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Eine Halbzeit reicht nicht

Der FC Südtirol verspielt zum Saisonabschluss den so wichtigen 4. Platz. Bisolis Mannschaft war nicht gut vorbereitet und wurde dafür in der 1. Halbzeit gnadenlos bestraft.
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Foto: (c) Ufficio Stampa FCS - FotoSport Bordoni

Der FC Südtirol war nach Modena gereist, um nun endlich diesen 4. Platz zu sichern, der so wichtig war für den Playoff-Start. Er berechtigt die Mannschaft auf diesem Platz nämlich dazu, erst im Halbfinale der Ausscheidungsspiele einzusteigen. Für die Gastgeber ging es rein tabellarisch um nichts mehr, es blieb allerdings eine gute Gelegenheit, sich von den heimischen Fans zu verabschieden.

 

FCS-Trainer BIsoli setzte wieder auf sein gewohntes 4-4-2-System, Carretta begann wieder auf dem rechten Flügel, Casiraghi auf links, zudem musste De Col links hinten verteidigen, Curto dafür auf rechts. Demgegenüber setzten die Gastgeber auf eine 4-3-3/4-3-2-1-Grundformation. Dabei waren die 3 Offensivkräfte, Duca, Bonfanti und Falcinelli, in ihrer Positionierung recht frei und variabel - presste man etwa bereits in der gegnerischen Hälfte, wurden die Südtiroler Innenverteidiger freigelassen und lediglich von einem Stürmer in die ein oder andere Richtung gelenkt, die zwei Restlichen der 3 kümmerten sich dann mannorientiert um die zentralen Mittelfeldspieler Südtirols, Tait und Belardinelli.

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 Modena (gelbe Trikots) im höheren Mittelfeldpressing. Ein Stürmer lenkt das Südtiroler Spiel nach außen, dahinter decken 2 Spieler der Offensivreihe das FCS-Mittelfeld mannorientiert.

Konnte sich der FCS aus diesem höheren Mittelfeldpressing befreien (oder Modena ließ sich zeitweise etwas zurückfallen), verteidigten die vordersten Drei Modenas auf einer Line, so entstand defensiv eine 4-3-3-Ordnung. Das war aber nicht oft der Fall, weil Südtirol wieder weitestgehend auf den Ball verzichtete. Das ist in erster Linie eine strategische Entscheidung von Trainer Bisoli und ist auf dieser Ebene auch durchaus nachvollziehbar. Zumal man sich auf defensive Abläufe und Anpassungen im Pressing konzentrieren kann - und jeder weiß: gute Defensive ist einfacher einzustudieren, als gute Offensive. Allerdings schlägt gute Offensive meistens auch gute Defensive. Das wurde für Südtirol in Modena zum Problem.

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Modena kann sich abermals spielerisch leicht aus dem Pressing des FCS befreien, in der Folge ist der Zwischenlinienraum offen und von zwei Modena-Spielern besetzt (rot hervorgehoben), Südtirol wackelt

Bisolis Team war wieder sehr unzureichend auf den Gegner eingestellt. Das passive und tiefe Mittelfeldpressing verpuffte in der 1. Halbzeit völlig, Modena konnte sich immer wieder spielerisch daraus lösen und Flachpässe in den Zwischenlinienrau spielen. Dort waren dann meistens Duca und Falcinelli - oft aber auch Bonfanti - anspielbar, konnten sich mit Blick zum Südtiroler Tor drehen, abklatschen lassen oder oft auch einfach durchlassen (wie beim 1:0) - in der Defensive Südtirols brannte es die ersten 23 Minuten lichterloh.

 

Umstellung nach dem 2:0

 

Immerhin: Nach dem 2:0 (23. Minute) stellte Bisoli dieses Mal noch vor dem Pausenpfiff um. Das war gewiss nicht als Alternativplan vorgesehen (Masiello musste 20 Minuten lang als linker Außenverteidiger spielen), BIsoli erkannte aber offenbar, in welch kritischem Zustand sich seine Mannschaft befand - hätte er weiter an dieser Grundordnung und -systematik festgehalten, Modena hätte schon in der 1. Halbzeit jegliche Träume des FCS auf Platz 4 brutal beendet. Aber...die Umstellung brachte einen Effekt: Südtirol spielte von nun an in einem 4-4-2-Raute-System, wobei sch De Col grundsätzlich viel höher positionierte - wenn in Ballbestz, umso mehr.  Modena zog sich angesichts der 2:0-Führung etwas zurück, Südtirol trug seinen Teil dazu aber auch bei, indem nun einerseits höher gepresst wurde, man sich andererseits aber auch mehr Ballbesitz erkämpfen konnte.

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Durch die Umstellung Südtirols auf ein 4-Raute-2-System wurden klarer Mannorientierungen (rot hervorgehoben) hergestellt, das half den Spielern im Pressing enorm.

Südtirol kam in der Folge zu einigen Abschlüssen, Modena blieb aber weiterhin (nun vor allem über Konter) die gefährlichere Mannschaft. Zur Pause wechselte Bisoli dann dreifach (Lunetta, Larrivey und Rover für Casiraghi, Carretta und Mazzocchi) und brachte wieder etwas Ordnung in die neue Grundformation. Über weite Strecken der zweiten Halbzeit wurde nämlich in einer 3er-Abwehrreihe das Spiel aufgebaut, De Col auf rechts und Lunetta über links schoben sehr weit hoch, Rover gab den Zehner hinter den Stürmern Odogwu und Larrivey.

 

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Weitere Anpassung zur 2. Halbzeit: 3er-Aufbaureihe, höhere Außen - 3-5-2.

Diese Anpassung war zwar nur sehr klein, hatte aber einen großen Effekt. Auch, weil Modena nun sichtlich die Kräfte schwindeten, kam Südtirol zu immer mehr Präsenz im gegnerischen Drittel, phasenweise konnten sich die Gastgeber nicht mehr aus der eigenen Hälfte befreien, die logische Konsequenz war der Anschlusstreffer durch Tait in der 54. Minute. Südtirol war nun am Drücker, zuerst Lunetta, danach Odogwu, vergaben aber Großchancen zum Ausgleich - und mit dem Doppelwechsel auf Seiten der Gastgeber in der 58. Minute (Diaw für Bonfanti Silvestri für Pergreffi) war die Drangphase des FCS dann auch wieder vorbei. Modena vertedigte von da an im 5-3-2/5-4-1 und konnte so den Flankenfokus im Spiel von Südtirol besser verteidigen.

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Modena verteidigte ab Minute 58 mit einer 5er-Kette in der Abwehr.

Das Spiel beruhigte sich in der Folge wieder, Modena hatte jetzt genügend Abwehrspieler im und um den Strafraum, zudem konnten die frischen Einwechselspieler in der gegnerischen Hälfte für Entlastung sorgen. Südtirol riskierte viel, kam aber nicht mehr zu den Chancen, das es zu Beginn der 2. Halbzeit hatte. Ohnehin hatten die Gäste ein großes Zeitproblem an diesem Abend. Dadurch, dass man die erste Halbzeit aufgrund mangelnder Gegnervorbereitung seitens des Trainerteams völlig verschlafen bzw. hergeschenkt hatte, blieben nur noch 45 Minuten, um das Geschehene wieder rückgängig zu machen. Da aber auch Modenas Trainer, Attilio Tesser, auf die sich veränderten Gegebenheiten zu reagieren vermochte, blieb das große Comeback aus. Südtirol muss so bereits im Viertelfinale der Playoffs ran, dann hoffentlich besser ein- und aufgestellt.