer Unzeit. Es gibt gerade so viele Probleme zu lösen: Corona, die Inflation, der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise. Da braucht es stabile politische Verhältnisse und nicht noch eine weitere Krise.

Wie wirken sich denn die vorgezogenen Neuwahlen auf die verschiedenen Maßnahmen aus, die die aktuelle Regierung noch zu Ende bringen muss? Auf die verschiedenen Boni zum Beispiel?

Lazzari: Lassen Sie mich zum einen sagen, dass die Politik der Boni in unseren Augen nicht der richtige Weg ist, um die vorhin angesprochenen Krisen zu bewältigen. Es ist zu wenig, um den Arbeitnehmenden und Rentnern wirklich zu helfen. Auch das letzte Hilfspaket, das jetzt kurz nach der Regierungskrise noch geschnürt wurde, ist zu wenig. Aber da die aktuelle Regierung ja nur noch geschäftsführend im Amt ist, wird da in nächster Zeit auch nicht mehr viel passieren, es werden nur noch Dinge abgearbeitet.

 

 

Wie ist denn der Eindruck der bisherigen Regierung, auch aus Südtiroler Sicht?

Lazzari: Die Regierung Draghi, aber auch schon die letzten paar Regierungen, Conte I und Conte II, zum Beispiel, waren für uns nicht die besten Ansprechpartner. Es war für uns schwierig an Termine zu gelangen und gehört zu werden. Auch waren sie nicht die besten Ansprechpartner für Reformen, die Zusammenarbeit war nicht einfach. Trotzdem haben wir als Sozialpartner auch einiges erreichen können, zum Beispiel mehr Geld in den Boni. Doch das ist in unseren Augen immer noch zu wenig. Und jetzt ist halt Wahlkampf und niemand will zu viel versprechen, niemand will sich zu weit aus dem Fenster lehnen und dann womöglich draufzahlen. Für mich ist diese Regierungskrise auch komplett unverständlich. Wie kann man denn zu so einer Zeit eine Regierung auflösen, nur um politisch ein paar Punkte zu sammeln? Ich glaube, es ist jedem klar, was gerade wirklich geschieht, aber ich finde es trotzdem egoistisch. Es ist schon eine groteske Situation.

Mit welchem Gefühl blicken Sie den Neuwahlen entgegen?

Lazzari: Wir werden abwarten, wie die Wahl ausgeht. Was sein wird, wissen wir erst sicher am Tag nach der Wahl. Bis dahin ist alles reine Spekulation.

Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit der nächsten Regierung vor?

Lazzari: Wir werden auf jeden Fall mit dieser Regierung zusammenarbeiten und mit allen reden, unabhängig von der politischen Farbe.

Was wünschen Sie sich aus Gewerkschaftssicht von der zukünftigen Regierung?

Lazzari: Wir wünschen uns eine größere Einbeziehung der Sozialpartner. Dass wir öfters angehört werden, und zwar von Anfang an, wenn es darum geht etwas für die Familien oder die Arbeitnehmenden zu tun. Idealerweise würden wir uns einen kontinuierlichen Dialog mit der Regierung wünschen. Und ein friedlicheres und problemloses Zusammenleben und Miteinander.