Wirtschaft | Sparkasse

Meraner (H)Ausverkauf

Die Sparkasse verkauft in Meran ihren historischen Sitz an zwei private Unternehmer. Die Hintergründe eines besonderen Deals, bei dem die Stiftung den Kürzeren zieht.
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Foto: Google Street View
Es war ein besonderer Tag.
Am vergangenen Freitagvormittag pilgerten der Präsident der Sparkasse, Gerhard Brandstätter, sein Stellvertreter Carlo Costa, Sparkassen-Generaldirektor Nicola Calabró und der Direktor der Sparim, Ferruccio Ravelli, in den Sitz der Stiftung Sparkasse.
Dass das Verhältnis zwischen Stiftung und Bankenführung nicht das harmonischste ist, kam bereits beim Beschluss zur Haftungsklage vor knapp einem Jahr und noch deutlicher in der Rede von Stiftungspräsident Konrad Bergmeister auf der letzten Gesellschafterversammlung zum Vorschein. Jetzt hat diese Missstimmung aber ihren Höhepunkt erreicht.
Die Führung der Sparkasse brachte zur Aussprache am Freitag zwei Rechtsanwälte mit. „Allein das sagt doch schon alles“, beschreibt ein Stiftungsrat die Stimmung.
Dabei hat die Tatsache, dass Brandstätter & Co zwei externe, hochkarätige Anwälte beigezogen haben, einen einfachen Grund.
Die Spitze der Sparkasse musste dem Hauptaktionär und Besitzer der Bank an diesem Vormittag erklären, warum die Stiftung beim Verkauf einer Immobilie durch die Finger schauen wird. Obwohl sie ein Angebot gestellt hat, das höher ist als der Ausschreibungspreis.
Vor allem aber versuchte die Führung, einen Millionendeal zu rechtfertigen, der für Normalsterbliche kaum nachvollziehbar ist.
 

Der Verkauf

 
Seit Jahren mahnt die Banca d´Italia alle italienischen Banken, Immobilien, die nicht dem Bankengeschäft dienen, zu veräußern. Diese Empfehlung der Bankenaufsicht findet sich auch in mehreren Inspektionsberichten über die Sparkasse.
Im Südtiroler Bankenhaus treffen sich hier die Vorgaben der Banca d´Italia mit der Geschäftsstrategie der neuen Sparkassenführung. Um den Verlust der Sparkassengruppe in Grenzen und die Bilanz halbwegs im Lot zu halten, veräußert man wichtige und prestigeträchtige Gebäude.
So verkaufte die Sparkasse im Dezember 2015 das Sparkassengebäude am Waltherplatz an die Stiftung. Der Kaufpreis von knapp 40 Millionen Euro hatte unter anderem zur Folge, dass die Gruppenbilanz der Sparkasse etwas aufgehübscht wurde.
Seit längerem plant man einen ähnlichen Deal in Meran. Dort hat die Sparkasse in der gleichnamigen Straße am Eingang zur Altstadt in einem mehrstöckigen Gebäude ihren traditionellen Sitz. Das Haus, in dem sich im Parterre die Sparkassenfiliale befindet und dessen obere Stockwerke vermietet sind, soll verkauft werden.
Und es gibt seit längerem einen Interessenten. Der Eppaner Obstunternehmer Norbert Gasser und der Naturnser Geschäftsausstatter Bernhard Schweitzer hinterlegten ein gemeinsames Angebot. Das Unternehmerduo wird dabei vom Bozner Wirtschaftsberaterstudio „Schweitzer, Prast, Crazzolara“ betreut, dessen Partner seit langem mit dem Rechtsanwaltstudio von Gerhard Brandstätter zusammenarbeiten. Sparkassenpräsident Gerhard Brandstätter ist zudem seit Jahren Aufsichtsratpräsident der "Schweitzer Project AG", dem Unternehmen von Bernhard Schweitzer.
Die beiden Unternehmer sollen nach Informationen von salto.bz bereits Interesse am Kauf des Sparkassen-Hauses am Bozner Waltherplatz manifestiert haben. Für das Sparkassenhaus in Meran bieten sie jetzt 18 Millionen Euro. Die Sparim hat die Immobilie von einen unabhängigen Gutachter schätzen lassen. Der angebotene Preis liegt im Rahmen dieser Schätzung.
 

Die Vorgeschichte

 
Die Sparim AG - jene Sparkassentochter, der die Immobilien der Sparkasse gehören - könnte eigentlich per Verwaltungsratsbeschluss die Immobilie an die beiden Unternehmer veräußern. Doch das tut man nicht. Die Sparkasse beschließt, eine Ausschreibung zu machen.
Dass die Spitze der Sparkasse besonders vorsichtig ist, liegt an einer Meraner Vorgeschichte.
Die heutige Südtiroler Sparkasse ist ein Zusammenschluss aus insgesamt sieben einstmals selbstständigen Sparkassen. Eine dieser Sparkassen, jene von Meran, wird 1870 in einem herrschaftlichen Palast an der Laubengasse/Sparkassenstraße gegründet. Wenig später kauft die Bank das Gebäude an. Der Palast, in dem sich heute auch das Kunsthaus Meran befindet, grenzt gleich an jene Immobilie an, die jetzt verkauft werden soll.
 
Auch dieses Haus befindet sich nicht mehr im Besitz der Sparim. Denn am 14. Oktober 2008 beschließt der damalige Verwaltungsrat der Sparim den Verkauf der Meraner Immobilie. Am 5. November 2008 legt das Unternehmen Amadeus KG des Irsara Peter & Co ein bindendes Kaufangebot vor. Die Gesellschaft betreibt im Haus ein Geschäft und ist Mieterin von zwei Geschäftslokalen. Die Amadeus KG bietet 13,1 Millionen Euro für das Haus. Das Unternehmen leistet eine Anzahlung von 200.000 Euro. Am 31. Dezember 2008 wird vor einer Meraner Notarin dann der Kaufvertrag unterzeichnet.
Dieser Verkauf läuft äußerst diskret ab. Es gibt weder eine öffentliche Ausschreibung, noch eine Bekanntmachung. Als der Verkauf in Meran schließlich bekannt wird, brandet Empörung auf. Das Getuschle über diesen Deal hält bis heute in der Passerstadt und darüberhinaus an.
Es dürfte der Grund sein, warum die aktuelle Sparkassen-Führung jetzt beim Direktverkauf des zweiten Meraner Sparkassenhauses kalte Füße bekommen hat.
 

Unorthodoxe Ausschreibung

 
Am 5. Mai 2017 wird in zwei lokalen und zwei nationalen Zeitungen eine Annonce der Sparim AG veröffentlicht. Die Sparkassen-Tochter gibt den geplanten Verkauf der Meraner Immobilie bekannt. Bis zum 12. Juni 18 Uhr können Interessenten ein Kaufangebot hinterlegen.
Doch es ist alles andere als eine handelsübliche Ausschreibung. Um in den sogenannten „Dataroom“ zu kommen, das heißt die Unterlagen zur Immobilie einzusehen, müssen die Interessierten beim Bozner Notar Walter Crepaz eine Bankgarantie von 180.000 Euro hinterlegen. Begründet wird diese hohe finanzielle Einstiegshürde mit der Vertraulichkeit der Unterlagen.
Wer diese Hürde nimmt, dem offenbart sich die Anatomie einer ganz besonderen Ausschreibung. Denn in den Unterlagen liegt ein Vorvertrag des Unternehmerduos Gasser/Schweitzer. Vor allem aber ist dieser Vorvertrag an ein Vorkaufsrecht gekoppelt. Die beiden Unternehmer haben ein Vorrecht, die Immobilie auf jeden Fall zum selben Preis des Höchstbietenden zu erwerben.
Gleichzeitig ist aus den vertraulichen Unterlagen auch ersichtlich, dass der Käufer und zukünftige Besitzer die Mieten im Gebäude anheben wird. Das führt für die Sparim bzw. die Sparkasse zu deutlich höheren Kosten. Begründet wird diese angekündigte Mietanhebung mit einem Projekt zur Aufwertung der Immobilie, die angeblich besonders der Bankfiliale zugute kommen soll.
Schaut man sich den Vorvertrag und die Ausschreibung genauer an, so findet man darin aber eine Klausel, die man als unorthodox bezeichnen kann.
 
Als eine Art Prämie für die Verpflichtung, das Haus um mindestens 18 Millionen Euro zu kaufen, wird dem Unternehmerduo Gasser/Schweitzer eine Art Weihnachtsgeschenk zugestanden. Wird ihr Angebot überboten und üben sie ihr Vorkaufsrecht nicht aus, so verdienen sie am Mehrwert mit. Konkret: Kauft ein Dritter das Haus um 20 Millionen Euro, wird der Zugewinn über 18 Millionen zwischen dem Verkäufer Sparim und den beiden privaten Unternehmern geteilt. Eine Million für die Sparkasse und eine Million für das Duo Gasser/Schweitzer.
Die Höchstgrenze dieser Regelung liegt - laut Vertrag - bei einer Million.
 

Unerwartetes Angebot

 
Unter diesen Vorzeichen ist das eine Alibiausschreibung“, sagt einer, der an der Immobilie ernsthaft interessiert war. Sicher ist: Diese Regelung ist auf jeden Fall ein mehr als konfortabler Ausgangspunkt für Norbert Gasser und Bernhard Schweitzer.
Dann aber passiert etwas, mit dem man in der Sparkasse nicht gerechnet hat. Die Stiftung Sparkasse beschließt auf einer außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrates, ein Angebot zu stellen. Kurz vor Ausschreibungsende gibt man das Angebot ab. Das Gebot: 18,3 Millionen Euro.
Dieses Angebot ist dann auch der Grund des hochkarätigen Treffens am vergangenen Freitag. Gerhard Brandstätter & Co mussten Konrad Bergmeister erklären, warum sie die Meraner Immobilie zu diesem Preis nicht an ihren Hauptaktionär verkaufen, sondern an die beiden Privatunternehmer.
Noch innerhalb Juni soll der Verkauf vor dem Notar besiegelt werden. Was bleibt, ist auf jeden Fall ein schaler Nachgeschmack. Nicht nur bei der Stiftung.
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Profil für Benutzer Bernhard Oberrauch
Bernhard Oberrauch Di., 20.06.2017 - 06:55

Sehr geehrter Herr Franceschini, warum wird das Haus nicht an den Gewinner der Ausschreibung verkauft? Die Stiftung Sparkasse hat doch ein höheres Angebot hinterlegt. Hat der Gewinner der Ausschreibung nicht auch das Recht, die Immobilie zu erhalten?

Di., 20.06.2017 - 06:55 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Di., 20.06.2017 - 12:34

"Die Sparkassen-Tochter gibt den geplanten Kauf der Meraner Immobilie bekannt."
da war der geplante VERkauf gemeint, oder hab ich da was falsch verstanden. Zwischen Bank, Stiftung und Tochtergeselleschaft, verliert man schnell den Überblick.

Di., 20.06.2017 - 12:34 Permalink