Gesellschaft | WiaNui

"Caffè sospeso"

Eine Geste der Menschlichkeit. Nun auch in Brixen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Wianui

In Neapel gab es einst eine wahrlich schöne Gewohnheit: wenn jemand besonders gut aufgelegt war und in einer Bar einen Espresso trank, zahlte er zwei statt einen. Der zweite Espresso war für einen unbestimmten Gast reserviert, der irgendwann die Bar betreten würde. Mit anderen Worten war dieser Kaffee eine Geste der Menschlichkeit. Ab und zu zeigte sich dann jemand in der Tür und erkundigte sich, ob einer spendiert worden sei. Es gab zu jener Zeit eben viele Menschen, die sich den Espresso nicht leisten konnten und so für eine Weile in die Welt des Kaffee-Genusses eintauchen konnten.

Nach den harten und langen Zeiten der Covid19-Pandemie schreit die Gesellschaft förmlich nach Menschlichkeit: dies bewog Doris Raffeiner, die noble und menschliche Geste des Caffè Sospeso aufzugreifen und diesen in der Stadelgasse konkret Leben einzuhauchen. Seit Beginn dieses Monats bildet  die stählerne Hülle einer ausgediehnten Zapfsäule den Rahmen für die Kaffeemaschine und darüber thront eine alte Teekanne, welche das Geld für den eingenommenen wie auch den bereitgestellten „caffè sospeso“ aufnimmt (siehe Bild in der Anlage). Eine Tafel mit Kreidestrichen vermittelt dem Besucher umgehend, ob ein „caffè sospeso“ verfügbar ist, während ein Tischchen samt Stühle zum Verweilen einlädt.

 

Doris Raffeiner hierzu: „Die Idee hat mich nicht mehr losgelassen - sie zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht“. Frau Raffeiner hat die Gesten der Menschlichkeit nicht nur im Blut, sie lebt diese tagtäglich. In der von einer Gruppe motivierter Frauen im Jahre 2016 ins Leben gerufenen Genossenschaft „WiaNui upcycled living“ erhalten neue Bürger*innen nicht nur die Möglichkeit einer Arbeit, sondern erfahren auch die so wichtige Wertschätzung: die in der Werkstatt ausschließlich aus gebrauchten Materialien hergestellten Waren werden im angrenzenden Verkaufsraum unter anderen angeboten und die Mitarbeiter erfahren damit unmittelbar die Wichtigkeit und Akzeptanz ihrer Fähigkeiten.

Der „caffè sospeso“ hat es sogar in die Literatur geschafft: der Italienische Schriftsteller, Luciano de Crescenzo, gibt in seinem Buch „Il caffè sospeso - Espresso mit Herz“ kleine Schlucke napolitanischen Espresso vom besten: wenig köstlich, dabei aber in der Lage, bis in die Gehirnregionen aufzusteigen und dort ein bisschen Ramba-Zamba zu machen.

 

Caffè sospeso

c/o WiaNui

Stadelgasse 7a – Brixen

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gorgias Fr., 03.06.2022 - 11:51

Nein zum "caffe sospeso" in Südtirol. Nein zur Almosenmentalität. Wir brauchen eine würdige Sozialpolitik. Eine Wirtschaftspolitik die nicht nur die Reichen reicher macht, sondern Menschen ein würdiges Einkommen sichert.
Wir brauchen eine Wohnungspolitik, die leistbar ist. Nein zu airbnb und Ferienwohnungen und Immobilienspekulationen mit Wohnungen die jahrelang leer bleiben.

Der "caffe sopseso" ist die Bankrotterklärung des Meridione als Zivilisation. Wo das Gesetz von den Bürgern nicht eingehalten wird, die Sozialsysteme nicht funktionieren, die öffentliche Hand korrupt ist und nicht einmal solche öffentiche Dienste wie die Müllabfuhr garantiert werden.

Sozialpolitik statt Sozialschmalz. Realität statt Sentimentalismen. - Echte Würde ist wenn man sich selbst einen Kaffee leisten kann und nicht dafür vom Wohlwollen anderer abhängig ist.

Fr., 03.06.2022 - 11:51 Permalink