Politik | Medien für Frieden

BBC-gekrönte Radiostation

Tonino Pasolini trägt nicht nur einen ruhmvollen Namen, sondern erfüllt auch einen rühmenswerten Auftrag: Er leitet Radio Pacis im Norden Ugandas.
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Radio-Chef Pasolini berichtet über die Flüchtlinge in der Siedlung BidiBidi
Foto: Radio Pacis

Wie kommen Sie dazu, einen Radiosender in Uganda zu betreiben?

Tonino Pasolini: Auf unseren Frequenzen strahlen wir nicht Unterhaltung aus, wie es in Italien und in Südtirol die meisten Radiosender tun. Wir informieren die Menschen. Sie haben sich ein mündliches Medium gewünscht. Uns hören auch Leute zu, die sich keine Zeitung leisten können, die nicht lesen können oder keine Zeit dafür haben. Ein kleines Taschenradio aber kann man sich hier leisten. Unsere Zuhörer wollen informiert sein.

Was ist Ihr Zuschnitt, Ihre Blattlinie?

Wir haben hier endlich Frieden, nach einer langen Zeit des Krieges, dem auch noch nicht mehr enden wollende Bürgerkriege gefolgt sind. Wir informieren, um den Frieden zu festigen, um eine Wiedergutmachung zu erreichen. Wir informieren mit Nachrichten, damit sich ein Wandel vollziehen kann. Damit Menschen den Mut dafür finden, dass Entwicklung möglich ist, darüber, wie sich die Gesellschaft weiterentwickeln kann. Über die Rechte, auch der Frauen, über die Chancen einer modernen Landwirtschaft, über neue Ziele nach der schlimmen Zeit.

Wie groß ist das Hörerpublikum von Radio Pacis?

Leider gibt es hier in Uganda keine Umfragen, wie sie bei Ihnen gemacht werden Aber wir tun viel, um weit gehört zu werden. Wir erreichen Nord- und Zentraluganda, aber auch den benachbarten Kongo. Wir haben 100 engagierte Mitarbeiter, davon 65 JournalistInnen, die auf drei Frequenzen Sendungen in sechs Sprachen ausarbeiten. Wir haben mobile Radiostationen, mit denen Teams in die Peripherie fahren, um aktuelle Themen, Fragen und Anhörungssendungen auch dort zu machen, von wo aus man ansonsten nichts erfahren würde. Und die Leute könnten nicht zu uns in die Stadt kommen. Wir wissen, dass wir 100te Kilometer von unserem Sitz in Arua aufmerksam gehört werden. Unsere Programmschienen sind dem Publikum bekannt. Zehn Mio Menschen leben in unserem Sendegebiet.

Was sind die Sprachen von Radio Pacis?

Auf der Frequenz 90.9 fm gibt es Sendungen in Lugbara und Kakwa. Auf 94.5 fm sind die Sendungen in Alur und Madi und auf der Frequenz 101.4 fm wird Gulu und Acholi gesprochen. Außerdem haben wir aktuell auch Programme auf Arabisch, weil wir viele Zuhörer zusätzlich haben: Südsudanesen, die aus dem benachbarten Land zu uns nach Uganda geflüchtet sind. Viele von ihnen sind verzweifelt und können sich über unsere Nachrichten zur Lage in ihrem Land informieren. Im Gebiet um Gulu leben rund 30.000 Südsudanesen. In der Diözese von Arua sind es über eine Million. Auch sie können Radio Pacis empfangen.

100 Mitarbeiter und sieben Sprachen klingt nach großem Programm …

… wir haben auch alle Hände voll zu tun. Denn wir wissen um unsere Verantwortung. Daher sorgen wir dafür, dass unsere Redaktionen gut ausgebildet sind. Neuzugänge erhalten eine Ausbildung, erfahrene JournalistInnen besuchen regelmäßig Fortbildungen, zwei-drei Kurse im Jahr finden statt. Ich möchte nicht unbescheiden klingen, aber wir haben einige Auszeichnungen erhalten, von Unicef, von Eurosolar. Am meisten freut mich der 1. Platz unter den Radiosendern Afrikas, den uns die BBC in Nairobi überreicht hat.

Respekt. Erlauben Sie aber die Frage: Radio Pacis wurde von Missio und der Diözese gegründet. Sind Ihre Nachrichten religiös gefärbt?

Sie müssen mich das fragen. Wir sind nicht Radio Maria. Wir haben religiöse Sendungen. Ja. Wir übertragen am Sonntag auch die Messe. Ja. Wir haben ein pastorales Forum, das läuft gerade, während ich mit Ihnen spreche. Heute antwortet der Bischof den Zuhörern. Dieses pastorale Forum ist vergleichbar mit der Sinode, die im vorigen Jahr in Südtirol abgehalten worden ist: Die Suche nach der zeitgemäßen Kirche. Der allergrößte Teil unsere Sendungen aber ist nicht religiös. Die Themen werden frei und laizistisch bearbeitet. Es geht um Gesundheit, um Kultur, um Nachrichten, um Themen, die die Menschen aktuell betreffen: Wenn das Gehalt in den Familien nicht ausreicht, wenn Kinder nicht zur Schule gehen, wenn es zu Landkonflikten kommt. Wir bringen Ergebnisse von Studien, Interviews mit Experten, Schicksale von Betroffenen.

Wie finanzieren Sie sich?

Wir schaffen es, uns bis zu 70 Prozent selbst zu finanzieren. Den Rest bekommen wir von Spendern, Unterstützern, von Menschen, aber auch von Ländern, wie vom Land Südtirol. Natürlich ist es mein Ziel, auf 100 Prozent Eigenfinanzierung zu kommen, mit Werbung, mit interessanten Projekten. Es gibt uns nun 13 Jahre. Und wir sind stark gewachsen. Daher denke ich schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was sind Ihre Ziele?

Eines ist die finanzielle Seite: Wir planen ein Solarfeld, um uns durch Stromverkauf finanziell vollständig autonom zu machen. Heute decken wir mit Solarstrom unseren Eigenverbrauch an Elektrizität ab, obwohl wir aufgrund unserer modernen Ausrüstung viel Strom brauchen. Und unser mediales Ziel ist eine vierte Frequenz: Wir würden gern in der Hauptstadt Ugandas senden. In Kampala leben viele Nordugander, weil sie dort arbeiten und unter der Woche in Sorge sind, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Aber der Staat will uns diese vierte Frequenz nicht geben. Man sagt, es sei keine Frequenz mehr frei.