Politik | Bürgerbeteiligung

Direkte Demokratie: Rennen ums Referendum

Alle vereint für das Referendum? Das SVP-Gesetz zur Direkten Demokratie wird nun auch auf Antrag von SVP und Opposition dem Volk zur Abstimmung unterbreitet. Doch statt Harmonie liefert man sich zeitliche Wettrennen und inhaltliche Grabenkämpfe.

Was mehr als 10.000 Südtirolerinnen und Südtiroler mit ihrer Unterschrift eingefordert haben, ist nun im Südtiroler Landtag auch von politischer Seite beantragt: Das im Juni verabschiedete SVP-Gesetz zur Direkten Demokratie soll einem Referendum unterzogen werden. Sowohl Abgeordnete der Südtiroler Volkspartei als auch insgesamt neun Abgeordnete der Opposition haben in den vergangenen beiden Tagen entsprechende Anträge eingereicht. Damit ist gewiss, das in Südtirol zwischen 25. Oktober und 25. Jänner erstmals ein Referendum ohne Quorum abgehalten werden wird. Allerdings keineswegs auf Basis des neuen Gesetzes, das bislang noch nicht in Kraft ist, sondern dank einer mit der letzten Reform mit Art. 47 eingeführten Bestimmung des Autonomiestatutes.

Alles wunderbar also, wenn es einen Konsens darüber gibt, dass das Volk in Sachen Direkte Demokratie mitreden soll? Eher unglaublich, kommentiert Stephan Lausch von der Initiative für mehr Demokratie den Vorstoß der SVP. „Es ist schon seltsam, wenn die Partei ihr Gesetz, das sie so überzeugt verabschiedet hat, nun auch einem Referendum  unterziehen will“, meint er.  Was die Südtiroler Tageszeitung heute  als  „Flucht nach vorne“ übertitelt, sieht Lausch als weitere Bestätigung für den Alleinvertretungsanspruch der Volkspartei: „Sie wollen sich eben alles selber machen und vertragen es nicht, in eine passive Rolle zu kommen“, sagt er.

SVP-Abgeordneter Arnold Schuler sieht das naturgemäß anders. Der Vorwurf, nun in letzter Minute doch noch auf den Zug aufzuspringen, sei komplett unbegründet, meint der „Vater“ des SVP-Gesetzes; das Versprechen, ein Referendum abzuhalten mehrfach belegt. Doch warum soll das Volk tatsächlich noch einmal zum eigenen Gesetz befragt werden? „Immerhin haben wir die Abstimmung damals nur mit den Stimmen der SVP und nicht mit der absoluten Mehrheit durchgebracht“, antwortet Schuler. Deshalb sollen nun die Bürger ihre Meinung äußern – „auch wenn wir wissen, dass das Thema sehr komplex und nicht einfach zu kommunizieren ist“, so der SVP-Landtagsabgeordnete.

Dennoch hofft die Regierungspartei nun, bei den Bürgern das zu schaffen, was ihr im Landtag nicht gelungen ist: Davon zu überzeugen, dass ihr Gesetz zu den europaweit fortschrittlichsten im Bereich der Direkten Demokratie gehört. Als einen der Belege führt Schuler die Möglichkeit der elektronischen Abstimmung an. „Damit wird die viel kritisierte Hürde von 26.000 Unterschriften wesentlich leichter zu nehmen sein als die 13.000, die bislang notwendig waren“, behauptet er.

Laut Eva Klotz, die am Dienstag Vormittag gemeinsam mit Roland Tinkhauser, Pius Leitner, Sigmar Stocker, Thomas Egger, Ulli Mair, Andreas Pöder, Alessandro Urzì und Sven Knoll den Antrag der Opposition eingeleitet hat, könnte die Volkspartei durch ihre Unterstützung des Referendums durchaus Aufwind für solche Argumente bekommen. „Es ist schon zu befürchten, dass sie ganz anders in die Offensive gehen können, wenn sie das Referendum auch selbst unterstützen", meint die Abgeordnete der Südtiroler Freiheit.“ Und noch dazu in Anspruch nehmen können, den Antrag am Montag Nachmittag als erste eingereicht zu haben. „Hier wollte man uns eindeutig zuvorkommen, als klar wurde, dass wir die nötigen sieben Abgeordneten beisammen haben“,  so Klotz. Doch ändert ein solch kindisches Wettrennen tatsächlich etwas an der Ausgangssituation? „Natürlich ist es reine Optik“, sagt Klotz, „doch einen kleinen Vorteil wird es ihnen dennoch verschaffen.“