Gesellschaft | Zeit für Reform

Die Leiden des jungen Wohnen

Damit sie bei der Wohnbaureform auch zum Zug kommen, fordert der Südtiroler Jugendring “leistbares Wohnen für junge Menschen”: “Hoffentlich werden sie nicht vergessen.”
Junges Wohnen
Foto: SJR

Zahlreiche junge Menschen, die mit dem Gedanken spielen, eine Wohnung zu kaufen, zu bauen, zu sanieren oder auch nur zu mieten, finden sich oft vor verschlossenen Türen wieder. “Für viele ist es schwierig, eine Wohnung zu einem gerechten und leistbaren Preis zu bekommen”, weiß man auch beim Südtiroler Jugendring (SJR). Dort sind genügend Fälle bekannt, die zeigen, wie dringend leistbares Wohnen für junge Menschen angegangen gehört. “Das Thema brennt unter den Nägeln”, sagt die SJR-Vorsitzende Martina De Zordo, “und die angekündigte Reform der Wohnbauförderung ist eine große Chance, Verbesserungen für junge Menschen herbeizuführen”, meint sie hoffnungsvoll. Auf einer Pressekonferenz hat der Jugendring am Montag Vormittag seine Anliegen und Forderungen an die Politik präsentiert – anhand einiger konkreter Beispiele aus der Realität.

Da ist zum Beispiel ein junges Paar: Er, 27 Jahre alt, hat 120.000 Euro gespart. Sie, 30, ist Friseurin. Er hat die Möglichkeit, bei gefördertem Bauland in seiner Heimatgemeinde in der Nähe von Bozen mitzumachen. Seit 2017 wird auch im geförderten Wohnbau die Einheitliche Einkommens- und Vermögenserklärung EEVE angewandt. “Laut Berechnungen hat das zur Folge, dass mindestens die Hälfte der jungen Singles keine Wohnbauförderung mehr erhalten wird”, warnt der Jugendring. Doch auch im konkreten Fall schaut das Paar durch die Finger. Für den Neubau auf gefördertem Bauland sind mindestens 23 Punkte erforderlich, auf die der 27-Jährige nicht kommt. Sie hat ihren Wohnsitz in Bozen und darf deshalb nur dort beim geförderten Bauland mitmachen. Weil sie in die 1. Einkommensstufe fällt, darf sie aber nur ein Hypothekdarlehen von 30.000 Euro auf über 25 Jahre aufnehmen. Die Folge: Das Paar hat keine Chance auf gefördertes Bauland.

“Bisher galt, dass man als ‘junges Ehepaar’ gemeinsam Eigentümer werden konnte. Dann hätte das Paar in diesem Fall einen Beitrag von 42.650 Euro zum Erwerb des geförderten Baulandes erhalten”, erklärt man beim Jugendring. “Laut der derzeitigen Regelung würden sie gemeinsam nur auf 20 Punkte kommen.” Die Forderungen des SJR daher: Bei der Wohnbauförderung soll das Eigenkapital weniger stark ins Gewicht fallen, die erforderliche Mindestpunktzahl nach unten korrigiert werden und die Sonderbestimmung für “junge Ehepaare” bestehen bleiben. Kurzum: “Die Berechnung der EEVE für den Bereich der Wohnbauförderung muss jungen Menschen mehr entgegenkommen.”

Doch es gibt noch weitere Fälle, die zu weiteren Forderungen des SJR geführt haben. So schlägt man unter anderem vor, dass der Beitrag für die Miete und Wohnungsnebenkosten jungen Menschen von Beginn an und zur Gänze ausbezahlt wird – und nicht erst nach einem Jahr. Auch solle es bei der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung, die dem Ansuchen um Wohnbauförderung beigelegt werden muss, Vereinfachungen geben. Neue Wohnbaumodelle wie Jugendhäuser, Co-Housing und Mehrgenerationenhäuser stehen ebenso auf der Liste des Jugendrings wie eine Erhebung des effektiven Bedarfs an Miet- und Eigentumswohnungen – und eine Rangliste für Jugendliche bei Sozialwohnungen des WOBI. Diese Forderung hatte jüngst auch die Jugendorganisation der SVP in den Raum gestellt. “Eine Jugendquote bei der Vergabe von WOBI-Wohnungen wäre auch ein Instrument, um junge Menschen bei der Verwirklichung ihrer Lebensentwürfe zu unterstützen”, ist man in der JG überzeugt.

Der Südtiroler Jugendring wird nun seinerseits seinen Anliegenkatalog den Landtagsabgeordneten zukommen lassen, “damit leistbares Wohnen für junge Menschen bei der Wohnbaureform nicht vergessen wird”, sagt Martina De Zordo. Wie JG-Vorsitzender Stefan Premstaller ist auch sie der Auffassung: “Initiativen, die jungen Menschen leistbares Wohnen ermöglichen, sind große Chancen, um sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu unterstützen.” Und diese Chance soll nicht verpasst werden.

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Sepp.Bacher Mo., 20.02.2017 - 19:06

Es ist verständlich, dass der JugendRing die Interessen der jungen Menschen vertritt. Ich bin aber der Meinung, dass Privilegien für junge Menschen generell - unabhängig von Herkunft und Einkünften - keine Lösung ist. Familien und Pensionisten/Rentner leiden genauso unter den Wohnungsmangel und den überhöhten Preisen. Diesbezüglich hat letzthin bei der Diskussion am Runden Tisch auf Rai Südtirol Markus Gufler etwas Wichtiges gesagt: man kann nicht durch immer mehr höhere KlimaHaus Anforderungen die Wohnungen ständig verteuern. ME müsste das Land konsequent sein und die daraus entstehenden Mehrkosten durch mehr Förderungen beim Wohnbau und bei den Mieten für alle gleich ausgleichen. Dann profitieren auch die Jungen!

Mo., 20.02.2017 - 19:06 Permalink