Kultur | Salto Afternoon

Offenheit und Lust

Linda Wolfsgruber ist Künstlerin und Buchillustratorin. Am 25. Jänner wird sie für ihr Schaffenswerk mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet.
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Foto: Privat

Salto.bz. Frau Wolfsgruber, Sie werden mit dem Österreichischen Kunstpreis ausgezeichnet. Welchen Stellenwert hat für Sie diese Würdigung?
Linda Wolfsgruber: Einen sehr hohen, es ist eine großartige Auszeichnung für mein Werk. Ich freue mich sehr darüber, es kam auch sehr überraschend. Ich wusste von diesem Preis nichts.

Sie illustrieren Bücher, machen Kunst. Andere Künstler zählen Arbeiten von Illustratoren und Illustratorinnen selten zur Kunst. Warum ist das so?
Ich denke, die Illustration wurde für sehr lange Zeit als eine dienende und unterstützende Funktion zur Darstellung eines Textes gesehen, aber das Bild hat sich geändert, jetzt gibt es immer mehr Künstler, die ihre eigene Sprache gefunden haben. 

Was ist der Unterschied zwischen freien „Illustrationen“ und „Kunstarbeiten“?
Illustration oder narrative Bilder erzählen eine Geschichte oder eine Handlung, eine Kunstarbeit muss das nicht.


Wie arbeiten, zeichnen Sie gegen Vorurteile in der Kunstbranche?
Für mich persönlich waren Künstler wie Kubin, Chagall, Picasso und viele andere, die sich literarischer Vorlagen bedient hatten, auch großartige Illustratoren. Aber da wird viel eher von künstlerischer Interpretation gesprochen als von Illustrationen zum Text. Meine Abschlussarbeit auf der Scuola del Libro in Kunstgeschichte waren die Höhlenmalereien. Damals war mir schon klar, dass das die erste Form von erzählerischer Darstellung war, und das hat mich sicher auch beeinflusst. 

Wo haben Sie eigentlich studiert?
An der Kunstschule in St. Ulrich in Gröden, dann habe ich die Scuola del Libro in Urbino besucht. Dazu habe ich in München eine Fotosatzausbildung absolviert.

Obwohl Sie heute in Wien leben, Italien hat sie nicht losgelassen. Sie sind beruflich immer wieder in Italien unterwegs…
Ja, das bin ich, in Südtirol zeichne und male ich gemeinsam mit Kindern aus den deutschsprachigen Kindergärten seit mindestens 11 Jahren und in Sarmede auf der Scuola internazionale di Illustrazione unterrichte ich seit mehr als 20 Jahren.

Sie leben in Wien, am Yppenplatz. Beeinflusst der Ort, wo Sie wohnen, auch Ihre Arbeit?
Jeder Ort, an dem man lebt, beeinflusst. So war es auch bei mir, als ich vor 16 Jahren auf den Yppenplatz zog, um dort zu wohnen. Der Yppenplatz ist ein Ort, wo viele Menschen aus verschiedenen Kulturen leben, und wo das Leben sich in den warmen Tagen am Platz abspielt. Ich habe den Blick aus dem Fenster, das tägliche Leben, den Raum, das Lärmen, spielende Kinder künstlerisch umgesetzt. So entstanden im Laufe von rund sieben Jahren Ölbilder und Radierungen. Für das Buch Yppenplatz 4356 m2 haben Bodo Hell und Gertrude Henzl jeweils einen Text zum Yppenplatz und zu meiner Arbeit verfasst. 

Sie arbeiten gern und oft mit Literatur und Autoren, ich denke nicht nur an Bodo Hell, sondern auch an die frühen Illustrationen zu N.C. Kaser oder zu einem aktuellen Buch von Anna Rottensteiner. Sind schöne Sätze der Treibstoff für ihr Schaffen?
Literatur und Musik wirken für mich inspirierend und sie sind ein Begleiter in allen Fasen meines Lebens. Von Musik verstehe ich zu wenig, aber Literatur ist wirklich Treibstoff für mein Schaffen. Ganz im Besonderen mag ich poetische Texte und natürlich Gedichte.  

Wie erinnern Sie sich an das erste von Ihnen gestaltete Buch. Was war das für eine Erfahrung?
Das erste Bilderbuch Simon und die Tiere hatte ich gemeinsam mit Gino Alberti geschrieben und bebildert. Damals ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen, nach Urbino war das für mich ein Wunsch, Bilderbücher zu gestalten.

Mit welchem Buch gelang Ihnen der Durchbruch?
Das kann ich so nicht sagen, ich denke, mein stetiges Schaffen hat dazu geführt, dass ich immer mehr bekannter wurde. 

Sie sind die Haus- und Hofillustratorin des Mandelbaum-Verlages. Wie kam es dazu?
Der Begriff „Haus - und Hofillustratorin“ gefällt mir sehr! Auch hier war der Anfang eben so, dass ich ein Cover für ein Kochbuch machen konnte und dann wurden es immer mehr, und wenn eine neue Serie von Büchern geboren wurde, bin ich oft zum Mitdenken und Mitgestalten von Anfang an eingebunden worden. Ich denke, die Offenheit und die Lust auf was Neues und Schönes teile ich gleichermaßen mit Michael Baiculescu, dem Verleger von Mandelbaum. Ganz besonders mag ich „Mandelbaums Klangbücher“, herausgegeben von Peter Rosmanith.

Worauf achten Sie besonders, wenn sie ein Buch in den Händen halten?
Abgesehen vom Inhalt und der Gestaltung, auf das Papier und auf den Geruch. Bücher riechen nach neu, gut, manchmal auch weniger gut und alte Bücher tragen den Geruch der Erinnerung.