Kultur | Salto Afternoon

sum ergo sum - new feminism

Der "Neue Feminismus" fordert: der Mensch zählt, nicht das Geschlecht. Beim Projekt "Wege zum Museum" in Bruneck geht es genau darum. Und um Kunst.
sumergosum.jpg
Foto: Salto.bz

Seit dem Feminismus in den 70er Jahren hat sich inzwischen in Hinblick auf die Gleichstellung der Frau Einiges verändert. Und doch stellen Gewalt, sexuelle Belästigung, die ungleiche Behandlung, das Thema Kindererziehung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor ein aktuelles Thema dar. Opfer dieser Unterwerfungen sind nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Die Opfer sind Menschen. Der Feminismus von heute ist keine Bewegung mehr gegen die Männer, sondern eine Bewegung, die sich für die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen, unabhängig von seinem Geschlecht, einsetzt. Im Neuen Feminismus geht es um die Macht über sich selbst. Jeder Mensch hat die Freiheit, sich unabhängig vom Geschlecht, selbst Eigenschaften zuzuschreiben und muss keinem Prinzip entsprechen.

Solange ich von Karriere rede und Du Familienmanagement meinst, bin ich Feministin.

Die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler bespielen die Ausstellungsräume des Stadtmuseums Bruneck, sowie die alten Werkstatträume der ehemaligen Simma-Garage. An der Fassade des Museums wird der Besucher vom imposanten Kunstprojekt Solange-The Project von Katharina Cibulka begrüßt. Die Innsbrucker Künstlerin befestigt an Baustellen Staubschutzplanen mit aufgestickten Botschaften feministischer Forderungen.
Greta Kofler und Marie Kallage bringen ihre künstlerischen Überlegungen auch durch das traditionelle Stickmuster zum Ausdruck. Sie hinterfragen mit ihrer Installation das von religiösen Deutungsmustern geprägte noch immer vorherrschende Menschenbild bzw. Rollenbild in der Gesellschaft.
Ein weiterer Beitrag stammt von der aus Istanbul stammenden Künstlerin Nilbar Güres. In ihren Collagen setzt sie sich auf teils witzig herausfordernde, erotische und rätselhafte Weise mit Klischees gesellschaftlicher Sichtbarkeit von Frauen in unterschiedlichen kulturellen Feldern auseinander.

 

Die Malereien mit dem Titel Zugvögel von Barbara Tavella verweisen auf die Suche nach dem Frausein bzw. nach dem eigenen Sein.
Von Andreas Zingerle sind drei großformatige Porträts ausgestellt, welche verschwommene, beinahe verschwindende Gesichter von brutal ermordeten Journalistinnen zeigen.
Nora Pider macht mit ihrer Arbeit free bleeding auf das Tabuthema der Menstruation aufmerksam. Obwohl in letzter Zeit häufig darüber gesprochen wird und dies auch im politischen Kontext wiederzufinden ist, wird es in vielen Teilen der Welt zum Großteil noch immer tabuisiert.
Von Bianca Tschaikner ist die Bildergruppe Gaia ausgestellt, die aus verschiedenen Zeichnungen und Drucken besteht. Tschaikner lebte einen Monat lang bei dem Stamm der Khasi in Nordindien und hat beeindruckende und spannende Geschichten über diese Gesellschaft gesammelt.
AliPaloma lässt von der Decke in der Simma-Garage ihre Skulptur Hidden Female Pleasure herabhängen. Die Skulptur stellt eine Anlehnung an die wissenschaftliche anatomisch korrekte Darstellung des weiblichen Lustorgans, der Klitoris, dar. AliPaloma setzt mit ihrer Arbeit ein wichtiges Statement in der seit der Antike hauptsächlich Phallus-orientierten Kunstwelt.

 

Karin Ferrari hat sich von verschiedenen Dokumentarfilmen und Verschwörungstheorien auf YouTube inspirieren lassen, und zielt in ihrer Videoarbeit auf die verschiedenen Machtverhältnisse von Mann und Frau ab.
Die ausgestellten Fotografien von Werner Gasser stellen eine Hommage an die Brustwarzen, welche sowohl an weiblichen als auch männlichen Körpern zu finden sind, dar. Die Brustwarze ist das „letzte“ Weibliche am Mann.
Auch der junge ambitionierte Designer für Naturmode, Michael Klammsteiner, hat sich mit dem Ausstellungsthema auseinandergesetzt und inszeniert die ewige Verbundenheit zwischen Mensch und Natur und die damit einhergehende Freiheit.
Wil-ma Kammerer zeigt zwei identisch gleiche, fleischfarbene konvexe Arbeiten, um auf die Gleichwertigkeit der Geschlechter hinzuweisen.


Die Ausstellung wurde mit der Performance Kleine unvollständige Geschichte weiblicher Rollenbilder vom Vokalensemble 2000 – unter der Leitung von Maria Craffonara und Kostümausstattung von Pamela Agostini – und einer Wortperformance von Eeva Aichner eröffnet.

Mit dieser Ausstellung macht das Stadtmuseum Bruneck auf ein aktuelles und wichtiges Thema aufmerksam und die Künstler laden mit ihren vielschichtigen Arbeiten Jeden zum Nachdenken und Überdenken ein. Die Ausstellung ist bis 8. März geöffnet und wird mit einer gemeinsamen Veranstaltung mit den alljährlich stattfindenden Frauen. Gesprächen sowie einer Wiederholung der Eröffnungs-Performance abgeschlossen.