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Durch Konsum Gutes tun

Das Berliner Unternehmen share hat sozial und ökologisch nachhaltigen Verbrauch zu seinem Geschäftsmodell gemacht.
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Foto: Share
Weniger ist mehr. So zumindest lautet in Krisenzeiten oft die Devise. Für nicht wenige sind durch die Decke gehende Preise relevant. Laut einer Studie des Fiskalrats können 35% der Haushalte in Österreich durchschnittliche Konsumausgaben nicht mehr decken. Für andere wiederum stellen sich ethisch-moralische Fragen, wenn es darum geht, sein Konsumverhalten zurückzuschrauben. Etwa in Bezug auf den Kampf gegen den Klimawandel, der laut einer Studie aus Deutschland (Stand November 2021) bei Jugendlichen die größten Sorgenfalten verursacht.
Doch in der Verzichtbereitschaft als probates Mittel, um drastischen klimatisch bedingten ökologischen und sozialen Folgen Einhalt zu gebieten, findet sich auch die jüngere Generation nicht ausreichend wieder. Vielmehr sieht sie, durchaus berechtigterweise, hauptsächlich die Politik in der Verantwortung. 
 

Veränderung durch Konsum

 

Wenn nun aber sogar die jüngsten Mitglieder westlicher Konsumgesellschaften zu wenig Anzeichen zeigen, den Weg des Verzichts einzuschlagen, wie kann dann zumindest der Konsum selbst nachhaltiger gestaltet werden? Auf diese Frage versucht share eine Antwort zu finden. Das 2017 in Berlin gegründete start-up bezeichnet sich selbst als social-impact-Company, also als Unternehmen mit gesellschaftlicher Tragweite.
 
Das Prinzip von share scheint recht simpel: durch einen Einkauf ohne Mehraufwand Gutes tun. Anstelle von Verzicht – so das Versprechen – sollen durch bewussten Konsum andernorts positive Veränderungen finanziert werden. Erreicht werden soll das durch ein mittlerweile auf 120 Produkte angewachsenes Sortiment: egal ob Nahrung, Hygieneartikel oder Schreibwaren.
 
 
Wer bei Handelspartnern des Unternehmens Waren von share erwirbt, spendet gleichzeitig eine entsprechende Hilfsleistung an eines von zahlreichen Projekten. Dafür kooperiert man unter anderem mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, der Welthungerhilfe oder der Caritas.  Ein Schokoriegel wird andernorts zu einer Mahlzeit, etwa in Form von Lebensmittelpaketen, eine Flasche Mineralwasser spendet einen Tag lang sauberes Wasser in der Elfenbeinküste und mit Schreibwaren unterstützt der Kunde Bildungsprojekte in Uganda oder Malawi. Wo und wie genau der Kauf eines Artikels konkret hilft, kann mittels eines QR-Codes auf der Verpackung herausgefunden werden.

 

Soziale Alternative

 

Laut Iris Braun, Co-Gründerin von share, konnten so bereits 26 Millionen Mahlzeiten, 15 Millionen Hygieneprodukte, 45 Millionen Tage Zugang zu sauberem Trinkwasser und 10 Millionen Tage zu Sanitäranlagen sowie fast 3 Millionen Unterrichtsstunden finanziert werden. Möglich ist dies vor allem auch, da share seit seinem Bestehen einen beachtlichen Stock an Vertriebspartnern gewinnen konnte. Dazu zählen neben der Drogeriemarktkette dm auch Handelsriesen wie REWE, Aldi oder IKEA
 
Dass besonders jetzt viele Menschen jeden Cent zweimal umdrehen müssen, ihren Konsum reduzieren oder in erster Linie auf günstige Preise achten, ist den Machern von share bewusst, man wisse um die angespannte Marktlage, wie Braun erklärt. So sei zum Beispiel in bestimmten Produktsparten durchaus ein verringertes Interesse zu vernehmen.
 
 
Bei Gütern des täglichen Bedarfs hingegen wachse man weiterhin stark. „Unser Vorteil ist, dass wir Produkte anbieten, die eine soziale Alternative zu alltäglichen Produkten darstellen, da sie nicht mehr kosten als herkömmliche Produkte und gleichzeitig zum Teil den täglichen Bedarf abdecken“, meint die Mitbegründerin hierzu. Außerdem wachse das Bewusstsein der Konsumenten für nachhaltigen und sozialen Konsum, nicht zuletzt auch befeuert durch rezente Krisen, wie die Kriege, Dürren und Hungerskrisen dieses Jahres.

 

„Konsum sozial veredeln“

 

Sich selbst als soziale Konsummarke zu bezeichnen ist das eine. Sicherzustellen, dass jegliches Produkt im Sortiment der vom Anbau, über die Produktion bis zur Lieferung, schlussendlich auch wirklich Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit erfüllt, ist jedoch ein anderes Thema. Um dies in der Lieferkette der eigenen Produkte sicherzustellen, gibt es bei share einen Verhaltenskodex, dessen Einhaltung gemeinsam mit der Cloud-Plattform sustainabill kontrolliert wird.
 
„Unser Anspruch ist es, nicht nur den direkten Lieferanten zu überprüfen, sondern die gesamte Lieferkette unserer Produkte zu verifizieren. Wir überprüfen zusätzlich Zutaten und Anbau-/Herstellungsregionen, die ein erhöhtes Risiko haben, besonders und unterziehen sie einem erweiterten Risikocheck,“ erklärt Iris Braun. Von einem grundsätzlichen Ausschluss bestimmter Regionen hält man bei share allerdings nicht viel. Vielmehr wolle man „die Option der gemeinsamen Verbesserung anbieten.“ 
Soziale und ökologische Nachhaltigkeit gehen für uns Hand in Hand.
Dies gilt auch bei Kooperationspartnern, wie Fluggesellschaften oder Mineralölkonzernen. In Zeiten des Greenwashing und erhöhter Sensibilität der Kundschaft, birgt das möglicherweise Konfliktpotenzial. Wie Braun jedoch betont, gehe ein Großteil der Bevölkerung tanken und share-Partner Shell und OMV gehörten nun mal zu den größten Anbietern. „Unsere Strategie ist es, dort zu sein, wo Konsum täglich stattfindet, und diesen sozial zu veredeln“, betont die Mitgründerin.

 

Ehrgeizige Ziele

 

Produkte von share sind weitestgehend Bio-zertifiziert, vegan und bis Ende des Jahres sollen Pflegeprodukte klimaneutral werden. In Zukunft will das Unternehmen auch im Dienstleistungssektor aktiv werden. Bis 2025 sollen jedenfalls die Marke von einer Milliarde Hilfsleistungen erreicht werden. Das Ziel ist zudem, Nachahmer zu finden, wie Iris Braun gesteht: „Wir möchten nochmal mehr ein Vorbild für andere Unternehmen sein und sie inspirieren, das Gleiche zu tun wie wir. Stellen Sie sich vor, wie groß die Kraft des sozialen Konsums sein könnte, wenn wir uns alle zusammentun?“