Politik | Senat

Vorsprache im Palazzo

Am Donnerstag wird die Südtiroler Opposition im Verfassungsausschuss des Senats angehört. Man will verhindern, dass die SVP mit dem Ladiner-Gesetz das Wahlgesetz ändert.
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Foto: senato.it
Paul Köllensperger, Alessandro Urzí und Riccardo Dello Sbarba werden am kommenden Donnerstag kurz nach 14 Uhr einen Auftritt in ungewöhnlichem Ambiente absolvieren. Die drei Südtiroler Landtagsabgeordneten werden im Palazzo Madama in Rom vom Verfassungsausschuss des Senats angehört.
Die parteiübergreifende Delegation wird dabei im Namen der gesamten Landtagsopposition sprechen können. Denn alle 16 Oppositionellen im Landtag haben am 15. März 2017 in einem Brief an den Ausschussvorsitzenden diese Anhörung gefordert. „Wir sind alle positiv überrascht, dass es so schnell zu dieser Anhörung gekommen ist“, sagt Paul Köllensperger offen.
Sicher ist: Die Anhörung vor dem 30köpfigen Ausschuss, in dem mit Francesco Palermo auch ein Südtiroler sitzt, könnte einen zumindest diskutablen Plan der SVP im allerletzten Moment ein jähes Ende bereiten.
 

Die Mogelpackung

 
In der Aussprache wird es um einen im Senat zur Behandlung aufliegende Verfassungsgesetzentwurf gehen: Das sogenannte Ladiner-Gesetz. Es handelt sich um die Änderung des Autonomiestatutes. Offiziell geht es in dem von der SVP eingebrachten Gesetz um die Aufhebung bestehender Diskriminierungen für die ladinische Sprachgruppe. Etwa beim Zugang zu institutionellen Ämtern.
Zu diesem Gesetz herrscht eigentlich über die Parteigrenzen hinweg Einigkeit. Deshalb haben sowohl der Regionalrat wie auch der Landtag im Herbst 2016 ein positives Gutachten zum ursprünglichen Vorschlag erteilt.
 
Dann aber änderten sich die Vorzeichen. Der Grund: Als am 9. Jänner 2017 der Gesetzestext in erster Lesung in der Kammer zur Genehmigung ansteht, legt der ladinische SVP-Kammerabgeordnete Daniel Alfreider im allerletzten Moment einen Abänderungsantrag vor, der mit dem Gesetz von der Kammer genehmigt wird und der jetzt die Gemüter erhitzt.
Es ist ein eindeutiger Missbrauch des Minderheitenschutzes“, sagt Paul Köllensperger. Der grün-linke Kammerabgeordnete Florian Kronbichler spricht ebenfalls von einem „Ladinermissbrauch“ und von einem „blinden Passagier im letzten Wagon“, den Karl Zeller erfunden und Daniel Alfreider eingebracht habe.
 

Die Wahlrechts-Änderung

 
Im Autonomiestatut ist festgeschrieben, dass in Südtirol das reine Verhältniswahlrecht angewandt werden muss. Mit Alfreiders-Abänderungsantrag soll diese Passage aber jetzt in “auf proportionaler Grundlage” (“su base proporzionale”) abgeändert werden.
Was auf den ersten Moment völlig unproblematisch aussieht, hat einen Pferdefuss. Wie man gesamtstaatlich bereits vorgemacht hat, kann man diese Grundlage durch verschiedene Korrektursysteme, wie etwa einem Mehrheitsbonus oder Zugangshürden, zu einem Mehrheitswahlsystem verändern.
 
 
Die Opposition unterstellt der SVP genau diese Absicht. “Damit hätte die SVP freie Hand, sich in Zeiten der Krise die Mehrheit zu sichern”, argumentiert Alessandro Urzi. Auch er ist überzeugt, dass es nur formell um die Ladiner geht. In Wirklichkeit aber darum auch in Südtirol Mehrheitswahlsystem mit Mehrheitsbonus einzuführen.
Es ist die Absicht der SVP, das so genannte Ladiner-Gesetz als Hintertürl zu einem neuen Wahlrecht in Südtirol zu missbrauchen“, ist auch Florian Kronbichler sicher.

 

Die Anhörung

 
Die Ausgangslage für die Opposition ist eindeutig. Mit der Änderung hat man die Tragweite des Gesetzes völlig verändert. Deshalb muss das Gesetz nochmals in den Landtag und den Regionalrat zur Begutachtung zurück. Dafür haben sich in Rom in den vergangenen Wochen vor allem Florian Kronbichler und die 5-Sterne-Parlamentarier eingesetzt. Aber vergeblich.
Deshalb hat man zur letzten Waffe gegriffen. Die gesamte Landtagsopposition forderte eine dringliche Anhörung vor den Senatsausschuss. Das Schreiben ging am vergangenen Mittwoch nach Rom. Die Antwort kam umgehend: Ursprünglich für morgen Dienstag angesagt, wird die Südtiroler Opposition am Donnerstagnachmittag vom Verfassungsausschuss angehört werden.
Spätesten dann wird man in Rom eine andere Glocke läuten hören, als jene mit dem Edelweiß verzierte.
 
 
 

Der Gegenwind

Dass die SVP die Aktion der Opposition nicht goutiert, ergibt sich aus der Tatsache. dass die Regierungsmehrheit selbst am Donnerstag bei der Aussprache in Rom anwesend sein wird. Der ladinische Landesrat Florian Mussner, der SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger und Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Tommasini werden gleichzeitig vom Verfassungsausschuss des Senats angehört. "Es wird doch normal sein, dass man wenn schon alle anhört", rechtfertigt Dieter Steger diesen Auftritt. Nach seiner Version sei die Einladung von Rom ausgegangen.
Ein Schelm wer denkt, da hätte jemand in Bozen nachgeholfen und sich selbst eingeladen.